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Strobach, Johann Georg: Des grossen Abrahams Gesegnetes Gedächtniß zu Hebron. Pirna, 1713.

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gesegnetes Gedächtniß zu Hebron.

(b) Er war Lebens satt. Nicht verdrüßlich auff das Leben/
wie mehrmahls geschiehet von den Alten/ die in die Länge dem Le-
ben gehäßig werden/ wenn sie sich nicht mehr können also behelf-
fen/ wie in den vorigen Jahren/ wenn die Augen dunckel werden/
die Ohren schwerlich hören/ Hände und Füsse anfangen zu zittern
und zu beben/ zu der Zeit wünschen sie aus dem Leben/ verwün-
schen wohl gar das Leben/ und wissens GOtt wenig Danck/ daß
Er sie lässet so lange leben/ sonderlich wenn sich allerhand kränck-
liche und sonst verdrüßliche Zufälle ereignen/ da heist es mehrmahl
aus Ungedult: Wie hab ichs denn um GOTT so verschuldet?
Was hat Er vor ein Gefallen daran/ daß Er mich so lange im Le-
ben auffhält? Ja mancher macht sich selber/ aus Verzweiffelung/
das Ende seines Lebens. Abraham war Lebens satt/ wie etwan
ein natürlich hungeriger Mensch der Speise satt wird/ wenn er
genug gegessen hat/ daß er ein nichts mehrers verlangt/ als daß er
möchte zur Ruhe kommen/ und ausschlaffen. So hatte auch A-
braham gnug gelebet/ gantzer hundert Jahr/ als ein Frembdlinger
in Canaan/ daß er des Lebens satt wurde/ und nach der Ruhe
wünschte/ oder vielmehr nach dem andern Leben/ welches nach
diesem das rechte wahre Leben ist. Abraham starb sanfft

(g) In einem geruhigen Alter. Es haben nicht alle Alten
das Glücke/ daß sie ein geruhiges Alter besitzen/ und in geruhigen
Alter sterben. Das liebe Alter hat viel Ungemach. Cicero,
der beredte Bürgemeister zu Rom/ mag es in seinem Buch de Se-
nectute
loben/ so lang/ und so hoch/ als er immer will. Bey vie-
len Alten findet sich das bittere Armuth/ das macht das Alter so
beschwerlich/ daß auch Diogenes, da er gefragt ward: Was in
diesem Leben das Elendeste zu nennen?
nicht uneben geant-
wortet: Senex Egenus, ein armer alter Mann/ der auf sei-
ne alte Tage nichts zu verzehren hat.
Jn Wahrheit/ die lie-
ben Alten müssen fast alle durchgehends grosse Verachtung und
Spott von der bösen Jugend ertragen/ denn diese ist um des wil-

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C 2
geſegnetes Gedaͤchtniß zu Hebron.

(β) Er war Lebens ſatt. Nicht verdruͤßlich auff das Leben/
wie mehrmahls geſchiehet von den Alten/ die in die Laͤnge dem Le-
ben gehaͤßig werden/ wenn ſie ſich nicht mehr koͤnnen alſo behelf-
fen/ wie in den vorigen Jahren/ wenn die Augen dunckel werden/
die Ohren ſchwerlich hoͤren/ Haͤnde und Fuͤſſe anfangen zu zittern
und zu beben/ zu der Zeit wuͤnſchen ſie aus dem Leben/ verwuͤn-
ſchen wohl gar das Leben/ und wiſſens GOtt wenig Danck/ daß
Er ſie laͤſſet ſo lange leben/ ſonderlich wenn ſich allerhand kraͤnck-
liche und ſonſt verdruͤßliche Zufaͤlle ereignen/ da heiſt es mehrmahl
aus Ungedult: Wie hab ichs denn um GOTT ſo verſchuldet?
Was hat Er vor ein Gefallen daran/ daß Er mich ſo lange im Le-
ben auffhaͤlt? Ja mancher macht ſich ſelber/ aus Verzweiffelung/
das Ende ſeines Lebens. Abraham war Lebens ſatt/ wie etwan
ein natuͤrlich hungeriger Menſch der Speiſe ſatt wird/ wenn er
genug gegeſſen hat/ daß er ein nichts mehrers verlangt/ als daß er
moͤchte zur Ruhe kommen/ und ausſchlaffen. So hatte auch A-
braham gnug gelebet/ gantzer hundert Jahr/ als ein Frembdlinger
in Canaan/ daß er des Lebens ſatt wurde/ und nach der Ruhe
wuͤnſchte/ oder vielmehr nach dem andern Leben/ welches nach
dieſem das rechte wahre Leben iſt. Abraham ſtarb ſanfft

(γ) In einem geruhigen Alter. Es haben nicht alle Alten
das Gluͤcke/ daß ſie ein geruhiges Alter beſitzen/ und in geruhigen
Alter ſterben. Das liebe Alter hat viel Ungemach. Cicero,
der beredte Buͤrgemeiſter zu Rom/ mag es in ſeinem Buch de Se-
nectute
loben/ ſo lang/ und ſo hoch/ als er immer will. Bey vie-
len Alten findet ſich das bittere Armuth/ das macht das Alter ſo
beſchwerlich/ daß auch Diogenes, da er gefragt ward: Was in
dieſem Leben das Elendeſte zu nennen?
nicht uneben geant-
wortet: Senex Egenus, ein armer alter Mann/ der auf ſei-
ne alte Tage nichts zu verzehren hat.
Jn Wahrheit/ die lie-
ben Alten muͤſſen faſt alle durchgehends groſſe Verachtung und
Spott von der boͤſen Jugend ertragen/ denn dieſe iſt um des wil-

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[19/0019] geſegnetes Gedaͤchtniß zu Hebron. (β) Er war Lebens ſatt. Nicht verdruͤßlich auff das Leben/ wie mehrmahls geſchiehet von den Alten/ die in die Laͤnge dem Le- ben gehaͤßig werden/ wenn ſie ſich nicht mehr koͤnnen alſo behelf- fen/ wie in den vorigen Jahren/ wenn die Augen dunckel werden/ die Ohren ſchwerlich hoͤren/ Haͤnde und Fuͤſſe anfangen zu zittern und zu beben/ zu der Zeit wuͤnſchen ſie aus dem Leben/ verwuͤn- ſchen wohl gar das Leben/ und wiſſens GOtt wenig Danck/ daß Er ſie laͤſſet ſo lange leben/ ſonderlich wenn ſich allerhand kraͤnck- liche und ſonſt verdruͤßliche Zufaͤlle ereignen/ da heiſt es mehrmahl aus Ungedult: Wie hab ichs denn um GOTT ſo verſchuldet? Was hat Er vor ein Gefallen daran/ daß Er mich ſo lange im Le- ben auffhaͤlt? Ja mancher macht ſich ſelber/ aus Verzweiffelung/ das Ende ſeines Lebens. Abraham war Lebens ſatt/ wie etwan ein natuͤrlich hungeriger Menſch der Speiſe ſatt wird/ wenn er genug gegeſſen hat/ daß er ein nichts mehrers verlangt/ als daß er moͤchte zur Ruhe kommen/ und ausſchlaffen. So hatte auch A- braham gnug gelebet/ gantzer hundert Jahr/ als ein Frembdlinger in Canaan/ daß er des Lebens ſatt wurde/ und nach der Ruhe wuͤnſchte/ oder vielmehr nach dem andern Leben/ welches nach dieſem das rechte wahre Leben iſt. Abraham ſtarb ſanfft (γ) In einem geruhigen Alter. Es haben nicht alle Alten das Gluͤcke/ daß ſie ein geruhiges Alter beſitzen/ und in geruhigen Alter ſterben. Das liebe Alter hat viel Ungemach. Cicero, der beredte Buͤrgemeiſter zu Rom/ mag es in ſeinem Buch de Se- nectute loben/ ſo lang/ und ſo hoch/ als er immer will. Bey vie- len Alten findet ſich das bittere Armuth/ das macht das Alter ſo beſchwerlich/ daß auch Diogenes, da er gefragt ward: Was in dieſem Leben das Elendeſte zu nennen? nicht uneben geant- wortet: Senex Egenus, ein armer alter Mann/ der auf ſei- ne alte Tage nichts zu verzehren hat. Jn Wahrheit/ die lie- ben Alten muͤſſen faſt alle durchgehends groſſe Verachtung und Spott von der boͤſen Jugend ertragen/ denn dieſe iſt um des wil- len C 2

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Zitationshilfe: Strobach, Johann Georg: Des grossen Abrahams Gesegnetes Gedächtniß zu Hebron. Pirna, 1713, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/392437/19>, abgerufen am 09.11.2024.