Busch und Rosenbusch, Hanns Christoph von: Es verändert sich alles in der Welt! Görlitz, 1696.Abdanckungs-Rede. schwerlich von einander können getrennet werden. Je-nes ist die Mutter/ dieses aber die Tochter: welche von jener gleichsam erzeuget und gebohren wird. Denn wo kommet wohl die Veränderung aller irrdischen Din- ge anders her: als von derenselben anklebenden Unvoll- kommenheit? Und ich bin gesichert/ wenn alles in der Welt vollkommen wäre: wir würden uns über keine Veränderung mehr zu beschweren haben. Zeit und Ort/ ja meine selbst-eigene Unvermögenheit/ verbiethen mir den Streit der Gelährten zu erörtern: deren etli- che behaupten wollen: die Welt nehme von Tag zu Tag mehr und mehr ab: andere hingegen gantz con- trairer Gedancken sind: beyde aber durch ihre widrige Meinungen die Wahrheit des bekanten Sprichworts genungsam bekräfftigen: daß in vielen Köpffen zugleich viele Sinne anzutreffen. Wer von beyden Theilen recht oder unrecht habe: wil eines jedwedern Nach- dencken und reifferen Uberlegung anheim stellen. Die- ses ist gewiß: daß diejenigen/ welche das Abnehmen aller Dinge zu vertheidigen sich angelegen seyn lassen/ unter andern Gründen auch auf diesem vornemlich be- ruhen: weil alles in der Welt sich verändere. Es ist unnöthig/ indem es zur genüge bekant: und wür- de ich durch allzu-grosse Weitläufftigkeit der Vor- nehmen
Abdanckungs-Rede. ſchwerlich von einander koͤnnen getrennet werden. Je-nes iſt die Mutter/ dieſes aber die Tochter: welche von jener gleichſam erzeuget und gebohren wird. Denn wo kommet wohl die Veraͤnderung aller irꝛdiſchen Din- ge anders her: als von derenſelben anklebenden Unvoll- kommenheit? Und ich bin geſichert/ wenn alles in der Welt vollkommen waͤre: wir wuͤrden uns uͤber keine Veraͤnderung mehr zu beſchweren haben. Zeit und Ort/ ja meine ſelbſt-eigene Unvermoͤgenheit/ verbiethen mir den Streit der Gelaͤhrten zu eroͤrtern: deren etli- che behaupten wollen: die Welt nehme von Tag zu Tag mehr und mehr ab: andere hingegen gantz con- trairer Gedancken ſind: beyde aber durch ihre widrige Meinungen die Wahrheit des bekanten Sprichworts genungſam bekraͤfftigen: daß in vielen Koͤpffen zugleich viele Sinne anzutreffen. Wer von beyden Theilen recht oder unrecht habe: wil eines jedwedern Nach- dencken und reifferen Uberlegung anheim ſtellen. Die- ſes iſt gewiß: daß diejenigen/ welche das Abnehmen aller Dinge zu vertheidigen ſich angelegen ſeyn laſſen/ unter andern Gruͤnden auch auf dieſem vornemlich be- ruhen: weil alles in der Welt ſich veraͤndere. Es iſt unnoͤthig/ indem es zur genuͤge bekant: und wuͤr- de ich durch allzu-groſſe Weitlaͤufftigkeit der Vor- nehmen
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Abdanckungs-Rede.
ſchwerlich von einander koͤnnen getrennet werden. Je-
nes iſt die Mutter/ dieſes aber die Tochter: welche von
jener gleichſam erzeuget und gebohren wird. Denn
wo kommet wohl die Veraͤnderung aller irꝛdiſchen Din-
ge anders her: als von derenſelben anklebenden Unvoll-
kommenheit? Und ich bin geſichert/ wenn alles in der
Welt vollkommen waͤre: wir wuͤrden uns uͤber keine
Veraͤnderung mehr zu beſchweren haben. Zeit und
Ort/ ja meine ſelbſt-eigene Unvermoͤgenheit/ verbiethen
mir den Streit der Gelaͤhrten zu eroͤrtern: deren etli-
che behaupten wollen: die Welt nehme von Tag zu
Tag mehr und mehr ab: andere hingegen gantz con-
trairer Gedancken ſind: beyde aber durch ihre widrige
Meinungen die Wahrheit des bekanten Sprichworts
genungſam bekraͤfftigen: daß in vielen Koͤpffen zugleich
viele Sinne anzutreffen. Wer von beyden Theilen
recht oder unrecht habe: wil eines jedwedern Nach-
dencken und reifferen Uberlegung anheim ſtellen. Die-
ſes iſt gewiß: daß diejenigen/ welche das Abnehmen
aller Dinge zu vertheidigen ſich angelegen ſeyn laſſen/
unter andern Gruͤnden auch auf dieſem vornemlich be-
ruhen: weil alles in der Welt ſich veraͤndere.
Es iſt unnoͤthig/ indem es zur genuͤge bekant: und wuͤr-
de ich durch allzu-groſſe Weitlaͤufftigkeit der Vor-
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