Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

Bild:
<< vorherige Seite
GUARINI
C. Nun wohl/ wie geht es dir? Ist dir numehr gerathen/
Nachdem du hast geredt mit deiner Amarill?
M. Gleich wie der erdurste Krancke
Kommend zu verbotnem Trancke/
Zwar den schwachen Magen füllt/
Doch die Hitze nicht bestillt/
Eh des Lebens Licht verlöscht/
Als den strengen Durst abwäscht;
So ich/ brennend von Verlangen
Schöner Augen/ schöner Wangen/
Derer Hertz von Eise trifft/
Schöpffe nichts als kalte Gifft/
Welche zu dem Hertzen schlägt/
Immer neuen Brand erregt.
C. Der Liebe Glutt vermag nicht mehr in unsern Sinnen/
Als wir ihr selber Stärck und Krafft darzu vergünnen.
Gleich wie der wilde Bär erst bildet mit der Zungen
Die rohe Mißgeburt der ungestalten Jungen;
So sprisst von ersten auch die keimende Begier
In voller Ohnmacht aus/ die ein bethörter Geist
Mit süssem Müßiggang und stillem Schweigen speist/
Mit Träumen unterhält: Dann kreucht die Lieb herfür/
Ein erstlich kleines Kind voll Anmutt und Vergnügen/
Bey deme Freud und Lust in einer Wiege liegen:
Wächst aber dieses auff/ durch Eigen-Lust genährt/
So schlägt es aus der Art/ bemeistert unsre Brust/
Denn schmeckt wie Gall und Gifft die alte Liebes-Kost/
Wird durch die Zeit in Straff und Schwachheit umgekeh
Plagt sich die Seele dann mit einem Gegenstande/
Und hanget selbem an/ wie eine Klett am Bande/
So wird/ was gutten Mutt und Wollust bringen soll/
Zu Schwermutt/ Pein und Angst und ein betrübter Tod/
Wo nicht der Aberwitz/ das Ende solcher Noth.
Drum/ wer sein Leben offt verändert/ handelt wohl.
M. Muß ich unglückselig leben/
Will ich doch beständig seyn/
Und das Leben eh begeben/
Als den Wechsel gehen ein;
S
GUARINI
C. Nun wohl/ wie geht es dir? Iſt dir numehr gerathen/
Nachdem du haſt geredt mit deiner Amarill?
M. Gleich wie der erdurſte Krancke
Kommend zu verbotnem Trancke/
Zwar den ſchwachen Magen fuͤllt/
Doch die Hitze nicht beſtillt/
Eh des Lebens Licht verloͤſcht/
Als den ſtrengen Durſt abwaͤſcht;
So ich/ brennend von Verlangen
Schoͤner Augen/ ſchoͤner Wangen/
Derer Hertz von Eiſe trifft/
Schoͤpffe nichts als kalte Gifft/
Welche zu dem Hertzen ſchlaͤgt/
Immer neuen Brand erregt.
C. Der Liebe Glutt vermag nicht mehr in unſern Sinnen/
Als wir ihr ſelber Staͤrck und Krafft darzu verguͤnnen.
Gleich wie der wilde Baͤr erſt bildet mit der Zungen
Die rohe Mißgeburt der ungeſtalten Jungen;
So ſpriſſt von erſten auch die keimende Begier
In voller Ohnmacht aus/ die ein bethoͤrter Geiſt
Mit ſuͤſſem Muͤßiggang und ſtillem Schweigen ſpeiſt/
Mit Traͤumen unterhaͤlt: Dann kreucht die Lieb herfuͤr/
Ein erſtlich kleines Kind voll Anmutt und Vergnuͤgen/
Bey deme Freud und Luſt in einer Wiege liegen:
Waͤchſt aber dieſes auff/ durch Eigen-Luſt genaͤhrt/
So ſchlaͤgt es aus der Art/ bemeiſtert unſre Bruſt/
Denn ſchmeckt wie Gall und Gifft die alte Liebes-Koſt/
Wird durch die Zeit in Straff und Schwachheit umgekeh
Plagt ſich die Seele dann mit einem Gegenſtande/
Und hanget ſelbem an/ wie eine Klett am Bande/
So wird/ was gutten Mutt und Wolluſt bringen ſoll/
Zu Schwermutt/ Pein und Angſt und ein betruͤbter Tod/
Wo nicht der Aberwitz/ das Ende ſolcher Noth.
Drum/ wer ſein Leben offt veraͤndert/ handelt wohl.
M. Muß ich ungluͤckſelig leben/
Will ich doch beſtaͤndig ſeyn/
Und das Leben eh begeben/
Als den Wechſel gehen ein;
S
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0186" n="86"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#aq">GUARINI</hi> </hi> </fw><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">C.</hi> </speaker>
              <p>Nun wohl/ wie geht es dir? I&#x017F;t dir numehr gerathen/<lb/>
Nachdem du ha&#x017F;t geredt mit deiner Amarill?</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">M.</hi> </speaker>
              <p>Gleich wie der erdur&#x017F;te Krancke<lb/>
Kommend zu verbotnem Trancke/<lb/>
Zwar den &#x017F;chwachen Magen fu&#x0364;llt/<lb/>
Doch die Hitze nicht be&#x017F;tillt/<lb/>
Eh des Lebens Licht verlo&#x0364;&#x017F;cht/<lb/>
Als den &#x017F;trengen Dur&#x017F;t abwa&#x0364;&#x017F;cht;<lb/>
So ich/ brennend von Verlangen<lb/>
Scho&#x0364;ner Augen/ &#x017F;cho&#x0364;ner Wangen/<lb/>
Derer Hertz von Ei&#x017F;e trifft/<lb/>
Scho&#x0364;pffe nichts als kalte Gifft/<lb/>
Welche zu dem Hertzen &#x017F;chla&#x0364;gt/<lb/>
Immer neuen Brand erregt.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">C.</hi> </speaker>
              <p>Der Liebe Glutt vermag nicht mehr in un&#x017F;ern Sinnen/<lb/>
Als wir ihr &#x017F;elber Sta&#x0364;rck und Krafft darzu vergu&#x0364;nnen.<lb/>
Gleich wie der wilde Ba&#x0364;r er&#x017F;t bildet mit der Zungen<lb/>
Die rohe Mißgeburt der unge&#x017F;talten Jungen;<lb/>
So &#x017F;pri&#x017F;&#x017F;t von er&#x017F;ten auch die keimende Begier<lb/>
In voller Ohnmacht aus/ die ein betho&#x0364;rter Gei&#x017F;t<lb/>
Mit &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;em Mu&#x0364;ßiggang und &#x017F;tillem Schweigen &#x017F;pei&#x017F;t/<lb/>
Mit Tra&#x0364;umen unterha&#x0364;lt: Dann kreucht die Lieb herfu&#x0364;r/<lb/>
Ein er&#x017F;tlich kleines Kind voll Anmutt und Vergnu&#x0364;gen/<lb/>
Bey deme Freud und Lu&#x017F;t in einer Wiege liegen:<lb/>
Wa&#x0364;ch&#x017F;t aber die&#x017F;es auff/ durch Eigen-Lu&#x017F;t gena&#x0364;hrt/<lb/>
So &#x017F;chla&#x0364;gt es aus der Art/ bemei&#x017F;tert un&#x017F;re Bru&#x017F;t/<lb/>
Denn &#x017F;chmeckt wie Gall und Gifft die alte Liebes-Ko&#x017F;t/<lb/>
Wird durch die Zeit in Straff und Schwachheit umgekeh<lb/>
Plagt &#x017F;ich die Seele dann mit einem Gegen&#x017F;tande/<lb/>
Und hanget &#x017F;elbem an/ wie eine Klett am Bande/<lb/>
So wird/ was gutten Mutt und Wollu&#x017F;t bringen &#x017F;oll/<lb/>
Zu Schwermutt/ Pein und Ang&#x017F;t und ein betru&#x0364;bter Tod/<lb/>
Wo nicht der Aberwitz/ das Ende &#x017F;olcher Noth.<lb/>
Drum/ wer &#x017F;ein Leben offt vera&#x0364;ndert/ handelt wohl.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">M.</hi> </speaker>
              <p>Muß ich unglu&#x0364;ck&#x017F;elig leben/<lb/>
Will ich doch be&#x017F;ta&#x0364;ndig                             &#x017F;eyn/<lb/>
Und das Leben eh begeben/<lb/>
Als den Wech&#x017F;el                             gehen ein;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">S</fw><lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0186] GUARINI C. Nun wohl/ wie geht es dir? Iſt dir numehr gerathen/ Nachdem du haſt geredt mit deiner Amarill? M. Gleich wie der erdurſte Krancke Kommend zu verbotnem Trancke/ Zwar den ſchwachen Magen fuͤllt/ Doch die Hitze nicht beſtillt/ Eh des Lebens Licht verloͤſcht/ Als den ſtrengen Durſt abwaͤſcht; So ich/ brennend von Verlangen Schoͤner Augen/ ſchoͤner Wangen/ Derer Hertz von Eiſe trifft/ Schoͤpffe nichts als kalte Gifft/ Welche zu dem Hertzen ſchlaͤgt/ Immer neuen Brand erregt. C. Der Liebe Glutt vermag nicht mehr in unſern Sinnen/ Als wir ihr ſelber Staͤrck und Krafft darzu verguͤnnen. Gleich wie der wilde Baͤr erſt bildet mit der Zungen Die rohe Mißgeburt der ungeſtalten Jungen; So ſpriſſt von erſten auch die keimende Begier In voller Ohnmacht aus/ die ein bethoͤrter Geiſt Mit ſuͤſſem Muͤßiggang und ſtillem Schweigen ſpeiſt/ Mit Traͤumen unterhaͤlt: Dann kreucht die Lieb herfuͤr/ Ein erſtlich kleines Kind voll Anmutt und Vergnuͤgen/ Bey deme Freud und Luſt in einer Wiege liegen: Waͤchſt aber dieſes auff/ durch Eigen-Luſt genaͤhrt/ So ſchlaͤgt es aus der Art/ bemeiſtert unſre Bruſt/ Denn ſchmeckt wie Gall und Gifft die alte Liebes-Koſt/ Wird durch die Zeit in Straff und Schwachheit umgekeh Plagt ſich die Seele dann mit einem Gegenſtande/ Und hanget ſelbem an/ wie eine Klett am Bande/ So wird/ was gutten Mutt und Wolluſt bringen ſoll/ Zu Schwermutt/ Pein und Angſt und ein betruͤbter Tod/ Wo nicht der Aberwitz/ das Ende ſolcher Noth. Drum/ wer ſein Leben offt veraͤndert/ handelt wohl. M. Muß ich ungluͤckſelig leben/ Will ich doch beſtaͤndig ſeyn/ Und das Leben eh begeben/ Als den Wechſel gehen ein; S

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das Exemplar enthält mehrere Werke. Herausgegeben… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/186
Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/186>, abgerufen am 21.11.2024.