Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Lehren Wörterkram und Grillenfängerey.
Du sprichst: wie kanns geschehn, daß dieß das Mittel sey,
Den dir so werthen Schatz, die Weisheit, zu erlangen,
An dessen Kenntniß doch so viele Güter hangen.
Dein Einwurf ist zu schlecht. Des klugen Lehrers Treu
Bringt dir der Weisheit Grund gewiß schon zeitig bey,
Der Sprachen Wissenschaft dient dir zu andern Zeiten
Das, was du selbst nicht weist, aus Büchern herzuleiten.
O welch ein edler Schatz liegt da bey dir verwahrt,
Wenn deiner Jugend Kraft den muntren Fleiß nicht spart,
Der endlich fähig wird, aus kluger Männer Schriften,
Aus Lehrern ohne Mund, den eignen Nutz zu stiften.
V[e]rachte diese Müh, betrogne Musenschaar,
Und stelle dich alsdenn den höhern Schulen dar,
Und höre, was du wilst, du wirst zurücke bleiben,
Ein wurzelloser Baum kann niemahls Früchte treiben.
Ein ungegründet Haus fällt in den eignen Schutt,
So bald ein matter Sturm den schwächsten Anfall thut.
Erkennt der Lehrer Wehrt, die eure Jugend lenken,
Die Zeit wird dieser Pflicht den Lohn gedoppelt schenken.
Hier stellt sich uns dein Bild, entseelter Böttner, vor,
Du, den dein Lauban jüngst dem Leibe nach verlohr,
Du, dessen Witz und Fleiß, wo Kunst und Tugend blühen,
Stets ein gerechtes Lob zum Lohne nach sich ziehen.
Wohlan, erlaub es uns, daß dieses Dein Verdienst,
Woran Du sonst geblüht, woran du itzt noch grünst,
Und immer leben wirst, auch stets durch uns erklinge,
Ja noch in später Zeit der Welt zu Ohren dringe.
Du
Die Lehren Woͤrterkram und Grillenfaͤngerey.
Du ſprichſt: wie kanns geſchehn, daß dieß das Mittel ſey,
Den dir ſo werthen Schatz, die Weisheit, zu erlangen,
An deſſen Kenntniß doch ſo viele Guͤter hangen.
Dein Einwurf iſt zu ſchlecht. Des klugen Lehrers Treu
Bringt dir der Weisheit Grund gewiß ſchon zeitig bey,
Der Sprachen Wiſſenſchaft dient dir zu andern Zeiten
Das, was du ſelbſt nicht weiſt, aus Buͤchern herzuleiten.
O welch ein edler Schatz liegt da bey dir verwahrt,
Wenn deiner Jugend Kraft den muntren Fleiß nicht ſpart,
Der endlich faͤhig wird, aus kluger Maͤnner Schriften,
Aus Lehrern ohne Mund, den eignen Nutz zu ſtiften.
V[e]rachte dieſe Muͤh, betrogne Muſenſchaar,
Und ſtelle dich alsdenn den hoͤhern Schulen dar,
Und hoͤre, was du wilſt, du wirſt zuruͤcke bleiben,
Ein wurzelloſer Baum kann niemahls Fruͤchte treiben.
Ein ungegruͤndet Haus faͤllt in den eignen Schutt,
So bald ein matter Sturm den ſchwaͤchſten Anfall thut.
Erkennt der Lehrer Wehrt, die eure Jugend lenken,
Die Zeit wird dieſer Pflicht den Lohn gedoppelt ſchenken.
Hier ſtellt ſich uns dein Bild, entſeelter Boͤttner, vor,
Du, den dein Lauban juͤngſt dem Leibe nach verlohr,
Du, deſſen Witz und Fleiß, wo Kunſt und Tugend bluͤhen,
Stets ein gerechtes Lob zum Lohne nach ſich ziehen.
Wohlan, erlaub es uns, daß dieſes Dein Verdienſt,
Woran Du ſonſt gebluͤht, woran du itzt noch gruͤnſt,
Und immer leben wirſt, auch ſtets durch uns erklinge,
Ja noch in ſpaͤter Zeit der Welt zu Ohren dringe.
Du
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsEpicedia" n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0085" n="84"/>
            <l>Die Lehren Wo&#x0364;rterkram und Grillenfa&#x0364;ngerey.</l><lb/>
            <l>Du &#x017F;prich&#x017F;t: wie kanns ge&#x017F;chehn, daß dieß das Mittel &#x017F;ey,</l><lb/>
            <l>Den dir &#x017F;o werthen Schatz, die Weisheit, zu erlangen,</l><lb/>
            <l>An de&#x017F;&#x017F;en Kenntniß doch &#x017F;o viele Gu&#x0364;ter hangen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>ein Einwurf i&#x017F;t zu &#x017F;chlecht. Des klugen Lehrers Treu</l><lb/>
            <l>Bringt dir der Weisheit Grund gewiß &#x017F;chon zeitig bey,</l><lb/>
            <l>Der Sprachen Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft dient dir zu andern Zeiten</l><lb/>
            <l>Das, was du &#x017F;elb&#x017F;t nicht wei&#x017F;t, aus Bu&#x0364;chern herzuleiten.</l><lb/>
            <l>O welch ein edler Schatz liegt da bey dir verwahrt,</l><lb/>
            <l>Wenn deiner Jugend Kraft den muntren Fleiß nicht &#x017F;part,</l><lb/>
            <l>Der endlich fa&#x0364;hig wird, aus kluger Ma&#x0364;nner Schriften,</l><lb/>
            <l>Aus Lehrern ohne Mund, den eignen Nutz zu &#x017F;tiften.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">V</hi><supplied>e</supplied>rachte die&#x017F;e Mu&#x0364;h, betrogne Mu&#x017F;en&#x017F;chaar,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;telle dich alsdenn den ho&#x0364;hern Schulen dar,</l><lb/>
            <l>Und ho&#x0364;re, was du wil&#x017F;t, du wir&#x017F;t zuru&#x0364;cke bleiben,</l><lb/>
            <l>Ein wurzello&#x017F;er Baum kann niemahls Fru&#x0364;chte treiben.</l><lb/>
            <l>Ein ungegru&#x0364;ndet Haus fa&#x0364;llt in den eignen Schutt,</l><lb/>
            <l>So bald ein matter Sturm den &#x017F;chwa&#x0364;ch&#x017F;ten Anfall thut.</l><lb/>
            <l>Erkennt der Lehrer Wehrt, die eure Jugend lenken,</l><lb/>
            <l>Die Zeit wird die&#x017F;er Pflicht den Lohn gedoppelt &#x017F;chenken.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">H</hi>ier &#x017F;tellt &#x017F;ich uns dein Bild, <hi rendition="#fr">ent&#x017F;eelter <persName>Bo&#x0364;ttner</persName>,</hi> vor,</l><lb/>
            <l>Du, den dein <placeName>Lauban</placeName> ju&#x0364;ng&#x017F;t dem Leibe nach verlohr,</l><lb/>
            <l>Du, de&#x017F;&#x017F;en Witz und Fleiß, wo Kun&#x017F;t und Tugend blu&#x0364;hen,</l><lb/>
            <l>Stets ein gerechtes Lob zum Lohne nach &#x017F;ich ziehen.</l><lb/>
            <l>Wohlan, erlaub es uns, daß die&#x017F;es Dein Verdien&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Woran Du &#x017F;on&#x017F;t geblu&#x0364;ht, woran du itzt noch gru&#x0364;n&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Und immer leben wir&#x017F;t, auch &#x017F;tets durch uns erklinge,</l><lb/>
            <l>Ja noch in &#x017F;pa&#x0364;ter Zeit der Welt zu Ohren dringe.</l>
          </lg><lb/>
          <fw type="catch" place="bottom">Du</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0085] Die Lehren Woͤrterkram und Grillenfaͤngerey. Du ſprichſt: wie kanns geſchehn, daß dieß das Mittel ſey, Den dir ſo werthen Schatz, die Weisheit, zu erlangen, An deſſen Kenntniß doch ſo viele Guͤter hangen. Dein Einwurf iſt zu ſchlecht. Des klugen Lehrers Treu Bringt dir der Weisheit Grund gewiß ſchon zeitig bey, Der Sprachen Wiſſenſchaft dient dir zu andern Zeiten Das, was du ſelbſt nicht weiſt, aus Buͤchern herzuleiten. O welch ein edler Schatz liegt da bey dir verwahrt, Wenn deiner Jugend Kraft den muntren Fleiß nicht ſpart, Der endlich faͤhig wird, aus kluger Maͤnner Schriften, Aus Lehrern ohne Mund, den eignen Nutz zu ſtiften. Verachte dieſe Muͤh, betrogne Muſenſchaar, Und ſtelle dich alsdenn den hoͤhern Schulen dar, Und hoͤre, was du wilſt, du wirſt zuruͤcke bleiben, Ein wurzelloſer Baum kann niemahls Fruͤchte treiben. Ein ungegruͤndet Haus faͤllt in den eignen Schutt, So bald ein matter Sturm den ſchwaͤchſten Anfall thut. Erkennt der Lehrer Wehrt, die eure Jugend lenken, Die Zeit wird dieſer Pflicht den Lohn gedoppelt ſchenken. Hier ſtellt ſich uns dein Bild, entſeelter Boͤttner, vor, Du, den dein Lauban juͤngſt dem Leibe nach verlohr, Du, deſſen Witz und Fleiß, wo Kunſt und Tugend bluͤhen, Stets ein gerechtes Lob zum Lohne nach ſich ziehen. Wohlan, erlaub es uns, daß dieſes Dein Verdienſt, Woran Du ſonſt gebluͤht, woran du itzt noch gruͤnſt, Und immer leben wirſt, auch ſtets durch uns erklinge, Ja noch in ſpaͤter Zeit der Welt zu Ohren dringe. Du

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/508578
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/508578/85
Zitationshilfe: Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508578/85>, abgerufen am 21.11.2024.