Pomarius, Samuel: Christliches Sterben und Christliches Leben. Oels, 1659.Christliche Leichpredigt. Brüderlein und Schwesterlein/ die es heben/ küssen/hertzen/ tragen/ wiegen und tröstlich anlachen. Nicht anders gehet es zu mit der Außerwehlten Seelen. Auff dieser Welt ligt jhr himmlisch Leben und See- ligkeit (wie S. Paulus redet) im Wort verborgen/ sintemal Gottes Wort ist jhr Uterus, jhr mütterli- cher Leib und Geistliche Behausung. Darzu ist sie auch mit dem Alten Adam und sterblichem Leibe als mit einer alten Haut umbgeben/ daß sie die Himmli- sche Seeligkeit nicht sehen kan/ sondern wandelt gar im Glauben/ und nicht im schauen: So bald sie a- ber jhren Leichnam durch den zeitlichen Todt als eine Hütte abgeleget hat/ da ist sie auß dem Reich desGlau- bens/ in das Reich des schauens/ und siehet augen- scheinlich die Herrligkeit Gottes/ helt gespräch mit den heiligen Engeln/ hat die himmlische Freude für jhren Augen gegenwertig/ und kan sich deren nicht gnugsam verwundern. Ja es ist das ewige Leben eines Gottseeligen Christen (so bald er in dem HEr- ren einschläfft) recht wie eine eröfnung der Augen/ und auffschliessung der Ohren/ daß die Seele sihet/ als were sie bißher blind gewest/ und höret/ als were sie bißher taub gewest. Denn gleich als wenn die helle klare Sonne irgend einen tauben und blinden Men- schen umbfienge/ deßgleichen wenn allerley Seiten- spiel/ C[verlorenes Material - 1 Zeichen fehlt]mbeln/ Harffen/ Orgel und dergleichen/ mit voller macht für seinen Ohren klingeten/ solches al- les konte der arme Mensch/ wegen seiner Blindheit und Taubheit/ weder sehen noch hören/ und doch gleichwol so lebte er mitten in dem klaren Sonnen- s[ch]ein/ und mitten unter den lieblichen Spielleuten: Wenn
Chriſtliche Leichpredigt. Bruͤderlein und Schweſterlein/ die es heben/ kuͤſſen/hertzen/ tragen/ wiegen und troͤſtlich anlachen. Nicht anders gehet es zu mit der Außerwehlten Seelen. Auff dieſer Welt ligt jhr himmliſch Leben und See- ligkeit (wie S. Paulus redet) im Wort verborgen/ ſintemal Gottes Wort iſt jhr Uterus, jhr muͤtterli- cher Leib und Geiſtliche Behauſung. Darzu iſt ſie auch mit dem Alten Adam und ſterblichem Leibe als mit einer alten Haut umbgeben/ daß ſie die Himmli- ſche Seeligkeit nicht ſehen kan/ ſondern wandelt gar im Glauben/ und nicht im ſchauen: So bald ſie a- ber jhren Leichnam durch den zeitlichen Todt als eine Huͤtte abgeleget hat/ da iſt ſie auß dem Reich desGlau- bens/ in das Reich des ſchauens/ und ſiehet augen- ſcheinlich die Herrligkeit Gottes/ helt geſpraͤch mit den heiligen Engeln/ hat die himmliſche Freude fuͤr jhren Augen gegenwertig/ und kan ſich deren nicht gnugſam verwundern. Ja es iſt das ewige Leben eines Gottſeeligen Chriſten (ſo bald er in dem HEr- ren einſchlaͤfft) recht wie eine eroͤfnung der Augen/ und auffſchlieſſung der Ohren/ daß die Seele ſihet/ als were ſie bißher blind geweſt/ und hoͤret/ als were ſie bißher taub geweſt. Denn gleich als wenn die helle klare Sonne irgend einen tauben und blinden Men- ſchen umbfienge/ deßgleichen wenn allerley Seiten- ſpiel/ C[verlorenes Material – 1 Zeichen fehlt]mbeln/ Harffen/ Orgel und dergleichen/ mit voller macht fuͤr ſeinen Ohren klingeten/ ſolches al- les konte der arme Menſch/ wegen ſeiner Blindheit und Taubheit/ weder ſehen noch hoͤren/ und doch gleichwol ſo lebte er mitten in dem klaren Sonnen- ſ[ch]ein/ und mitten unter den lieblichen Spielleuten: Wenn
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Chriſtliche Leichpredigt.
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hertzen/ tragen/ wiegen und troͤſtlich anlachen. Nicht
anders gehet es zu mit der Außerwehlten Seelen.
Auff dieſer Welt ligt jhr himmliſch Leben und See-
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ſintemal Gottes Wort iſt jhr Uterus, jhr muͤtterli-
cher Leib und Geiſtliche Behauſung. Darzu iſt ſie
auch mit dem Alten Adam und ſterblichem Leibe als
mit einer alten Haut umbgeben/ daß ſie die Himmli-
ſche Seeligkeit nicht ſehen kan/ ſondern wandelt gar
im Glauben/ und nicht im ſchauen: So bald ſie a-
ber jhren Leichnam durch den zeitlichen Todt als eine
Huͤtte abgeleget hat/ da iſt ſie auß dem Reich desGlau-
bens/ in das Reich des ſchauens/ und ſiehet augen-
ſcheinlich die Herrligkeit Gottes/ helt geſpraͤch mit
den heiligen Engeln/ hat die himmliſche Freude fuͤr
jhren Augen gegenwertig/ und kan ſich deren nicht
gnugſam verwundern. Ja es iſt das ewige Leben
eines Gottſeeligen Chriſten (ſo bald er in dem HEr-
ren einſchlaͤfft) recht wie eine eroͤfnung der Augen/
und auffſchlieſſung der Ohren/ daß die Seele ſihet/
als were ſie bißher blind geweſt/ und hoͤret/ als were
ſie bißher taub geweſt. Denn gleich als wenn die helle
klare Sonne irgend einen tauben und blinden Men-
ſchen umbfienge/ deßgleichen wenn allerley Seiten-
ſpiel/ C_mbeln/ Harffen/ Orgel und dergleichen/ mit
voller macht fuͤr ſeinen Ohren klingeten/ ſolches al-
les konte der arme Menſch/ wegen ſeiner Blindheit
und Taubheit/ weder ſehen noch hoͤren/ und doch
gleichwol ſo lebte er mitten in dem klaren Sonnen-
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