Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740.Die Feder sinkt, die Hand erstarrt. Wir gehn nunmehr mit bauger Seele Von Deiner düstren Leichenhöle, Worein man Dich so früh verscharrt. Schlaf wohl! Schlaf nach so manchem Jammer, Und feyre Dein Geburtstags-Fest Bey dem, der Dich aus Deiner Kammer Dereinst mit Freuden ruffen läßt. Wir gehn; Doch soll das Wort bekleiben: Dein Nachruhm soll uns heilig bleiben. Des Hrn. Conrectoris, M. Seidels, Haus- und Tisch-Gesellschafft. So flieht der Musen süsse Freude? So weicht der Wissenschafften Zier? Ach! wanckt der Grund vom Lehr-Gebäude? Wie? bricht der Tugenden Panier? Und sinckt der edlen Künste Stütze? Jsts möglich? daß nach einem Blitze Der Weißheit kluger Bau zerfällt, Der unsre Hoffnung unterhält? Ach leider! wanckt, und bricht, und weichet, Und sinckt der Pfeiler unsrer Ruh. Der Tod, der alle Lust verscheuchet, Drückt unsrer auch die Augen zu! Ja
Die Feder ſinkt, die Hand erſtarrt. Wir gehn nunmehr mit bauger Seele Von Deiner duͤſtren Leichenhoͤle, Worein man Dich ſo fruͤh verſcharrt. Schlaf wohl! Schlaf nach ſo manchem Jammer, Und feyre Dein Geburtstags-Feſt Bey dem, der Dich aus Deiner Kammer Dereinſt mit Freuden ruffen laͤßt. Wir gehn; Doch ſoll das Wort bekleiben: Dein Nachruhm ſoll uns heilig bleiben. Des Hrn. Conrectoris, M. Seidels, Haus- und Tiſch-Geſellſchafft. So flieht der Muſen ſuͤſſe Freude? So weicht der Wiſſenſchafften Zier? Ach! wanckt der Grund vom Lehr-Gebaͤude? Wie? bricht der Tugenden Panier? Und ſinckt der edlen Kuͤnſte Stuͤtze? Jſts moͤglich? daß nach einem Blitze Der Weißheit kluger Bau zerfaͤllt, Der unſre Hoffnung unterhaͤlt? Ach leider! wanckt, und bricht, und weichet, Und ſinckt der Pfeiler unſrer Ruh. Der Tod, der alle Luſt verſcheuchet, Druͤckt unſrer auch die Augen zu! Ja
<TEI> <text> <body> <div type="fsEpicedia" n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0101" n="100"/> <l>Die Feder ſinkt, die Hand erſtarrt.</l><lb/> <l>Wir gehn nunmehr mit bauger Seele</l><lb/> <l>Von Deiner duͤſtren Leichenhoͤle,</l><lb/> <l>Worein man Dich ſo fruͤh verſcharrt.</l><lb/> <l>Schlaf wohl! Schlaf nach ſo manchem Jammer,</l><lb/> <l>Und feyre Dein Geburtstags-Feſt</l><lb/> <l>Bey dem, der Dich aus Deiner Kammer</l><lb/> <l>Dereinſt mit Freuden ruffen laͤßt.</l><lb/> <l>Wir gehn; Doch ſoll das Wort bekleiben:</l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Dein Nachruhm ſoll uns heilig bleiben.</hi> </l> </lg><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#b">Des Hrn. Conrectoris, <hi rendition="#aq">M.</hi> <persName>Seidels</persName>,<lb/> Haus- und Tiſch-Geſellſchafft.</hi> </hi> </salute> </closer> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">S</hi>o flieht der Muſen ſuͤſſe Freude?</l><lb/> <l>So weicht der Wiſſenſchafften Zier?</l><lb/> <l>Ach! wanckt der Grund vom Lehr-Gebaͤude?</l><lb/> <l>Wie? bricht der Tugenden Panier?</l><lb/> <l>Und ſinckt der edlen Kuͤnſte Stuͤtze?</l><lb/> <l>Jſts moͤglich? daß nach einem Blitze</l><lb/> <l>Der Weißheit kluger Bau zerfaͤllt,</l><lb/> <l>Der unſre Hoffnung unterhaͤlt?</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">A</hi>ch leider! wanckt, und bricht, und weichet,</l><lb/> <l>Und ſinckt der Pfeiler unſrer Ruh.</l><lb/> <l>Der Tod, der alle Luſt verſcheuchet,</l><lb/> <l>Druͤckt unſrer auch die Augen zu!</l><lb/> <fw type="catch" place="bottom">Ja</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [100/0101]
Die Feder ſinkt, die Hand erſtarrt.
Wir gehn nunmehr mit bauger Seele
Von Deiner duͤſtren Leichenhoͤle,
Worein man Dich ſo fruͤh verſcharrt.
Schlaf wohl! Schlaf nach ſo manchem Jammer,
Und feyre Dein Geburtstags-Feſt
Bey dem, der Dich aus Deiner Kammer
Dereinſt mit Freuden ruffen laͤßt.
Wir gehn; Doch ſoll das Wort bekleiben:
Dein Nachruhm ſoll uns heilig bleiben.
Des Hrn. Conrectoris, M. Seidels,
Haus- und Tiſch-Geſellſchafft.
So flieht der Muſen ſuͤſſe Freude?
So weicht der Wiſſenſchafften Zier?
Ach! wanckt der Grund vom Lehr-Gebaͤude?
Wie? bricht der Tugenden Panier?
Und ſinckt der edlen Kuͤnſte Stuͤtze?
Jſts moͤglich? daß nach einem Blitze
Der Weißheit kluger Bau zerfaͤllt,
Der unſre Hoffnung unterhaͤlt?
Ach leider! wanckt, und bricht, und weichet,
Und ſinckt der Pfeiler unſrer Ruh.
Der Tod, der alle Luſt verſcheuchet,
Druͤckt unſrer auch die Augen zu!
Ja
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/508578 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/508578/101 |
Zitationshilfe: | Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508578/101>, abgerufen am 16.07.2024. |