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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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ADIMARI
23. Die Schöne Weinende.

DU läst/ mein werthes Kind/ die heissen Zähren schiessen:
Mein treues Auge schäzt dein Weinen lauter Wein.
Ich wünschte/ daß du möchtst ein andrer Argus seyn/
Und solche Thränen-Bach aus hundert Augen giessen.
Du edles Seelen-Blutt köntstu in Ströme flüssen/
Wie wolt ich so mit Lust mich in dir tauchen ein.
Die Perlen Indiens sind nicht wie du/ so rein.
Jedweder Tropffen ist statt Spiegels zu genüssen.
O Brunnen/ zugericht ein Blumen-Feld zu netzen/
Man muß eur heilsam Saltz vor kluge Weißheit schätzen;
Ihr wascht/ was eurer Zier den mindsten Flecken gab.
So wird der Liebe Brand gelöscht und ausgeschwizt:
So kühlt/ was Phöbus Glutt den langen Tag erhizt/
Die schöne Morgen-Röth in linden Thränen ab.



Large ubique flendi & assidua materia: moderate id fieri de-
bet a nobis, quod saepe faciendum est. Sen. de Tranq. An.

Lacrymae fluant, quantum affectus ejecerit. Ep. 99.

Dolor per lacrymas effluit. Controv. L. 5.

Omnis adversa fortuna habet in querelis levamentum: co-
git flere, qui non sinit.

Excidunt etiam retinentibus lacrymae, & animum profusae
levant.

Nomini muliebri pene concessum est im moderatum in lacry-
mas jus. Cons. ad Helv.

Plerique lacrymas fundunt, ut ostendant. de Tranq.

Singula stillicidia singula specula sunt. N. Q.

Misero si flere non licet, magis flendum est.


24. Die
ADIMARI
23. Die Schoͤne Weinende.

DU laͤſt/ mein werthes Kind/ die heiſſen Zaͤhren ſchieſſen:
Mein treues Auge ſchaͤzt dein Weinen lauter Wein.
Ich wuͤnſchte/ daß du moͤchtſt ein andrer Argus ſeyn/
Und ſolche Thraͤnen-Bach aus hundert Augen gieſſen.
Du edles Seelen-Blutt koͤntſtu in Stroͤme fluͤſſen/
Wie wolt ich ſo mit Luſt mich in dir tauchen ein.
Die Perlen Indiens ſind nicht wie du/ ſo rein.
Jedweder Tropffen iſt ſtatt Spiegels zu genuͤſſen.
O Brunnen/ zugericht ein Blumen-Feld zu netzen/
Man muß eur heilſam Saltz vor kluge Weißheit ſchaͤtzen;
Ihr waſcht/ was eurer Zier den mindſten Flecken gab.
So wird der Liebe Brand geloͤſcht und ausgeſchwizt:
So kuͤhlt/ was Phoͤbus Glutt den langen Tag erhizt/
Die ſchoͤne Morgen-Roͤth in linden Thraͤnen ab.



Largè ubique flendi & aſſidua materia: moderatè id fieri de-
bet à nobis, quod ſæpe faciendum eſt. Sen. de Tranq. An.

Lacrymæ fluant, quantum affectus ejecerit. Ep. 99.

Dolor per lacrymas effluit. Controv. L. 5.

Omnis adverſa fortuna habet in querelis levamentum: co-
git flere, qui non ſinit.

Excidunt etiam retinentibus lacrymæ, & animum profuſæ
levant.

Nomini muliebri pene conceſſum eſt im moderatum in lacry-
mas jus. Conſ. ad Helv.

Plerique lacrymas fundunt, ut oſtendant. de Tranq.

Singula ſtillicidia ſingula ſpecula ſunt. N. Q.

Miſero ſi flere non licet, magis flendum eſt.


24. Die
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[214/0314] ADIMARI 23. Die Schoͤne Weinende. DU laͤſt/ mein werthes Kind/ die heiſſen Zaͤhren ſchieſſen: Mein treues Auge ſchaͤzt dein Weinen lauter Wein. Ich wuͤnſchte/ daß du moͤchtſt ein andrer Argus ſeyn/ Und ſolche Thraͤnen-Bach aus hundert Augen gieſſen. Du edles Seelen-Blutt koͤntſtu in Stroͤme fluͤſſen/ Wie wolt ich ſo mit Luſt mich in dir tauchen ein. Die Perlen Indiens ſind nicht wie du/ ſo rein. Jedweder Tropffen iſt ſtatt Spiegels zu genuͤſſen. O Brunnen/ zugericht ein Blumen-Feld zu netzen/ Man muß eur heilſam Saltz vor kluge Weißheit ſchaͤtzen; Ihr waſcht/ was eurer Zier den mindſten Flecken gab. So wird der Liebe Brand geloͤſcht und ausgeſchwizt: So kuͤhlt/ was Phoͤbus Glutt den langen Tag erhizt/ Die ſchoͤne Morgen-Roͤth in linden Thraͤnen ab. Largè ubique flendi & aſſidua materia: moderatè id fieri de- bet à nobis, quod ſæpe faciendum eſt. Sen. de Tranq. An. Lacrymæ fluant, quantum affectus ejecerit. Ep. 99. Dolor per lacrymas effluit. Controv. L. 5. Omnis adverſa fortuna habet in querelis levamentum: co- git flere, qui non ſinit. Excidunt etiam retinentibus lacrymæ, & animum profuſæ levant. Nomini muliebri pene conceſſum eſt im moderatum in lacry- mas jus. Conſ. ad Helv. Plerique lacrymas fundunt, ut oſtendant. de Tranq. Singula ſtillicidia ſingula ſpecula ſunt. N. Q. Miſero ſi flere non licet, magis flendum eſt. 24. Die

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/314>, abgerufen am 21.11.2024.