Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839.An Ebendenselben von Fouque. Bewahren, lieber Eduard, sollen wir die Geschichte Und doch, Eduard, es gibt ernstere und bessere An Ebendenſelben von Fouqué. Bewahren, lieber Eduard, ſollen wir die Geſchichte Und doch, Eduard, es gibt ernſtere und beſſere <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0015" n="[XIII]"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">An Ebendenſelben</hi><lb/> <hi rendition="#g">von<lb/><hi rendition="#b">Fouqué.</hi></hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Bewahren, <hi rendition="#g">lieber Eduard,</hi> ſollen wir die Geſchichte<lb/> des armen Schlemihl, dergeſtalt bewahren, daß ſie<lb/> vor Augen, die nicht hineinzuſehen haben, beſchirmt bleibe.<lb/> Das iſt eine ſchlimme Aufgabe. Es gibt ſolcher Augen eine<lb/> ganze Menge, und welcher Sterbliche kann die Schickſale<lb/> eines Manuſcriptes beſtimmen, eines Dinges, das beinah<lb/> noch ſchlimmer zu hüten iſt, als ein geſprochenes Wort.<lb/> Da mach’ ich’s denn wie ein Schwindelnder, der in der<lb/> Angſt lieber gleich in den Abgrund ſpringt: ich laſſe die<lb/> ganze Geſchichte drucken.</p><lb/> <p>Und doch, <hi rendition="#g">Eduard,</hi> es gibt ernſtere und beſſere<lb/> Gründe für mein Benehmen. Es trügt mich Alles, oder<lb/> in unſerm lieben Deutſchlande ſchlagen der Herzen viel, die<lb/> den armen Schlemihl zu verſtehen fähig ſind und<lb/> auch werth, und über manch eines ächten Landsmannes<lb/> Geſicht wird bei dem herben Scherz, den das Leben mit<lb/> ihm, und bei dem argloſen, den er mit ſich ſelbſt treibt,<lb/> ein gerührtes Lächeln ziehn. Und du, mein <hi rendition="#g">Eduard,</hi><lb/> wenn Du das grundehrliche Buch anſiehſt, und dabei<lb/> denkſt, daß viele unbekannte Herzensverwandte es mit uns<lb/> lieben lernen, fühlſt auch vielleicht einen Balſamtro-<lb/> pfen in die heiße Wunde fallen, die Dir und Allen, die<lb/> Dich lieben, der Tod geſchlagen hat.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [[XIII]/0015]
An Ebendenſelben
von
Fouqué.
Bewahren, lieber Eduard, ſollen wir die Geſchichte
des armen Schlemihl, dergeſtalt bewahren, daß ſie
vor Augen, die nicht hineinzuſehen haben, beſchirmt bleibe.
Das iſt eine ſchlimme Aufgabe. Es gibt ſolcher Augen eine
ganze Menge, und welcher Sterbliche kann die Schickſale
eines Manuſcriptes beſtimmen, eines Dinges, das beinah
noch ſchlimmer zu hüten iſt, als ein geſprochenes Wort.
Da mach’ ich’s denn wie ein Schwindelnder, der in der
Angſt lieber gleich in den Abgrund ſpringt: ich laſſe die
ganze Geſchichte drucken.
Und doch, Eduard, es gibt ernſtere und beſſere
Gründe für mein Benehmen. Es trügt mich Alles, oder
in unſerm lieben Deutſchlande ſchlagen der Herzen viel, die
den armen Schlemihl zu verſtehen fähig ſind und
auch werth, und über manch eines ächten Landsmannes
Geſicht wird bei dem herben Scherz, den das Leben mit
ihm, und bei dem argloſen, den er mit ſich ſelbſt treibt,
ein gerührtes Lächeln ziehn. Und du, mein Eduard,
wenn Du das grundehrliche Buch anſiehſt, und dabei
denkſt, daß viele unbekannte Herzensverwandte es mit uns
lieben lernen, fühlſt auch vielleicht einen Balſamtro-
pfen in die heiße Wunde fallen, die Dir und Allen, die
Dich lieben, der Tod geſchlagen hat.
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