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Albinus, Christoph: Trost Trawriger Eltern. Brieg, 1628.

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behertzigen wolten/ könte es vnmöglich sein/ daß wir
vnß nicht zufrieden geben solten.

Wenn wir aber von Gott dem Herrn
ablassen/ vnd auff vnsere Kinderlein kommen wollen/
werden wir auch vrsachen genung finden/ warumb wir
das trawren einstellen/ oder je zum wenigsten meßigen
sollen.

Alß vor zeiten zwey Weiber sich für dem Könige1. Reg. 3.
24.

Salomon vmb ein Kind gezancket/ hat der König sich
nicht anders gestellet/ alß ob Er das Kind von einan-
der hawen/ vnd einem jeden Weibe den halben theil
geben wolte. Hier hat die rechte Mutter nicht anders
gemeinet/ als sie würde jhr Kind da auff dem platze
lassen mussen: Darumb bietet sie so trewlich/ man sol-
le nur das Kind leben lassen/ sie wolte es der andern
lieber gar geben/ alß todt für jhren augen sehen. Aber
was geschicht? Da die Mutter anders nichts als jhres
Kindes gewissen tod für augen siehet/ da wendet sich
das blat vmb/ vnnd wird aus dem tode lauter leben.

Denn der König erkennet aus jhrer hertzlichen vnnd
schmertzlichen vorbitt/ daß sie deß Kindes rechte Mut-
ter sey/ leßt jhr derowegen dasselbe frisch vnd gesund
zustellen.

Eine solche gelegenheit hat es auch mit vnsern
verstorbenen. Wenn wir meinen sie sein rein vnd
stein todt/ so sollen sie wieder lebendig vnnd vnß ge-
schencket werden: Vnter dessen sollen wir vnß damit
trösten/ daß jhnen durch den zeitlichen todt nichts bö-

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behertzigen wolten/ koͤnte es vnmoͤglich ſein/ daß wir
vnß nicht zufrieden geben ſolten.

Wenn wir aber von Gott dem Herrn
ablaſſen/ vnd auff vnſere Kinderlein kommen wollen/
werden wir auch vrſachen genung finden/ warumb wir
das trawren einſtellen/ oder je zum wenigſten meßigen
ſollen.

Alß vor zeiten zwey Weiber ſich fuͤr dem Koͤnige1. Reg. 3.
24.

Salomon vmb ein Kind gezancket/ hat der Koͤnig ſich
nicht anders geſtellet/ alß ob Er das Kind von einan-
der hawen/ vnd einem jeden Weibe den halben theil
geben wolte. Hier hat die rechte Mutter nicht anders
gemeinet/ als ſie wuͤrde jhr Kind da auff dem platze
laſſen muſſen: Darumb bietet ſie ſo trewlich/ man ſol-
le nur das Kind leben laſſen/ ſie wolte es der andern
lieber gar geben/ alß todt fuͤr jhren augen ſehen. Aber
was geſchicht? Da die Mutter anders nichts als jhres
Kindes gewiſſen tod fuͤr augen ſiehet/ da wendet ſich
das blat vmb/ vnnd wird aus dem tode lauter leben.

Denn der Koͤnig erkennet aus jhrer hertzlichen vnnd
ſchmertzlichen vorbitt/ daß ſie deß Kindes rechte Mut-
ter ſey/ leßt jhr derowegen daſſelbe friſch vnd geſund
zuſtellen.

Eine ſolche gelegenheit hat es auch mit vnſern
verſtorbenen. Wenn wir meinen ſie ſein rein vnd
ſtein todt/ ſo ſollen ſie wieder lebendig vnnd vnß ge-
ſchencket werden: Vnter deſſen ſollen wir vnß damit
troͤſten/ daß jhnen durch den zeitlichen todt nichts boͤ-

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[[29]/0029] behertzigen wolten/ koͤnte es vnmoͤglich ſein/ daß wir vnß nicht zufrieden geben ſolten. Wenn wir aber von Gott dem Herrn ablaſſen/ vnd auff vnſere Kinderlein kommen wollen/ werden wir auch vrſachen genung finden/ warumb wir das trawren einſtellen/ oder je zum wenigſten meßigen ſollen. Alß vor zeiten zwey Weiber ſich fuͤr dem Koͤnige Salomon vmb ein Kind gezancket/ hat der Koͤnig ſich nicht anders geſtellet/ alß ob Er das Kind von einan- der hawen/ vnd einem jeden Weibe den halben theil geben wolte. Hier hat die rechte Mutter nicht anders gemeinet/ als ſie wuͤrde jhr Kind da auff dem platze laſſen muſſen: Darumb bietet ſie ſo trewlich/ man ſol- le nur das Kind leben laſſen/ ſie wolte es der andern lieber gar geben/ alß todt fuͤr jhren augen ſehen. Aber was geſchicht? Da die Mutter anders nichts als jhres Kindes gewiſſen tod fuͤr augen ſiehet/ da wendet ſich das blat vmb/ vnnd wird aus dem tode lauter leben. 1. Reg. 3. 24. Denn der Koͤnig erkennet aus jhrer hertzlichen vnnd ſchmertzlichen vorbitt/ daß ſie deß Kindes rechte Mut- ter ſey/ leßt jhr derowegen daſſelbe friſch vnd geſund zuſtellen. Eine ſolche gelegenheit hat es auch mit vnſern verſtorbenen. Wenn wir meinen ſie ſein rein vnd ſtein todt/ ſo ſollen ſie wieder lebendig vnnd vnß ge- ſchencket werden: Vnter deſſen ſollen wir vnß damit troͤſten/ daß jhnen durch den zeitlichen todt nichts boͤ- ſes D iij

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Zitationshilfe: Albinus, Christoph: Trost Trawriger Eltern. Brieg, 1628, S. [29]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/522424/29>, abgerufen am 28.03.2024.