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Mahler, Georg Ernst: Entwurff oder Merckbild Eines Gottergebenen Christen-Menschen. Freyberg, 1675.

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Abdanckungs-Rede.
ckung die Wurtzeln in einander schlingen/ so lange wachsen sie wohl
und grünen lieblich: Wird aber der eine abgehauen/ so sagt man/
daß der andere nach und nach abnehme/ biß er endlich verdorre.

Wie ist auch durch diesen Todes-Fall geschehen der hochbetrüb-
ten Frau Tochter/ Frau Schwester/ ja der gantzen Vornehmen fami-
lie?
Wie ist dieser Wohllöbl. Stadt und Gemeinde? Wie der
gantzen Waldheimischen Inspection geschehen?

Und wie ist denn auch sonderlich uns/ seinen verlassenen Ampts-
Söhnen/ meine Großgünstige Herren Confratres, hierdurch gesche-
hen? Ruffet nicht ein ieder unter uns unserm sel. alten hoch meritir-
ten Herrn Inspectori nach? Mein Vater/ mein Vater/ Wagen J-
srael und seine Reuter!

Allein/ getrost! Lasset eure sehnliche Augen wiederumb hernie-
der. Jst gleich Elias von uns weg und gen Himmel gefahren; Siehe/
so haben wir doch noch an seiner Stelle bey uns den mit zwiefachen Geiste
außgerüsteten Elisaeum, das ist/ der Wohl-Ehrwürdige/ Groß-Achtbare
und Wohlgelahrte Herr M. CHRISTIANUS Hilscher/ der heil. Schrifft
Baccalaureus, wie auch der hiesigen Kirchen hochverordneter Pastor, und
derselben und gantzen Waldheimischen Dioeces Inspector Substitutus und
Successor, unser hochgeehrter Grosser Patron, dessen bißher gnugsam
bekandte hohe Gaben und recht Theologisches Gemüth allen erlit-
tenen Mangel/ so wohl bey uns als dieser Kirchen und gantzen Inspe-
ction
mit GOtt/ der seinen Segen hierzu reichlich geben wolle! ge-
wiß und völlig ersetzen wird.

Ubrigens trage ich bedencken/ allerseits respective Hoch- und Viel-
geehrte Anwesende/ sie/ bey numehr einbrechenden Abend über die Ge-
bühr auffzuhalten. Jch muß nun auch meine Lob- und Klage-Rede
in einen Abdanckungs-Sermon verwandeln. Bitte aber umb der Lie-
be willen/ die sie zu dem sel. Herrn Inspectori tragen/ mir zu vergön-
nen/ daß ichs umb so viel kürtzer machen möge/ ie länger ich mercke/ sich
meine Trauer-Klage verweilet habe. Die hochbetrübte Frau Wit-
tib
/ wie auch Frau Tochter/ Frau Schwester/ und gantze Ansehnliche

Geric-

Abdanckungs-Rede.
ckung die Wurtzeln in einander ſchlingen/ ſo lange wachſen ſie wohl
und gruͤnen lieblich: Wird aber der eine abgehauen/ ſo ſagt man/
daß der andere nach und nach abnehme/ biß er endlich verdorre.

Wie iſt auch durch dieſen Todes-Fall geſchehen der hochbetrüb-
ten Frau Tochter/ Frau Schweſter/ ja der gantzen Vornehmen fami-
lie?
Wie iſt dieſer Wohlloͤbl. Stadt und Gemeinde? Wie der
gantzen Waldheimiſchen Inſpection geſchehen?

Und wie iſt denn auch ſonderlich uns/ ſeinen verlaſſenen Ampts-
Soͤhnen/ meine Großguͤnſtige Herren Confratres, hierdurch geſche-
hen? Ruffet nicht ein ieder unter uns unſerm ſel. alten hoch meritir-
ten Herrn Inſpectori nach? Mein Vater/ mein Vater/ Wagen J-
ſrael und ſeine Reuter!

Allein/ getroſt! Laſſet eure ſehnliche Augen wiederumb hernie-
der. Jſt gleich Elias von uns weg und gen Him̃el gefahren; Siehe/
ſo haben wir doch noch an ſeiner Stelle bey uns den mit zwiefachen Geiſte
außgeruͤſteten Eliſæum, das iſt/ der Wohl-Ehrwuͤrdige/ Groß-Achtbare
uñ Wohlgelahrte Herr M. CHRISTIANUS Hilſcher/ der heil. Schrifft
Baccalaureus, wie auch der hieſigen Kirchen hochverordneter Paſtor, und
derſelben uñ gantzen Waldheimiſchen Diœces Inſpector Subſtitutus und
Succeſſor, unſer hochgeehrter Groſſer Patron, deſſen bißher gnugſam
bekandte hohe Gaben und recht Theologiſches Gemuͤth allen erlit-
tenen Mangel/ ſo wohl bey uns als dieſer Kirchen und gantzen Inſpe-
ction
mit GOtt/ der ſeinen Segen hierzu reichlich geben wolle! ge-
wiß und voͤllig erſetzen wird.

Ubrigens trage ich bedencken/ allerſeits reſpective Hoch- und Viel-
geehrte Anweſende/ ſie/ bey numehr einbrechenden Abend über die Ge-
buͤhr auffzuhalten. Jch muß nun auch meine Lob- und Klage-Rede
in einen Abdanckungs-Sermon verwandeln. Bitte aber umb der Lie-
be willen/ die ſie zu dem ſel. Herrn Inſpectori tragen/ mir zu vergoͤn-
nen/ daß ichs umb ſo viel kürtzer machen moͤge/ ie laͤnger ich mercke/ ſich
meine Trauer-Klage verweilet habe. Die hochbetrübte Frau Wit-
tib
/ wie auch Frau Tochter/ Frau Schweſter/ und gantze Anſehnliche

Geric-
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Zitationshilfe: Mahler, Georg Ernst: Entwurff oder Merckbild Eines Gottergebenen Christen-Menschen. Freyberg, 1675, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508321/46>, abgerufen am 21.11.2024.