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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839.

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Die Kanonen wurden immer frischweg abgefeuert. -- Der
Wagen hielt vor meinem Hause; ich sprang behend' in die
Thür, die Menge theilend, die die Begierde, mich zu sehen,
herbeigerufen hatte. Der Pöbel schrie Vivat unter meinem
Fenster, und ich ließ doppelte Dukaten daraus regnen. Am
Abend war die Stadt freiwillig erleuchtet. --

Und ich wußte immer noch nicht, was das alles bedeuten
sollte und für wen ich angesehen wurde. Ich schickte Ras-
cal
'n auf Kundschaft aus. Er ließ sich denn erzählen, was-
maßen man bereits sichere Nachrichten gehabt, der gute König
von Preußen reise unter dem Namen eines Grafen durch das
Land; wie mein Adjutant erkannt worden sey, und wie er
sich und mich verrathen habe; wie groß endlich die Freude
gewesen, da man die Gewißheit gehabt, mich im Orte selbst
zu besitzen. Nun sah man freilich ein, da ich offenbar das
strengste Incognito beobachten wolle, wie sehr man Unrecht
gehabt, den Schleier so zudringlich zu lüften. Ich hätte aber
so huldreich, so gnadenvoll gezürnt, -- ich würde gewiß dem
guten Herzen verzeihen müssen.

Meinem Schlingel kam die Sache so spaßhaft vor, daß
er mit strafenden Reden sein Möglichstes that, die guten Leute
einstweilen in ihrem Glauben zu bestärken. Er stattete mir
einen sehr komischen Bericht ab, und da er mich dadurch erhei-
tert sah, gab er mir selbst seine verübte Bosheit zum Besten.
-- Muß ich's bekennen? Es schmeichelte mir doch, sei es auch
nur so, für das verehrte Haupt angesehen worden zu sein.

Ich hieß zu dem morgenden Abend unter den Bäumen,
die den Raum vor meinem Hause beschatteten, ein Fest berei-
ten und die ganze Stadt dazu einladen. Der geheimnißreichen
Kraft meines Seckels, Bendel's Bemühungen und der be-
henden Erfindsamkeit Rascal's gelang es, selbst die Zeit
zu besiegen. Es ist wirklich erstaunlich, wie reich und schön
sich Alles in den wenigen Stunden anordnete. Die Pracht

Die Kanonen wurden immer friſchweg abgefeuert. — Der
Wagen hielt vor meinem Hauſe; ich ſprang behend’ in die
Thür, die Menge theilend, die die Begierde, mich zu ſehen,
herbeigerufen hatte. Der Pöbel ſchrie Vivat unter meinem
Fenſter, und ich ließ doppelte Dukaten daraus regnen. Am
Abend war die Stadt freiwillig erleuchtet. —

Und ich wußte immer noch nicht, was das alles bedeuten
ſollte und für wen ich angeſehen wurde. Ich ſchickte Ras-
cal
’n auf Kundſchaft aus. Er ließ ſich denn erzählen, was-
maßen man bereits ſichere Nachrichten gehabt, der gute König
von Preußen reiſe unter dem Namen eines Grafen durch das
Land; wie mein Adjutant erkannt worden ſey, und wie er
ſich und mich verrathen habe; wie groß endlich die Freude
geweſen, da man die Gewißheit gehabt, mich im Orte ſelbſt
zu beſitzen. Nun ſah man freilich ein, da ich offenbar das
ſtrengſte Incognito beobachten wolle, wie ſehr man Unrecht
gehabt, den Schleier ſo zudringlich zu lüften. Ich hätte aber
ſo huldreich, ſo gnadenvoll gezürnt, — ich würde gewiß dem
guten Herzen verzeihen müſſen.

Meinem Schlingel kam die Sache ſo ſpaßhaft vor, daß
er mit ſtrafenden Reden ſein Möglichſtes that, die guten Leute
einſtweilen in ihrem Glauben zu beſtärken. Er ſtattete mir
einen ſehr komiſchen Bericht ab, und da er mich dadurch erhei-
tert ſah, gab er mir ſelbſt ſeine verübte Bosheit zum Beſten.
— Muß ich’s bekennen? Es ſchmeichelte mir doch, ſei es auch
nur ſo, für das verehrte Haupt angeſehen worden zu ſein.

Ich hieß zu dem morgenden Abend unter den Bäumen,
die den Raum vor meinem Hauſe beſchatteten, ein Feſt berei-
ten und die ganze Stadt dazu einladen. Der geheimnißreichen
Kraft meines Seckels, Bendel’s Bemühungen und der be-
henden Erfindſamkeit Rascal’s gelang es, ſelbſt die Zeit
zu beſiegen. Es iſt wirklich erſtaunlich, wie reich und ſchön
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[26/0044] Die Kanonen wurden immer friſchweg abgefeuert. — Der Wagen hielt vor meinem Hauſe; ich ſprang behend’ in die Thür, die Menge theilend, die die Begierde, mich zu ſehen, herbeigerufen hatte. Der Pöbel ſchrie Vivat unter meinem Fenſter, und ich ließ doppelte Dukaten daraus regnen. Am Abend war die Stadt freiwillig erleuchtet. — Und ich wußte immer noch nicht, was das alles bedeuten ſollte und für wen ich angeſehen wurde. Ich ſchickte Ras- cal’n auf Kundſchaft aus. Er ließ ſich denn erzählen, was- maßen man bereits ſichere Nachrichten gehabt, der gute König von Preußen reiſe unter dem Namen eines Grafen durch das Land; wie mein Adjutant erkannt worden ſey, und wie er ſich und mich verrathen habe; wie groß endlich die Freude geweſen, da man die Gewißheit gehabt, mich im Orte ſelbſt zu beſitzen. Nun ſah man freilich ein, da ich offenbar das ſtrengſte Incognito beobachten wolle, wie ſehr man Unrecht gehabt, den Schleier ſo zudringlich zu lüften. Ich hätte aber ſo huldreich, ſo gnadenvoll gezürnt, — ich würde gewiß dem guten Herzen verzeihen müſſen. Meinem Schlingel kam die Sache ſo ſpaßhaft vor, daß er mit ſtrafenden Reden ſein Möglichſtes that, die guten Leute einſtweilen in ihrem Glauben zu beſtärken. Er ſtattete mir einen ſehr komiſchen Bericht ab, und da er mich dadurch erhei- tert ſah, gab er mir ſelbſt ſeine verübte Bosheit zum Beſten. — Muß ich’s bekennen? Es ſchmeichelte mir doch, ſei es auch nur ſo, für das verehrte Haupt angeſehen worden zu ſein. Ich hieß zu dem morgenden Abend unter den Bäumen, die den Raum vor meinem Hauſe beſchatteten, ein Feſt berei- ten und die ganze Stadt dazu einladen. Der geheimnißreichen Kraft meines Seckels, Bendel’s Bemühungen und der be- henden Erfindſamkeit Rascal’s gelang es, ſelbſt die Zeit zu beſiegen. Es iſt wirklich erſtaunlich, wie reich und ſchön ſich Alles in den wenigen Stunden anordnete. Die Pracht

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/Yw_7531_1/44>, abgerufen am 21.11.2024.