Silber, Wolfgang: Exequiae Rothianae. Leipzig, 1619.Christliche Leichpredigt. Er nennet erstlich das liebe Alter in genere: Tem-Loquitur n- Darumb saget der Text auch/ daß zu solcher zeit Sonn D ij
Chriſtliche Leichpredigt. Er nennet erſtlich das liebe Alter in genere: Tem-Loquitur n- Darumb ſaget der Text auch/ daß zu ſolcher zeit Sonn D ij
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0027" n="[27]"/> <fw type="header" place="top"> <hi rendition="#b">Chriſtliche Leichpredigt.</hi> </fw><lb/> <p>Er nennet erſtlich das liebe Alter <hi rendition="#aq">in genere: Tem-</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">Loquitur n-<lb/> de ienectute.</hi></note><lb/><hi rendition="#aq">pus afflictationis,</hi> <hi rendition="#fr">eine muͤheſelige Zeit/</hi> oder <hi rendition="#aq">tem-</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">I.<lb/> in genere.</hi></note><lb/><hi rendition="#aq">pora periculoſa;</hi> <hi rendition="#fr">Boͤſe Tage/ vnd ſolche Jahr/<lb/> da du wirſt ſagen/ ſie gefallen mir nicht.</hi> <hi rendition="#aq">Quia</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">Ter. in phorm.</hi></note><lb/><hi rendition="#aq">ſenectus per ſe morbus, & nunquam venit ſola.</hi> Denn<lb/> das liebe Alter iſt an jhm ſelbſt eine Schwachheit/ vnd<lb/> bringet zugleich viel andere beſchwerungen mit ſich: da<note place="right"><hi rendition="#aq">Multa ienem<lb/> circumven<supplied>t</supplied>unt<lb/> incommoda.<lb/> Horat. de art.<lb/> poet.</hi></note><lb/> einem die zeit viel anders fuͤrkoͤmmet/ als in der Jugend:<lb/> denn auffs Alter kriegt der Menſch gar ander gedantken:<lb/> da er zuvor luſtig vnd guter dinge geweſen/ da entfellet<lb/> jhm auffs Alter aller Muth. Da er zuvor ein groß Vn-<lb/> gluͤck fuͤr nichts geachtet/ da leget jhn jetzo gar ein klei-<lb/> nes Windlein darnieder/ vnd iſt nichts als Sorge/ vnd<lb/> lauter Schwermuth bey jhm. Was jhn zuvor guͤlden<lb/> gedaucht/ das iſt jetzo kaum ſtroͤhern/ vnd hat nimmers<lb/> keinen recht froͤlichen Tag/ noch Stunde. Je laͤnger<lb/> es wehret/ je beſchwerter es jhme von Tage zu Tage fuͤr-<lb/> koͤmbt. Er hat vnd findet alle Tage was newes/ daß er<note place="right"><hi rendition="#aq">Stat dubiu<supplied>s</supplied>,<lb/> tremulusq; Se-<lb/> nex ſemperq;<lb/> malorum <gap reason="lost" unit="chars" quantity="1"/> Cre-<lb/> dulus, &c. Cor-<lb/> nel Gallus.</hi></note><lb/> zuvor nicht an ſich gewonet/ noch an ſich befunden/ vnd<lb/> leſſet ſich offt verlauten: Mein Zuſtand gefellet mir gar<lb/> nichts/ ich habe ſorge/ es wird mit mir ſchwerlich beſſer<lb/> werden/ biß in die Gruben.</p><lb/> <p>Darumb ſaget der Text auch/ daß zu ſolcher zeit<lb/><hi rendition="#fr">die Sonne vnd Sternen finſter werden/ vnnd</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">v.</hi> 2.</note><lb/><hi rendition="#fr">Wolcken kommen wieder nach dem Regen.</hi> Das<lb/> iſt: Es iſt jmmer truͤb vnd finſter bey alten Leuten/ wenn<lb/> gleich die liebe Sonne noch ſo hell ſcheinet/ ſo koͤnnen<lb/> ſie dennoch kaum den Weg erkieſen/ vnd ſtolpern offt<lb/> vber jhre eigene Fuͤſſe. So haben ſie auch keinen Stern<lb/> mehr bey der Welt/ Jederman wer jhrer gerne loß/<lb/> <fw type="sig" place="bottom">D ij</fw><fw type="catch" place="bottom">Sonn</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[27]/0027]
Chriſtliche Leichpredigt.
Er nennet erſtlich das liebe Alter in genere: Tem-
pus afflictationis, eine muͤheſelige Zeit/ oder tem-
pora periculoſa; Boͤſe Tage/ vnd ſolche Jahr/
da du wirſt ſagen/ ſie gefallen mir nicht. Quia
ſenectus per ſe morbus, & nunquam venit ſola. Denn
das liebe Alter iſt an jhm ſelbſt eine Schwachheit/ vnd
bringet zugleich viel andere beſchwerungen mit ſich: da
einem die zeit viel anders fuͤrkoͤmmet/ als in der Jugend:
denn auffs Alter kriegt der Menſch gar ander gedantken:
da er zuvor luſtig vnd guter dinge geweſen/ da entfellet
jhm auffs Alter aller Muth. Da er zuvor ein groß Vn-
gluͤck fuͤr nichts geachtet/ da leget jhn jetzo gar ein klei-
nes Windlein darnieder/ vnd iſt nichts als Sorge/ vnd
lauter Schwermuth bey jhm. Was jhn zuvor guͤlden
gedaucht/ das iſt jetzo kaum ſtroͤhern/ vnd hat nimmers
keinen recht froͤlichen Tag/ noch Stunde. Je laͤnger
es wehret/ je beſchwerter es jhme von Tage zu Tage fuͤr-
koͤmbt. Er hat vnd findet alle Tage was newes/ daß er
zuvor nicht an ſich gewonet/ noch an ſich befunden/ vnd
leſſet ſich offt verlauten: Mein Zuſtand gefellet mir gar
nichts/ ich habe ſorge/ es wird mit mir ſchwerlich beſſer
werden/ biß in die Gruben.
Loquitur n-
de ienectute.
I.
in genere.
Ter. in phorm.
Multa ienem
circumventunt
incommoda.
Horat. de art.
poet.
Stat dubius,
tremulusq; Se-
nex ſemperq;
malorum _ Cre-
dulus, &c. Cor-
nel Gallus.
Darumb ſaget der Text auch/ daß zu ſolcher zeit
die Sonne vnd Sternen finſter werden/ vnnd
Wolcken kommen wieder nach dem Regen. Das
iſt: Es iſt jmmer truͤb vnd finſter bey alten Leuten/ wenn
gleich die liebe Sonne noch ſo hell ſcheinet/ ſo koͤnnen
ſie dennoch kaum den Weg erkieſen/ vnd ſtolpern offt
vber jhre eigene Fuͤſſe. So haben ſie auch keinen Stern
mehr bey der Welt/ Jederman wer jhrer gerne loß/
Sonn
v. 2.
D ij
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |