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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839.

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mes Zeug! er hat doch einen untadlichen Schatten" --
"Du hast Recht, aber -- --"

Der Mann im grauen Rock lachte und sah mich an. Die
Thüre ging auf, und Mina trat heraus. Sie stützte sich auf
den Arm einer Kammerfrau, stille Thränen flossen auf ihre
schönen blassen Wangen. Sie setzte sich in einen Sessel, der
für sie unter den Linden bereitet war, und ihr Vater nahm
einen Stuhl neben ihr. Er faßte zärtlich ihre Hand, und
redete sie, die heftiger zu weinen anfing, mit zarten Wor-
ten an:

"Du bist mein gutes, liebes Kind, Du wirst auch ver-
nünftig sein, wirst nicht Deinen alten Vater betrüben wol-
len, der nur Dein Glück will; ich begreife es wohl, liebes
Herz, daß es Dich sehr erschüttert hat, Du bist wunderbar
Deinem Unglück entkommen! Bevor wir den schändlichen Be-
trug entdeckt, hast Du diesen Unwürdigen sehr geliebt; siehe,
Mina, ich weiß es, und mache Dir keine Vorwürfe dar-
über. Ich selber, liebes Kind, habe ihn auch geliebt, so lange
ich ihn für einen großen Herrn angesehen habe. Nun siehst
Du selber ein, wie anders Alles geworden. Was! ein jeder
Pudel hat ja seinen Schatten, und mein liebes einziges Kind
sollte einen Mann -- -- Nein, Du denkst auch gar nicht
mehr an ihn. -- Höre, Mina, nun wirbt ein Mann um
Dich, der die Sonne nicht scheut, ein geehrter Mann, der
freilich kein Fürst ist, aber zehn Millionen, zehnmal mehr
als Du im Vermögen besitzt, ein Mann, der mein liebes
Kind glücklich machen wird. Erwiedere mir nichts, widersetze
Dich nicht, sei meine gute, gehorsame Tochter, laß Deinen
liebenden Vater für Dich sorgen, Deine Thränen trocknen.
Versprich mir, dem Herrn Rascal Deine Hand zu geben.
-- Sage, willst Du mir dies versprechen?" --

Sie antwortete mit erstorbener Stimme: "Ich habe kei-
nen Willen, keinen Wunsch fürder auf Erden. Geschehe mit

mes Zeug! er hat doch einen untadlichen Schatten« —
»Du haſt Recht, aber — —«

Der Mann im grauen Rock lachte und ſah mich an. Die
Thüre ging auf, und Mina trat heraus. Sie ſtützte ſich auf
den Arm einer Kammerfrau, ſtille Thränen floſſen auf ihre
ſchönen blaſſen Wangen. Sie ſetzte ſich in einen Seſſel, der
für ſie unter den Linden bereitet war, und ihr Vater nahm
einen Stuhl neben ihr. Er faßte zärtlich ihre Hand, und
redete ſie, die heftiger zu weinen anfing, mit zarten Wor-
ten an:

»Du biſt mein gutes, liebes Kind, Du wirſt auch ver-
nünftig ſein, wirſt nicht Deinen alten Vater betrüben wol-
len, der nur Dein Glück will; ich begreife es wohl, liebes
Herz, daß es Dich ſehr erſchüttert hat, Du biſt wunderbar
Deinem Unglück entkommen! Bevor wir den ſchändlichen Be-
trug entdeckt, haſt Du dieſen Unwürdigen ſehr geliebt; ſiehe,
Mina, ich weiß es, und mache Dir keine Vorwürfe dar-
über. Ich ſelber, liebes Kind, habe ihn auch geliebt, ſo lange
ich ihn für einen großen Herrn angeſehen habe. Nun ſiehſt
Du ſelber ein, wie anders Alles geworden. Was! ein jeder
Pudel hat ja ſeinen Schatten, und mein liebes einziges Kind
ſollte einen Mann — — Nein, Du denkſt auch gar nicht
mehr an ihn. — Höre, Mina, nun wirbt ein Mann um
Dich, der die Sonne nicht ſcheut, ein geehrter Mann, der
freilich kein Fürſt iſt, aber zehn Millionen, zehnmal mehr
als Du im Vermögen beſitzt, ein Mann, der mein liebes
Kind glücklich machen wird. Erwiedere mir nichts, widerſetze
Dich nicht, ſei meine gute, gehorſame Tochter, laß Deinen
liebenden Vater für Dich ſorgen, Deine Thränen trocknen.
Verſprich mir, dem Herrn Rascal Deine Hand zu geben.
— Sage, willſt Du mir dies verſprechen?« —

Sie antwortete mit erſtorbener Stimme: »Ich habe kei-
nen Willen, keinen Wunſch fürder auf Erden. Geſchehe mit

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[50/0068] mes Zeug! er hat doch einen untadlichen Schatten« — »Du haſt Recht, aber — —« Der Mann im grauen Rock lachte und ſah mich an. Die Thüre ging auf, und Mina trat heraus. Sie ſtützte ſich auf den Arm einer Kammerfrau, ſtille Thränen floſſen auf ihre ſchönen blaſſen Wangen. Sie ſetzte ſich in einen Seſſel, der für ſie unter den Linden bereitet war, und ihr Vater nahm einen Stuhl neben ihr. Er faßte zärtlich ihre Hand, und redete ſie, die heftiger zu weinen anfing, mit zarten Wor- ten an: »Du biſt mein gutes, liebes Kind, Du wirſt auch ver- nünftig ſein, wirſt nicht Deinen alten Vater betrüben wol- len, der nur Dein Glück will; ich begreife es wohl, liebes Herz, daß es Dich ſehr erſchüttert hat, Du biſt wunderbar Deinem Unglück entkommen! Bevor wir den ſchändlichen Be- trug entdeckt, haſt Du dieſen Unwürdigen ſehr geliebt; ſiehe, Mina, ich weiß es, und mache Dir keine Vorwürfe dar- über. Ich ſelber, liebes Kind, habe ihn auch geliebt, ſo lange ich ihn für einen großen Herrn angeſehen habe. Nun ſiehſt Du ſelber ein, wie anders Alles geworden. Was! ein jeder Pudel hat ja ſeinen Schatten, und mein liebes einziges Kind ſollte einen Mann — — Nein, Du denkſt auch gar nicht mehr an ihn. — Höre, Mina, nun wirbt ein Mann um Dich, der die Sonne nicht ſcheut, ein geehrter Mann, der freilich kein Fürſt iſt, aber zehn Millionen, zehnmal mehr als Du im Vermögen beſitzt, ein Mann, der mein liebes Kind glücklich machen wird. Erwiedere mir nichts, widerſetze Dich nicht, ſei meine gute, gehorſame Tochter, laß Deinen liebenden Vater für Dich ſorgen, Deine Thränen trocknen. Verſprich mir, dem Herrn Rascal Deine Hand zu geben. — Sage, willſt Du mir dies verſprechen?« — Sie antwortete mit erſtorbener Stimme: »Ich habe kei- nen Willen, keinen Wunſch fürder auf Erden. Geſchehe mit

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/Yw_7531_1/68>, abgerufen am 21.11.2024.