Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839.und war wie ein Vogel, den eine Schlange gebannt hat. Er "Möge der Herr meine Zudringlichkeit entschuldigen, wenn Er nahm nach einem Augenblick des Schweigens wieder Er schwieg, und mir ging's wie ein Mühlrad im Kopfe "Ei, ei! guter Freund, habt Ihr denn nicht an Eurem und war wie ein Vogel, den eine Schlange gebannt hat. Er »Möge der Herr meine Zudringlichkeit entſchuldigen, wenn Er nahm nach einem Augenblick des Schweigens wieder Er ſchwieg, und mir ging’s wie ein Mühlrad im Kopfe »Ei, ei! guter Freund, habt Ihr denn nicht an Eurem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0025" n="7"/> und war wie ein Vogel, den eine Schlange gebannt hat. Er<lb/> ſelber ſchien ſehr verlegen zu ſein; er hob den Blick nicht auf,<lb/> verbeugte ſich zu verſchiedenen Malen, trat näher, und redete<lb/> mich an mit leiſer, unſicherer Stimme, ungefähr im Tone<lb/> eines Bettelnden.</p><lb/> <p>»Möge der Herr meine Zudringlichkeit entſchuldigen, wenn<lb/> ich es wage, ihn ſo unbekannter Weiſe aufzuſuchen, ich habe<lb/> eine Bitte an ihn. Vergönnen Sie gnädigſt —« — »Aber<lb/> um Gotteswillen, mein Herr!« brach ich in meiner Angſt<lb/> aus, »was kann ich für einen Mann thun, der —« wir ſtutz-<lb/> ten Beide, und wurden, wie mir däucht, roth.</p><lb/> <p>Er nahm nach einem Augenblick des Schweigens wieder<lb/> das Wort: »Während der kurzen Zeit, wo ich das Glück<lb/> genoß, mich in ihrer Nähe zu befinden, hab’ ich, mein Herr,<lb/> einige Mal — erlauben Sie, daß ich es Ihnen ſage — wirk-<lb/> lich mit unausſprechlicher Bewunderung den ſchönen, ſchönen<lb/> Schatten betrachten können, den Sie in der Sonne, und gleich-<lb/> ſam mit einer gewiſſen edlen Verachtung, ohne ſelbſt darauf<lb/> zu merken, von ſich werfen, den herrlichen Schatten da zu Ihren<lb/> Füßen. Verzeihen Sie mir die freilich kühne Zumuthung.<lb/> Sollten Sie ſich wohl nicht abgeneigt finden, mir dieſen Ihren<lb/> Schatten zu überlaſſen?«</p><lb/> <p>Er ſchwieg, und mir ging’s wie ein Mühlrad im Kopfe<lb/> herum. Was ſollt’ ich aus dem ſeltſamen Antrag machen, mir<lb/> meinen Schatten abzukauſen? Er muß verrückt ſein, dacht’<lb/> ich, und mit verändertem Tone, der zu der Demuth des ſeini-<lb/> gen beſſer paßte, erwiederte ich alſo:</p><lb/> <p>»Ei, ei! guter Freund, habt Ihr denn nicht an Eurem<lb/> eignen Schatten genug? das heiß’ ich mir einen Handel von<lb/> einer ganz abſonderlichen Sorte.« Er fiel ſogleich wieder ein:<lb/> »Ich hab’ in meiner Taſche Manches, was dem Herrn nicht<lb/> ganz unwerth ſcheinen möchte; für dieſen unſchätzbaren Schat-<lb/> ten halt’ ich den höchſten Preis zu gering.«</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [7/0025]
und war wie ein Vogel, den eine Schlange gebannt hat. Er
ſelber ſchien ſehr verlegen zu ſein; er hob den Blick nicht auf,
verbeugte ſich zu verſchiedenen Malen, trat näher, und redete
mich an mit leiſer, unſicherer Stimme, ungefähr im Tone
eines Bettelnden.
»Möge der Herr meine Zudringlichkeit entſchuldigen, wenn
ich es wage, ihn ſo unbekannter Weiſe aufzuſuchen, ich habe
eine Bitte an ihn. Vergönnen Sie gnädigſt —« — »Aber
um Gotteswillen, mein Herr!« brach ich in meiner Angſt
aus, »was kann ich für einen Mann thun, der —« wir ſtutz-
ten Beide, und wurden, wie mir däucht, roth.
Er nahm nach einem Augenblick des Schweigens wieder
das Wort: »Während der kurzen Zeit, wo ich das Glück
genoß, mich in ihrer Nähe zu befinden, hab’ ich, mein Herr,
einige Mal — erlauben Sie, daß ich es Ihnen ſage — wirk-
lich mit unausſprechlicher Bewunderung den ſchönen, ſchönen
Schatten betrachten können, den Sie in der Sonne, und gleich-
ſam mit einer gewiſſen edlen Verachtung, ohne ſelbſt darauf
zu merken, von ſich werfen, den herrlichen Schatten da zu Ihren
Füßen. Verzeihen Sie mir die freilich kühne Zumuthung.
Sollten Sie ſich wohl nicht abgeneigt finden, mir dieſen Ihren
Schatten zu überlaſſen?«
Er ſchwieg, und mir ging’s wie ein Mühlrad im Kopfe
herum. Was ſollt’ ich aus dem ſeltſamen Antrag machen, mir
meinen Schatten abzukauſen? Er muß verrückt ſein, dacht’
ich, und mit verändertem Tone, der zu der Demuth des ſeini-
gen beſſer paßte, erwiederte ich alſo:
»Ei, ei! guter Freund, habt Ihr denn nicht an Eurem
eignen Schatten genug? das heiß’ ich mir einen Handel von
einer ganz abſonderlichen Sorte.« Er fiel ſogleich wieder ein:
»Ich hab’ in meiner Taſche Manches, was dem Herrn nicht
ganz unwerth ſcheinen möchte; für dieſen unſchätzbaren Schat-
ten halt’ ich den höchſten Preis zu gering.«
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |