Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schramm, Georg: I. N. J. PIORUM CATASTROPHE Exoptatissima, Beatissima. Die Höchst erfreuliche und allerseeligste Abwechselung. Steinaw an der Oder, 1662.

Bild:
<< vorherige Seite

Die höchst erfreulicht und allerseeligste Abwechselung/
mit Warheit das klagen können/ was dortten der Kaiser
Augustus im Schimpff sagte/ da Er zwischen den bei-
den Poeten dem Virgilio und Homero saaß; Deren ei-
ner trieffende und thränende Augen hatte/ der ander aber
ein Melancholicus war/ und dahero nur immer seufftze-
te: Heic sedemus inter suspiria & lacrumas; Hier
sitzen wir unter lauter Seufftzen und Thränen; oder
August.wie Sanet Augustinus redet: Anni nostri isti, quos
hic ducimus in gemitibus sunt:
Alle unsere Jahre/
die wir hier zubringen/ sind lauter Seuffzer.

Die Römer hatten vor zeitten den Brauch/ daß wenn
einer von den ihrigen Todes verblichen/ so waren Praefi-
cae
oder sonderliche Klage-Weiber bestellet/ denen ward
gelohnet mit Gelde/ daß sie gar ein Jämmer- und erbärm-
liches Klagen führen müssen uber den Verstorbenen/ und
selbigen bitterlich beweinen/ dabey auch andre mit solchem
ihrem klagen und kläglichen Geberden zu einem Mitleyden
bewegen.

Wir liebe Christen/ dürffen nicht allererst andere Leu-
te mit Geld darzu erkauffen/ wenn wir unser Menschliches
Elend beklagen und beweinen wollen/ sondern müssen es nur
selber thun. Denn da findet sich noch heute in der Welt
mancher frommer Abrabam/ der da schmertzlich beklagen
muß den tödlichen Hintritt seiner lieben Sara und trewer
Ehwirthin: Wie von dem Vater Abraham klärlich gesagt
wird: Abraham kam/ daß er Sara beklaget und
Gen. XXXIII
2.
beweinet. Gen. 23. Hier stehet ein betrübter Joseph mit
seinen weinenden Brüdern/ die beklagen Jhren lieben Va-
ter den frommen Jacob; wie hievon der H. Geist redet
Gen. L, 10.Gen. 50. Da hielten sie eine sehr grosse und bittere

Klage/

Die hoͤchſt erfreulicht und allerſeeligſte Abwechſelung/
mit Warheit das klagen koͤnnen/ was dortten der Kaiſer
Auguſtus im Schimpff ſagte/ da Er zwiſchen den bei-
den Poeten dem Virgilio und Homero ſaaß; Deren ei-
ner trieffende und thraͤnende Augen hatte/ der ander aber
ein Melancholicus war/ und dahero nur immer ſeufftze-
te: Hîc ſedemus inter ſuſpiria & lacrumas; Hier
ſitzen wir unter lauter Seufftzen und Thraͤnen; oder
Auguſt.wie Sanet Auguſtinus redet: Anni noſtri iſti, quos
hic ducimus in gemitibus ſunt:
Alle unſere Jahre/
die wir hier zubringen/ ſind lauter Seuffzer.

Die Roͤmer hatten vor zeitten den Brauch/ daß wenn
einer von den ihrigen Todes verblichen/ ſo waren Præfi-
oder ſonderliche Klage-Weiber beſtellet/ denen ward
gelohnet mit Gelde/ daß ſie gar ein Jaͤmmer- und erbaͤrm-
liches Klagen fuͤhren muͤſſen uber den Verſtorbenen/ und
ſelbigen bitterlich beweinen/ dabey auch andre mit ſolchem
ihrem klagen und klaͤglichen Geberden zu einem Mitleyden
bewegen.

Wir liebe Chriſten/ duͤrffen nicht allererſt andere Leu-
te mit Geld darzu erkauffen/ wenn wir unſer Menſchliches
Elend beklagen und beweinen wollen/ ſondern muͤſſen es nur
ſelber thun. Denn da findet ſich noch heute in der Welt
mancher frommer Abrabam/ der da ſchmertzlich beklagen
muß den toͤdlichen Hintritt ſeiner lieben Sara und trewer
Ehwirthin: Wie von dem Vater Abraham klaͤrlich geſagt
wird: Abraham kam/ daß er Sara beklaget und
Gen. XXXIII
2.
beweinet. Gen. 23. Hier ſtehet ein betruͤbter Joſeph mit
ſeinen weinenden Bruͤdern/ die beklagen Jhren lieben Va-
ter den frommen Jacob; wie hievon der H. Geiſt redet
Gen. L, 10.Gen. 50. Da hielten ſie eine ſehr groſſe und bittere

Klage/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="fsMainPart" n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0036"/><fw type="header" place="top">Die ho&#x0364;ch&#x017F;t erfreulicht und aller&#x017F;eelig&#x017F;te Abwech&#x017F;elung/</fw><lb/>
mit Warheit das klagen ko&#x0364;nnen/ was dortten der Kai&#x017F;er<lb/><hi rendition="#aq">Augu&#x017F;tus</hi> im Schimpff &#x017F;agte/ da Er zwi&#x017F;chen den bei-<lb/>
den Poeten dem <hi rendition="#aq">Virgilio</hi> und <hi rendition="#aq">Homero</hi> &#x017F;aaß; Deren ei-<lb/>
ner trieffende und thra&#x0364;nende Augen hatte/ der ander aber<lb/>
ein <hi rendition="#aq">Melancholicus</hi> war/ und dahero nur immer &#x017F;eufftze-<lb/>
te: <hi rendition="#aq">Hîc &#x017F;edemus inter &#x017F;u&#x017F;piria &amp; lacrumas;</hi> Hier<lb/>
&#x017F;itzen wir unter lauter Seufftzen und Thra&#x0364;nen; oder<lb/><note place="left"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Augu&#x017F;t.</hi></hi></note>wie Sanet <hi rendition="#aq">Augu&#x017F;tinus</hi> redet: <hi rendition="#aq">Anni no&#x017F;tri i&#x017F;ti, quos<lb/>
hic ducimus in gemitibus &#x017F;unt:</hi> Alle un&#x017F;ere Jahre/<lb/>
die wir hier zubringen/ &#x017F;ind lauter Seuffzer.</p><lb/>
            <p>Die Ro&#x0364;mer hatten vor zeitten den Brauch/ daß wenn<lb/>
einer von den ihrigen Todes verblichen/ &#x017F;o waren <hi rendition="#aq">Præfi-<lb/></hi> oder &#x017F;onderliche Klage-Weiber be&#x017F;tellet/ denen ward<lb/>
gelohnet mit Gelde/ daß &#x017F;ie gar ein Ja&#x0364;mmer- und erba&#x0364;rm-<lb/>
liches Klagen fu&#x0364;hren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en uber den Ver&#x017F;torbenen/ und<lb/>
&#x017F;elbigen bitterlich beweinen/ dabey auch andre mit &#x017F;olchem<lb/>
ihrem klagen und kla&#x0364;glichen Geberden zu einem Mitleyden<lb/>
bewegen.</p><lb/>
            <p>Wir liebe Chri&#x017F;ten/ du&#x0364;rffen nicht allerer&#x017F;t andere Leu-<lb/>
te mit Geld darzu erkauffen/ wenn wir un&#x017F;er Men&#x017F;chliches<lb/>
Elend beklagen und beweinen wollen/ &#x017F;ondern mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en es nur<lb/>
&#x017F;elber thun. Denn da findet &#x017F;ich noch heute in der Welt<lb/>
mancher frommer Abrabam/ der da &#x017F;chmertzlich beklagen<lb/>
muß den to&#x0364;dlichen Hintritt &#x017F;einer lieben Sara und trewer<lb/>
Ehwirthin: Wie von dem Vater Abraham kla&#x0364;rlich ge&#x017F;agt<lb/>
wird: Abraham kam/ daß er Sara beklaget und<lb/><note place="left"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Gen. XXXIII</hi></hi><lb/>
2.</note>beweinet. <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Gen.</hi> 23.</hi> Hier &#x017F;tehet ein betru&#x0364;bter Jo&#x017F;eph mit<lb/>
&#x017F;einen weinenden Bru&#x0364;dern/ die beklagen Jhren lieben Va-<lb/>
ter den frommen Jacob; wie hievon der H. Gei&#x017F;t redet<lb/><note place="left"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Gen. L,</hi> 10.</hi></note><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Gen.</hi> 50.</hi> Da hielten &#x017F;ie eine &#x017F;ehr gro&#x017F;&#x017F;e und bittere<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">Klage/</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0036] Die hoͤchſt erfreulicht und allerſeeligſte Abwechſelung/ mit Warheit das klagen koͤnnen/ was dortten der Kaiſer Auguſtus im Schimpff ſagte/ da Er zwiſchen den bei- den Poeten dem Virgilio und Homero ſaaß; Deren ei- ner trieffende und thraͤnende Augen hatte/ der ander aber ein Melancholicus war/ und dahero nur immer ſeufftze- te: Hîc ſedemus inter ſuſpiria & lacrumas; Hier ſitzen wir unter lauter Seufftzen und Thraͤnen; oder wie Sanet Auguſtinus redet: Anni noſtri iſti, quos hic ducimus in gemitibus ſunt: Alle unſere Jahre/ die wir hier zubringen/ ſind lauter Seuffzer. Auguſt. Die Roͤmer hatten vor zeitten den Brauch/ daß wenn einer von den ihrigen Todes verblichen/ ſo waren Præfi- cæ oder ſonderliche Klage-Weiber beſtellet/ denen ward gelohnet mit Gelde/ daß ſie gar ein Jaͤmmer- und erbaͤrm- liches Klagen fuͤhren muͤſſen uber den Verſtorbenen/ und ſelbigen bitterlich beweinen/ dabey auch andre mit ſolchem ihrem klagen und klaͤglichen Geberden zu einem Mitleyden bewegen. Wir liebe Chriſten/ duͤrffen nicht allererſt andere Leu- te mit Geld darzu erkauffen/ wenn wir unſer Menſchliches Elend beklagen und beweinen wollen/ ſondern muͤſſen es nur ſelber thun. Denn da findet ſich noch heute in der Welt mancher frommer Abrabam/ der da ſchmertzlich beklagen muß den toͤdlichen Hintritt ſeiner lieben Sara und trewer Ehwirthin: Wie von dem Vater Abraham klaͤrlich geſagt wird: Abraham kam/ daß er Sara beklaget und beweinet. Gen. 23. Hier ſtehet ein betruͤbter Joſeph mit ſeinen weinenden Bruͤdern/ die beklagen Jhren lieben Va- ter den frommen Jacob; wie hievon der H. Geiſt redet Gen. 50. Da hielten ſie eine ſehr groſſe und bittere Klage/ Gen. XXXIII 2. Gen. L, 10.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/509379
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/509379/36
Zitationshilfe: Schramm, Georg: I. N. J. PIORUM CATASTROPHE Exoptatissima, Beatissima. Die Höchst erfreuliche und allerseeligste Abwechselung. Steinaw an der Oder, 1662, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/509379/36>, abgerufen am 12.12.2024.