Kühn, Johann Heinrich: J. N. J. Reichthum Göttlicher Güte. Dresden, 1675.Reichthum Göttlicher Güte. nen singen hören. Angst kömmt das Hertz an/ wenn es ihmLuc. 15, 17.zu Sinne nimmt den traurigen Hingang und Todesfall der lieben Seinigen/ der Kinder/ an denen man schon alle Ehre/ Freude/ Trost/ Schutz und Hülffe erlebet/ oder ja zu- erleben hoffete; der Eltern/ wann die den armen Kindern so geschwind entrissen werden/ und sie als unerzogene/ unver- sorgete und recht elende Waiselein hinter sich lassen müssen; Der Ehegatten/ da ein betrübter Wittwer seine Haus- Sonne muß lassen untergehen/ und sein allertreuestes Hertz mit heissenThränen von sich reissen; Die arme Wittwe aber2. Sam. 14, v. 5. klagt: Ach ich bin ein elendes Weib/ das Leide trägt/ und mein Mann ist gestorben/ mein Trost ist verschwunden/ mein Schutz ist gefallen/ mein Schatz ist verlohren. u. s. w. Angst entstehet einem frommen Hertzen/ wenns das gegen- wärtige Ubel/ Noth und Elend ansihet/ wanns zu seinem verdrüßlichsten Leidwesen anschauen muß/ daß der Men- schen Boßheit auf Erden in dieser letzten Grundsuppe soGen. 6, 5. gar groß werde. Hugo de S. Victore hat dis über vorhabendeHugo de S. Victore tom 1. Op. fol. m. 42. b. col. 2. Worte schön angemercket: Boni, cum inter malos, quos de- clinare non possunt, conversantur, ex illorum prava con- versatione quotidiana quadam persecutione vita eorum affligitur. Quos ita tolerare necesse est, ut nec propter i- niquitatem eorum odio habeamus homines; nec propter amorem hominum iniquitatis efficiamur consortes. Das ist: Die Frommen/ weil sie unter den Bösen leben müssen/ die sie nicht gäntzlich meiden können/ werden durch solche böse Beywohnung als durch eine tägliche Verfol- gung geplaget. Und muß man mit denselben also umgehen/ daß man die Menschen selbst/ wegen ihrer Boßheit nicht h[a]sse/ noch den Leuten zu Liebe sich mit in dieselbe verwicke- le. Wie offt muß man David nachklagen: Wehe mir/ daß ich
Reichthum Goͤttlicher Guͤte. nen ſingen hoͤren. Angſt koͤmmt das Hertz an/ wenn es ihmLuc. 15, 17.zu Sinne nimmt den traurigen Hingang und Todesfall der lieben Seinigen/ der Kinder/ an denen man ſchon alle Ehre/ Freude/ Troſt/ Schutz und Huͤlffe erlebet/ oder ja zu- erleben hoffete; der Eltern/ wann die den armen Kindern ſo geſchwind entriſſen werden/ und ſie als unerzogene/ unver- ſorgete und recht elende Waiſelein hinter ſich laſſen muͤſſen; Der Ehegatten/ da ein betruͤbter Wittwer ſeine Haus- Sonne muß laſſen untergehen/ und ſein allertreueſtes Hertz mit heiſſenThraͤnen von ſich reiſſen; Die arme Wittwe aber2. Sam. 14, v. 5. klagt: Ach ich bin ein elendes Weib/ das Leide traͤgt/ und mein Mann iſt geſtorben/ mein Troſt iſt verſchwunden/ mein Schutz iſt gefallen/ mein Schatz iſt verlohren. u. ſ. w. Angſt entſtehet einem frommen Hertzen/ wenns das gegen- waͤrtige Ubel/ Noth und Elend anſihet/ wanns zu ſeinem verdruͤßlichſten Leidweſen anſchauen muß/ daß der Men- ſchen Boßheit auf Erden in dieſer letzten Grundſuppe ſoGen. 6, 5. gar groß werde. Hugo de S. Victore hat dis uͤber vorhabendeHugo de S. Victore tom 1. Op. fol. m. 42. b. col. 2. Worte ſchoͤn angemercket: Boni, cum inter malos, quos de- clinare non poſſunt, converſantur, ex illorum pravâ con- verſatione quotidianâ quâdam perſecutione vita eorum affligitur. Quos ita tolerare neceſſe eſt, ut nec propter i- niquitatem eorum odio habeamus homines; nec propter amorem hominum iniquitatis efficiamur conſortes. Das iſt: Die Frommen/ weil ſie unter den Boͤſen leben muͤſſen/ die ſie nicht gäntzlich meiden koͤnnen/ werden durch ſolche boͤſe Beywohnung als durch eine taͤgliche Verfol- gung geplaget. Und muß man mit denſelben alſo umgehen/ daß man die Menſchen ſelbſt/ wegen ihrer Boßheit nicht h[a]ſſe/ noch den Leuten zu Liebe ſich mit in dieſelbe verwicke- le. Wie offt muß man David nachklagen: Wehe mir/ daß ich
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Reichthum Goͤttlicher Guͤte.
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der lieben Seinigen/ der Kinder/ an denen man ſchon alle
Ehre/ Freude/ Troſt/ Schutz und Huͤlffe erlebet/ oder ja zu-
erleben hoffete; der Eltern/ wann die den armen Kindern ſo
geſchwind entriſſen werden/ und ſie als unerzogene/ unver-
ſorgete und recht elende Waiſelein hinter ſich laſſen muͤſſen;
Der Ehegatten/ da ein betruͤbter Wittwer ſeine Haus-
Sonne muß laſſen untergehen/ und ſein allertreueſtes Hertz
mit heiſſenThraͤnen von ſich reiſſen; Die arme Wittwe aber
klagt: Ach ich bin ein elendes Weib/ das Leide traͤgt/ und
mein Mann iſt geſtorben/ mein Troſt iſt verſchwunden/
mein Schutz iſt gefallen/ mein Schatz iſt verlohren. u. ſ. w.
Angſt entſtehet einem frommen Hertzen/ wenns das gegen-
waͤrtige Ubel/ Noth und Elend anſihet/ wanns zu ſeinem
verdruͤßlichſten Leidweſen anſchauen muß/ daß der Men-
ſchen Boßheit auf Erden in dieſer letzten Grundſuppe ſo
gar groß werde. Hugo de S. Victore hat dis uͤber vorhabende
Worte ſchoͤn angemercket: Boni, cum inter malos, quos de-
clinare non poſſunt, converſantur, ex illorum pravâ con-
verſatione quotidianâ quâdam perſecutione vita eorum
affligitur. Quos ita tolerare neceſſe eſt, ut nec propter i-
niquitatem eorum odio habeamus homines; nec propter
amorem hominum iniquitatis efficiamur conſortes.
Das iſt: Die Frommen/ weil ſie unter den Boͤſen leben
muͤſſen/ die ſie nicht gäntzlich meiden koͤnnen/ werden durch
ſolche boͤſe Beywohnung als durch eine taͤgliche Verfol-
gung geplaget. Und muß man mit denſelben alſo umgehen/
daß man die Menſchen ſelbſt/ wegen ihrer Boßheit nicht
haſſe/ noch den Leuten zu Liebe ſich mit in dieſelbe verwicke-
le. Wie offt muß man David nachklagen: Wehe mir/ daß
ich
Luc. 15, 17.
2. Sam. 14,
v. 5.
Gen. 6, 5.
Hugo de
S. Victore
tom 1. Op.
fol. m. 42.
b. col. 2.
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