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Burckhard, Gottfried: Himmlische Johanna Elisabeth. Breslau, 1673.

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langen und aber tausend in Armuth bedräng-
te/ durch geitzige Wüntsche begehren; Daß
also wol zu glauben ist/ die blosse Unwissenheit
das jenige nur für ein Ubel halte/ was auch
Socrates nicht scheuet/ Cato nicht verwirfft/
und die Furchtsamsten in ungefärbter Lang-
muth geduldig annehmen. Und mit was
vergeblicher Hartneckigkeit würde man nicht
streiten wider das/ was unüberwindlich!
Mit was Geschickligkeit wäre wol dem zu ent-
gehen/ so unvermeidlich! Und mit was thö-
richter Vernunfft würde man das schärffste
Gesetz zu unterbrechen sich bemühen/ so an
sich selbsten unverbrüchlich! Wol dannenhe-
ro denen/ die dem unumbgänglichen Ster-
bens-Bund unwiderspenstig folgen/ und die
Gelegenheit zu sterben/ nach bequemer dessen
Eraignung nicht verliehren; Denn ja ein
ieder seines Lebens satt seyn kan/ wenn durch
vortheilhafftigen Wechsel er selbiges umbse-
tzen mag. Es gleichet ohne dem nur einem
Gauckel-Spiel/ da man nicht nachsehen darff
wie lang es wehret/ massen sein Wesen von

keiner
L

langen und aber tauſend in Armuth bedraͤng-
te/ durch geitzige Wuͤntſche begehren; Daß
alſo wol zu glauben iſt/ die bloſſe Unwiſſenheit
das jenige nur fuͤr ein Ubel halte/ was auch
Socrates nicht ſcheuet/ Cato nicht verwirfft/
und die Furchtſamſten in ungefaͤrbter Lang-
muth geduldig annehmen. Und mit was
vergeblicher Hartneckigkeit wuͤrde man nicht
ſtreiten wider das/ was unuͤberwindlich!
Mit was Geſchickligkeit waͤre wol dem zu ent-
gehen/ ſo unvermeidlich! Und mit was thoͤ-
richter Vernunfft wuͤrde man das ſchaͤrffſte
Geſetz zu unterbrechen ſich bemuͤhen/ ſo an
ſich ſelbſten unverbruͤchlich! Wol dannenhe-
ro denen/ die dem unumbgaͤnglichen Ster-
bens-Bund unwiderſpenſtig folgen/ und die
Gelegenheit zu ſterben/ nach bequemer deſſen
Eraignung nicht verliehren; Denn ja ein
ieder ſeines Lebens ſatt ſeyn kan/ wenn durch
vortheilhafftigen Wechſel er ſelbiges umbſe-
tzen mag. Es gleichet ohne dem nur einem
Gauckel-Spiel/ da man nicht nachſehen darff
wie lang es wehret/ maſſen ſein Weſen von

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[[81]/0081] langen und aber tauſend in Armuth bedraͤng- te/ durch geitzige Wuͤntſche begehren; Daß alſo wol zu glauben iſt/ die bloſſe Unwiſſenheit das jenige nur fuͤr ein Ubel halte/ was auch Socrates nicht ſcheuet/ Cato nicht verwirfft/ und die Furchtſamſten in ungefaͤrbter Lang- muth geduldig annehmen. Und mit was vergeblicher Hartneckigkeit wuͤrde man nicht ſtreiten wider das/ was unuͤberwindlich! Mit was Geſchickligkeit waͤre wol dem zu ent- gehen/ ſo unvermeidlich! Und mit was thoͤ- richter Vernunfft wuͤrde man das ſchaͤrffſte Geſetz zu unterbrechen ſich bemuͤhen/ ſo an ſich ſelbſten unverbruͤchlich! Wol dannenhe- ro denen/ die dem unumbgaͤnglichen Ster- bens-Bund unwiderſpenſtig folgen/ und die Gelegenheit zu ſterben/ nach bequemer deſſen Eraignung nicht verliehren; Denn ja ein ieder ſeines Lebens ſatt ſeyn kan/ wenn durch vortheilhafftigen Wechſel er ſelbiges umbſe- tzen mag. Es gleichet ohne dem nur einem Gauckel-Spiel/ da man nicht nachſehen darff wie lang es wehret/ maſſen ſein Weſen von keiner L

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Zitationshilfe: Burckhard, Gottfried: Himmlische Johanna Elisabeth. Breslau, 1673, S. [81]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/511301/81>, abgerufen am 27.11.2024.