Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

Bild:
<< vorherige Seite
GUARINI
Und was vor Eitelkeit da mehr zu Schwange geht.
Doch gienge diß noch alles hin:
Sehn wir die Sitten an/ so finden wir desgleichen.
Was um und an dir ist hat falschen Grund.
Eröffnet sich dein schlauer Mund/
So ist das Hertze weit davon.
Die Seuffzer sind ein leerer Thon/
Die mit dem Rauch in leichte Lufft entweichen.
Das Auge spielt mit abgerichten Blicken/
Kan einen Strahl an wie viel Orte schicken.
Du gehest oder stehst/ du redest oder schweigest/
Du blickest oder nicht/ du weinest oder lachst/
Du singest oder springst/ du schläffest oder wachst/
Du hassest oder liebst/ so weiß ich/ du betreugest;
Am meisten aber den/ der dir am meisten traut.
Du trägest alle Schuld/ so man der Liebe giebt:
Doch träget sie vielmehr/ wer seine Hoffnung baut
Auff deiner Falschheit Eiß. Daß ich dich ie geliebt/
Corisca/ falsches Weib/ und mich verführen lassen/
Muß ich die Schuld izt selbst auff meinen Rücken fassen.
Du bist von Argos mir zur Straffe/ gläub ich/ kommen/
Wo alle Büberey hat ihren Sitz genommen.
Doch weist du so geschickt dein Hertze zu verstellen
Mit angemaßtem Schein ertichter Erbarkeit/
Daß du dich ohne Scheu zu denen darffst gesellen/
Die unser Laud erkennt vor Blumen dieser Zeit
Und unsrer Jugend Ruhm. Was hab' ich ausgestanden!
Was hab' ich offt gethan aus Liebe gegen dir/
Das mich izt schamrot macht! Ich werde klug mit Schanden
Mit Schaden unterricht. Verliebte lernt von mir.
Macht euch ein schönes Weib nicht selbst zum eiteln Götzen;
Sie wird euch sonsten Koth/ sich eine Göttin schätzen/
Wird ihr vor lauter Ernst und Warheit bilden ein/
Was eure Heucheley pflegt von ihr auszuschreyn.
Was nuzt die Dienstbarkeit/ diß Bitten/ dieses Sehnen/
Die Seuffzer ohne Zahl/ die ungemeßnen Thränen/
Das Liegen zu den Knien/ das Bücken zu der Erde/
Als daß ihr stoltzer Sinn dadurch gestärcket werde?
De-
GUARINI
Und was vor Eitelkeit da mehr zu Schwange geht.
Doch gienge diß noch alles hin:
Sehn wir die Sitten an/ ſo finden wir desgleichen.
Was um und an dir iſt hat falſchen Grund.
Eroͤffnet ſich dein ſchlauer Mund/
So iſt das Hertze weit davon.
Die Seuffzer ſind ein leerer Thon/
Die mit dem Rauch in leichte Lufft entweichen.
Das Auge ſpielt mit abgerichten Blicken/
Kan einen Strahl an wie viel Orte ſchicken.
Du geheſt oder ſtehſt/ du redeſt oder ſchweigeſt/
Du blickeſt oder nicht/ du weineſt oder lachſt/
Du ſingeſt oder ſpringſt/ du ſchlaͤffeſt oder wachſt/
Du haſſeſt oder liebſt/ ſo weiß ich/ du betreugeſt;
Am meiſten aber den/ der dir am meiſten traut.
Du traͤgeſt alle Schuld/ ſo man der Liebe giebt:
Doch traͤget ſie vielmehr/ wer ſeine Hoffnung baut
Auff deiner Falſchheit Eiß. Daß ich dich ie geliebt/
Coriſca/ falſches Weib/ und mich verfuͤhren laſſen/
Muß ich die Schuld izt ſelbſt auff meinen Ruͤcken faſſen.
Du biſt von Argos mir zur Straffe/ glaͤub ich/ kommen/
Wo alle Buͤberey hat ihren Sitz genommen.
Doch weiſt du ſo geſchickt dein Hertze zu verſtellen
Mit angemaßtem Schein ertichter Erbarkeit/
Daß du dich ohne Scheu zu denen darffſt geſellen/
Die unſer Laud erkennt vor Blumen dieſer Zeit
Und unſrer Jugend Ruhm. Was hab’ ich ausgeſtanden!
Was hab’ ich offt gethan aus Liebe gegen dir/
Das mich izt ſchamrot macht! Ich werde klug mit Schanden
Mit Schaden unterricht. Verliebte lernt von mir.
Macht euch ein ſchoͤnes Weib nicht ſelbſt zum eiteln Goͤtzen;
Sie wird euch ſonſten Koth/ ſich eine Goͤttin ſchaͤtzen/
Wird ihr vor lauter Ernſt und Warheit bilden ein/
Was eure Heucheley pflegt von ihr auszuſchreyn.
Was nuzt die Dienſtbarkeit/ diß Bitten/ dieſes Sehnen/
Die Seuffzer ohne Zahl/ die ungemeßnen Thraͤnen/
Das Liegen zu den Knien/ das Buͤcken zu der Erde/
Als daß ihr ſtoltzer Sinn dadurch geſtaͤrcket werde?
De-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp>
              <p><pb facs="#f0138" n="38"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">GUARINI</hi></hi></fw><lb/>
Und was vor Eitelkeit da mehr zu Schwange geht.<lb/>
Doch gienge diß noch alles hin:<lb/>
Sehn wir die Sitten an/ &#x017F;o finden wir desgleichen.<lb/>
Was um und an dir i&#x017F;t hat fal&#x017F;chen Grund.<lb/>
Ero&#x0364;ffnet &#x017F;ich dein &#x017F;chlauer Mund/<lb/>
So i&#x017F;t das Hertze weit davon.<lb/>
Die Seuffzer &#x017F;ind ein leerer Thon/<lb/>
Die mit dem Rauch in leichte Lufft entweichen.<lb/>
Das Auge &#x017F;pielt mit abgerichten Blicken/<lb/>
Kan einen Strahl an wie viel Orte &#x017F;chicken.<lb/>
Du gehe&#x017F;t oder &#x017F;teh&#x017F;t/ du rede&#x017F;t oder &#x017F;chweige&#x017F;t/<lb/>
Du blicke&#x017F;t oder nicht/ du weine&#x017F;t oder lach&#x017F;t/<lb/>
Du &#x017F;inge&#x017F;t oder &#x017F;pring&#x017F;t/ du &#x017F;chla&#x0364;ffe&#x017F;t oder wach&#x017F;t/<lb/>
Du ha&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t oder lieb&#x017F;t/ &#x017F;o weiß ich/ du betreuge&#x017F;t;<lb/>
Am mei&#x017F;ten aber den/ der dir am mei&#x017F;ten traut.<lb/>
Du tra&#x0364;ge&#x017F;t alle Schuld/ &#x017F;o man der Liebe giebt:<lb/>
Doch tra&#x0364;get &#x017F;ie vielmehr/ wer &#x017F;eine Hoffnung baut<lb/>
Auff deiner Fal&#x017F;chheit Eiß. Daß ich dich ie geliebt/<lb/>
Cori&#x017F;ca/ fal&#x017F;ches Weib/ und mich verfu&#x0364;hren la&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
Muß ich die Schuld izt &#x017F;elb&#x017F;t auff meinen Ru&#x0364;cken fa&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Du bi&#x017F;t von Argos mir zur Straffe/ gla&#x0364;ub ich/ kommen/<lb/>
Wo alle Bu&#x0364;berey hat ihren Sitz genommen.<lb/>
Doch wei&#x017F;t du &#x017F;o ge&#x017F;chickt dein Hertze zu ver&#x017F;tellen<lb/>
Mit angemaßtem Schein ertichter Erbarkeit/<lb/>
Daß du dich ohne Scheu zu denen darff&#x017F;t ge&#x017F;ellen/<lb/>
Die un&#x017F;er Laud erkennt vor Blumen die&#x017F;er Zeit<lb/>
Und un&#x017F;rer Jugend Ruhm. Was hab&#x2019; ich ausge&#x017F;tanden!<lb/>
Was hab&#x2019; ich offt gethan aus Liebe gegen dir/<lb/>
Das mich izt &#x017F;chamrot macht! Ich werde klug mit Schanden<lb/>
Mit Schaden unterricht. Verliebte lernt von mir.<lb/>
Macht euch ein &#x017F;cho&#x0364;nes Weib nicht &#x017F;elb&#x017F;t zum eiteln Go&#x0364;tzen;<lb/>
Sie wird euch &#x017F;on&#x017F;ten Koth/ &#x017F;ich eine Go&#x0364;ttin &#x017F;cha&#x0364;tzen/<lb/>
Wird ihr vor lauter Ern&#x017F;t und Warheit bilden ein/<lb/>
Was eure Heucheley pflegt von ihr auszu&#x017F;chreyn.<lb/>
Was nuzt die Dien&#x017F;tbarkeit/ diß Bitten/ die&#x017F;es Sehnen/<lb/>
Die Seuffzer ohne Zahl/ die ungemeßnen Thra&#x0364;nen/<lb/>
Das Liegen zu den Knien/ das Bu&#x0364;cken zu der Erde/<lb/>
Als daß ihr &#x017F;toltzer Sinn dadurch ge&#x017F;ta&#x0364;rcket werde?<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">De-</fw><lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0138] GUARINI Und was vor Eitelkeit da mehr zu Schwange geht. Doch gienge diß noch alles hin: Sehn wir die Sitten an/ ſo finden wir desgleichen. Was um und an dir iſt hat falſchen Grund. Eroͤffnet ſich dein ſchlauer Mund/ So iſt das Hertze weit davon. Die Seuffzer ſind ein leerer Thon/ Die mit dem Rauch in leichte Lufft entweichen. Das Auge ſpielt mit abgerichten Blicken/ Kan einen Strahl an wie viel Orte ſchicken. Du geheſt oder ſtehſt/ du redeſt oder ſchweigeſt/ Du blickeſt oder nicht/ du weineſt oder lachſt/ Du ſingeſt oder ſpringſt/ du ſchlaͤffeſt oder wachſt/ Du haſſeſt oder liebſt/ ſo weiß ich/ du betreugeſt; Am meiſten aber den/ der dir am meiſten traut. Du traͤgeſt alle Schuld/ ſo man der Liebe giebt: Doch traͤget ſie vielmehr/ wer ſeine Hoffnung baut Auff deiner Falſchheit Eiß. Daß ich dich ie geliebt/ Coriſca/ falſches Weib/ und mich verfuͤhren laſſen/ Muß ich die Schuld izt ſelbſt auff meinen Ruͤcken faſſen. Du biſt von Argos mir zur Straffe/ glaͤub ich/ kommen/ Wo alle Buͤberey hat ihren Sitz genommen. Doch weiſt du ſo geſchickt dein Hertze zu verſtellen Mit angemaßtem Schein ertichter Erbarkeit/ Daß du dich ohne Scheu zu denen darffſt geſellen/ Die unſer Laud erkennt vor Blumen dieſer Zeit Und unſrer Jugend Ruhm. Was hab’ ich ausgeſtanden! Was hab’ ich offt gethan aus Liebe gegen dir/ Das mich izt ſchamrot macht! Ich werde klug mit Schanden Mit Schaden unterricht. Verliebte lernt von mir. Macht euch ein ſchoͤnes Weib nicht ſelbſt zum eiteln Goͤtzen; Sie wird euch ſonſten Koth/ ſich eine Goͤttin ſchaͤtzen/ Wird ihr vor lauter Ernſt und Warheit bilden ein/ Was eure Heucheley pflegt von ihr auszuſchreyn. Was nuzt die Dienſtbarkeit/ diß Bitten/ dieſes Sehnen/ Die Seuffzer ohne Zahl/ die ungemeßnen Thraͤnen/ Das Liegen zu den Knien/ das Buͤcken zu der Erde/ Als daß ihr ſtoltzer Sinn dadurch geſtaͤrcket werde? De-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das Exemplar enthält mehrere Werke. Herausgegeben… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/138
Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/138>, abgerufen am 21.11.2024.