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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839.

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er besonders änglich umher lauschte. Denn daß ich an und
für mich schattenlos war, hatte er vorher nicht Muße gehabt
zu bemerken, und konnte es nicht vermuthen. Als er sich
überzeugt, daß jede Spur verschwunden, kehrte er in der
höchsten Verzweiflung die Hand gegen sich selber und raufte
sich das Haar aus. Mir aber gab der errungene Schatz die
Möglichkeit und die Begierde zugleich, mich wieder unter die
Menschen zu mischen. Es fehlte mir nicht an Vorwand gegen
mich selber, meinen schnöden Raub zu beschönigen, oder viel-
mehr, ich bedurfte solches nicht, und jedem Gedanken der
Art zu entweichen, eilte ich hinweg, nach dem Unglücklichen
nicht zurückschauend, dessen ängstliche Stimme ich mir noch
lange nachhallen hörte. So wenigstens kamen mir damals
alle Umstände dieses Ereignisses vor.

Ich brannte nach dem Förstergarten zu gehen, und durch
mich selbst die Wahrheit dessen zu erkennen, was mir jener
Verhaßte verkündigt hatte; ich wußte aber nicht, wo ich war,
ich bestieg, um mich in der Gegend umzuschauen, den näch-
sten Hügel, ich sah von seinem Gipfel das nahe Städtchen
und den Förstergarten zu meinen Füßen liegen. -- Heftig
klopfte mir das Herz, und Thränen einer andern Art, als die
ich bis dahin vergossen, traten mir in die Augen: ich sollte sie
wiedersehen. -- Bange Sehnsucht beschleunigte meine Schritte
auf dem richtigsten Pfad hinab. Ich kam ungesehen an eini-
gen Bauern vorbei, die aus der Stadt kamen. Sie sprachen
von mir, Rascal'n und dem Förster; ich wollte nichts an-
hören, ich eilte vorüber.

Ich trat in den Garten, alle Schauer der Erwartung in
der Brust -- mir schallte es wie ein Lachen entgegen, mich
schauderte, ich warf einen schnellen Blick um mich her; ich
konnte Niemanden entdecken. Ich schritt weiter vor, mir
war's, als vernähme ich neben mir ein Geräusch wie von
Menschentritten; es war aber nichts zu sehen: ich dachte

er beſonders änglich umher lauſchte. Denn daß ich an und
für mich ſchattenlos war, hatte er vorher nicht Muße gehabt
zu bemerken, und konnte es nicht vermuthen. Als er ſich
überzeugt, daß jede Spur verſchwunden, kehrte er in der
höchſten Verzweiflung die Hand gegen ſich ſelber und raufte
ſich das Haar aus. Mir aber gab der errungene Schatz die
Möglichkeit und die Begierde zugleich, mich wieder unter die
Menſchen zu miſchen. Es fehlte mir nicht an Vorwand gegen
mich ſelber, meinen ſchnöden Raub zu beſchönigen, oder viel-
mehr, ich bedurfte ſolches nicht, und jedem Gedanken der
Art zu entweichen, eilte ich hinweg, nach dem Unglücklichen
nicht zurückſchauend, deſſen ängſtliche Stimme ich mir noch
lange nachhallen hörte. So wenigſtens kamen mir damals
alle Umſtände dieſes Ereigniſſes vor.

Ich brannte nach dem Förſtergarten zu gehen, und durch
mich ſelbſt die Wahrheit deſſen zu erkennen, was mir jener
Verhaßte verkündigt hatte; ich wußte aber nicht, wo ich war,
ich beſtieg, um mich in der Gegend umzuſchauen, den näch-
ſten Hügel, ich ſah von ſeinem Gipfel das nahe Städtchen
und den Förſtergarten zu meinen Füßen liegen. — Heftig
klopfte mir das Herz, und Thränen einer andern Art, als die
ich bis dahin vergoſſen, traten mir in die Augen: ich ſollte ſie
wiederſehen. — Bange Sehnſucht beſchleunigte meine Schritte
auf dem richtigſten Pfad hinab. Ich kam ungeſehen an eini-
gen Bauern vorbei, die aus der Stadt kamen. Sie ſprachen
von mir, Rascal’n und dem Förſter; ich wollte nichts an-
hören, ich eilte vorüber.

Ich trat in den Garten, alle Schauer der Erwartung in
der Bruſt — mir ſchallte es wie ein Lachen entgegen, mich
ſchauderte, ich warf einen ſchnellen Blick um mich her; ich
konnte Niemanden entdecken. Ich ſchritt weiter vor, mir
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[47/0065] er beſonders änglich umher lauſchte. Denn daß ich an und für mich ſchattenlos war, hatte er vorher nicht Muße gehabt zu bemerken, und konnte es nicht vermuthen. Als er ſich überzeugt, daß jede Spur verſchwunden, kehrte er in der höchſten Verzweiflung die Hand gegen ſich ſelber und raufte ſich das Haar aus. Mir aber gab der errungene Schatz die Möglichkeit und die Begierde zugleich, mich wieder unter die Menſchen zu miſchen. Es fehlte mir nicht an Vorwand gegen mich ſelber, meinen ſchnöden Raub zu beſchönigen, oder viel- mehr, ich bedurfte ſolches nicht, und jedem Gedanken der Art zu entweichen, eilte ich hinweg, nach dem Unglücklichen nicht zurückſchauend, deſſen ängſtliche Stimme ich mir noch lange nachhallen hörte. So wenigſtens kamen mir damals alle Umſtände dieſes Ereigniſſes vor. Ich brannte nach dem Förſtergarten zu gehen, und durch mich ſelbſt die Wahrheit deſſen zu erkennen, was mir jener Verhaßte verkündigt hatte; ich wußte aber nicht, wo ich war, ich beſtieg, um mich in der Gegend umzuſchauen, den näch- ſten Hügel, ich ſah von ſeinem Gipfel das nahe Städtchen und den Förſtergarten zu meinen Füßen liegen. — Heftig klopfte mir das Herz, und Thränen einer andern Art, als die ich bis dahin vergoſſen, traten mir in die Augen: ich ſollte ſie wiederſehen. — Bange Sehnſucht beſchleunigte meine Schritte auf dem richtigſten Pfad hinab. Ich kam ungeſehen an eini- gen Bauern vorbei, die aus der Stadt kamen. Sie ſprachen von mir, Rascal’n und dem Förſter; ich wollte nichts an- hören, ich eilte vorüber. Ich trat in den Garten, alle Schauer der Erwartung in der Bruſt — mir ſchallte es wie ein Lachen entgegen, mich ſchauderte, ich warf einen ſchnellen Blick um mich her; ich konnte Niemanden entdecken. Ich ſchritt weiter vor, mir war’s, als vernähme ich neben mir ein Geräuſch wie von Menſchentritten; es war aber nichts zu ſehen: ich dachte

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/Yw_7531_1/65>, abgerufen am 21.11.2024.