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Origanus, Elias: Einfältige Predigt. Liegnitz, 1617.

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jhr erwecket/ das sie die vorm Tode vorhergehende
Pein desto geduldiger tragen köndte. Hat hernach
auf den Abend mit dem Vater und Schwester frisch
und frölich allerley Tröstliche Gesenge gesungen/
und gutte hoffnung der besserung gemacht.

Folgenden tags frü spricht sie zum Vater: O mein
Hertzlieber Vater/ gebt mir ein wenig trincken!

(Welche worte sie so Hertzbeweglich gesprochen/
das jhr der Vater/ sonderlich weils jhre letzte worte
gegen jhm gewesen/ nicht vergessen kan) Als er
jhr aber gesaget/ Sie solte zuvor ein warmes Süp-
lein nehmen/ hat sie sich stillen lassen: Da jhr aber
dasselbe und darauff ein Kalter Trunck gegeben
worden/ hat sie das Häupt geklagt/ Bald hernach
etliche Vomitus gehabt. Auff solche des Leibes
bewegung ist alsbald der Schwere Gebrechen (so
sie auch vor fünff Tagen angegriffen/ aber wieder
verlassen) innerlich gefolget/ der sich eine halbe
stunde darnach auch durch Jämmerliche Geberde
des Angesichts geeussert/ und gantzer 12. Stun-
den/ nicht ohne grosses mitleiden/ Hertzliches Ge-
bet und seufftzer der umbstehenden/ geweret/ her-
nach wieder innerlich unnachläßlich angehalten/
welchs sie mit stettem wemmen/ seufftzen und Zehn-

knirschen

jhr erwecket/ das ſie die vorm Tode vorhergehende
Pein deſto geduldiger tragen koͤndte. Hat hernach
auf den Abend mit dem Vater uñ Schweſter friſch
und froͤlich allerley Troͤſtliche Geſenge geſungen/
und gutte hoffnung der beſſerung gemacht.

Folgenden tags fruͤ ſpricht ſie zum Vater: O mein
Hertzlieber Vater/ gebt mir ein wenig trincken!

(Welche worte ſie ſo Hertzbeweglich geſprochen/
das jhr der Vater/ ſonderlich weils jhre letzte worte
gegen jhm geweſen/ nicht vergeſſen kan) Als er
jhr aber geſaget/ Sie ſolte zuvor ein warmes Suͤp-
lein nehmen/ hat ſie ſich ſtillen laſſen: Da jhr aber
daſſelbe und darauff ein Kalter Trunck gegeben
worden/ hat ſie das Haͤupt geklagt/ Bald hernach
etliche Vomitus gehabt. Auff ſolche des Leibes
bewegung iſt alsbald der Schwere Gebrechen (ſo
ſie auch vor fuͤnff Tagen angegriffen/ aber wieder
verlaſſen) innerlich gefolget/ der ſich eine halbe
ſtunde darnach auch durch Jaͤmmerliche Geberde
des Angeſichts geeuſſert/ und gantzer 12. Stun-
den/ nicht ohne groſſes mitleiden/ Hertzliches Ge-
bet und ſeufftzer der umbſtehenden/ geweret/ her-
nach wieder innerlich unnachlaͤßlich angehalten/
welchs ſie mit ſtettem wemmen/ ſeufftzen und Zehn-

knirſchen
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[0032] jhr erwecket/ das ſie die vorm Tode vorhergehende Pein deſto geduldiger tragen koͤndte. Hat hernach auf den Abend mit dem Vater uñ Schweſter friſch und froͤlich allerley Troͤſtliche Geſenge geſungen/ und gutte hoffnung der beſſerung gemacht. Folgenden tags fruͤ ſpricht ſie zum Vater: O mein Hertzlieber Vater/ gebt mir ein wenig trincken! (Welche worte ſie ſo Hertzbeweglich geſprochen/ das jhr der Vater/ ſonderlich weils jhre letzte worte gegen jhm geweſen/ nicht vergeſſen kan) Als er jhr aber geſaget/ Sie ſolte zuvor ein warmes Suͤp- lein nehmen/ hat ſie ſich ſtillen laſſen: Da jhr aber daſſelbe und darauff ein Kalter Trunck gegeben worden/ hat ſie das Haͤupt geklagt/ Bald hernach etliche Vomitus gehabt. Auff ſolche des Leibes bewegung iſt alsbald der Schwere Gebrechen (ſo ſie auch vor fuͤnff Tagen angegriffen/ aber wieder verlaſſen) innerlich gefolget/ der ſich eine halbe ſtunde darnach auch durch Jaͤmmerliche Geberde des Angeſichts geeuſſert/ und gantzer 12. Stun- den/ nicht ohne groſſes mitleiden/ Hertzliches Ge- bet und ſeufftzer der umbſtehenden/ geweret/ her- nach wieder innerlich unnachlaͤßlich angehalten/ welchs ſie mit ſtettem wemmen/ ſeufftzen und Zehn- knirſchen

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Zitationshilfe: Origanus, Elias: Einfältige Predigt. Liegnitz, 1617, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/509378/32>, abgerufen am 27.04.2024.