Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.Ehren-Gedächtniß. Geht/ sezt euch zu der Ruh/ geht/ weicht den Ungewittern/ Die das bestürmte Schiff des Hertzogthums erschüttern/ Denn derogleichen Fleiß bringt meistens schlechten Lohn. Ihr tragt/ nachdem ihr euch wie Lichter abgezehret/ Und das bestürzte Haubt mit Sorg und Angst beschwe- ret/ Nichts als ein Sterbe-Kleid/ und eine Grufft davon. So dacht' ich; als der Schmertz noch in der Wunde tobte/ Und wuste selber nicht/ was Hand und Feder schrieb. Ich glaubte/ daß die Welt mein heisses Zagen lobte/ Und fühlte sonst zu nichts Geist/ Regung oder Trieb. Doch wie ich zu mir selbst nur etwas wieder kommen/ So spürt' ich/ daß die Quaal sehr überhand genommen/ Und daß ich fast zu viel in dieser Angst gethan. Denn warum solte man es so gewonnen geben/ Da doch ein löbliches und Ehren-volles Leben/ Der Parzen Tyranney leicht überwinden kan. Ich will nicht nach Athen/ nach Rom und Memphis gehen/ Dein Beyspiel/ theurer Held/ zeigt allen Sonnenklar/ Daß Tugend und Verstand sich aus dem Grab erhöhen/ Indem nichts Sterbliches an dir zu finden war. Hat gleich des Todes Hand die Schalen hingerissen/ Doch soll der Wütterich zu seiner Schande wissen/ Daß Abschatz auff der Bahr' und in dem Sarge lebt/ Indem ein wahrer Ruhm ihn mehr als grosse Tittel/ Als Fahnen/ Helm und Schild/ als Gütter/ Stand und Mittel/ Weit über allen Dampff der düstern Grufft erhebt. Ich könte diesen Satz ohn alle Sorg' ausführen/ Doch weiß ich: dieses Haubt braucht meines Lobes nicht/ Es muß ein Phidias das werthe Bild auszieren/ Indem mir Kunst und Witz zu solcher Müh gebricht. Warum verlanget man von mir ein Leich-Gepränge? Ist (E) 2
Ehren-Gedaͤchtniß. Geht/ ſezt euch zu der Ruh/ geht/ weicht den Ungewittern/ Die das beſtuͤrmte Schiff des Hertzogthums erſchuͤttern/ Denn derogleichen Fleiß bringt meiſtens ſchlechten Lohn. Ihr tragt/ nachdem ihr euch wie Lichter abgezehret/ Und das beſtuͤrzte Haubt mit Sorg und Angſt beſchwe- ret/ Nichts als ein Sterbe-Kleid/ und eine Grufft davon. So dacht’ ich; als der Schmertz noch in der Wunde tobte/ Und wuſte ſelber nicht/ was Hand und Feder ſchrieb. Ich glaubte/ daß die Welt mein heiſſes Zagen lobte/ Und fuͤhlte ſonſt zu nichts Geiſt/ Regung oder Trieb. Doch wie ich zu mir ſelbſt nur etwas wieder kommen/ So ſpuͤrt’ ich/ daß die Quaal ſehr uͤberhand genommen/ Und daß ich faſt zu viel in dieſer Angſt gethan. Denn warum ſolte man es ſo gewonnen geben/ Da doch ein loͤbliches und Ehren-volles Leben/ Der Parzen Tyranney leicht uͤberwinden kan. Ich will nicht nach Athen/ nach Rom und Memphis gehen/ Dein Beyſpiel/ theurer Held/ zeigt allen Sonnenklar/ Daß Tugend und Verſtand ſich aus dem Grab erhoͤhen/ Indem nichts Sterbliches an dir zu finden war. Hat gleich des Todes Hand die Schalen hingeriſſen/ Doch ſoll der Wuͤtterich zu ſeiner Schande wiſſen/ Daß Abſchatz auff der Bahr’ und in dem Sarge lebt/ Indem ein wahrer Ruhm ihn mehr als groſſe Tittel/ Als Fahnen/ Helm und Schild/ als Guͤtter/ Stand und Mittel/ Weit uͤber allen Dampff der duͤſtern Grufft erhebt. Ich koͤnte dieſen Satz ohn alle Sorg’ ausfuͤhren/ Doch weiß ich: dieſes Haubt braucht meines Lobes nicht/ Es muß ein Phidias das werthe Bild auszieren/ Indem mir Kunſt und Witz zu ſolcher Muͤh gebricht. Warum verlanget man von mir ein Leich-Gepraͤnge? Iſt (E) 2
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Ehren-Gedaͤchtniß.
Geht/ ſezt euch zu der Ruh/ geht/ weicht den Ungewittern/
Die das beſtuͤrmte Schiff des Hertzogthums erſchuͤttern/
Denn derogleichen Fleiß bringt meiſtens ſchlechten
Lohn.
Ihr tragt/ nachdem ihr euch wie Lichter abgezehret/
Und das beſtuͤrzte Haubt mit Sorg und Angſt beſchwe-
ret/
Nichts als ein Sterbe-Kleid/ und eine Grufft davon.
So dacht’ ich; als der Schmertz noch in der Wunde tobte/
Und wuſte ſelber nicht/ was Hand und Feder ſchrieb.
Ich glaubte/ daß die Welt mein heiſſes Zagen lobte/
Und fuͤhlte ſonſt zu nichts Geiſt/ Regung oder Trieb.
Doch wie ich zu mir ſelbſt nur etwas wieder kommen/
So ſpuͤrt’ ich/ daß die Quaal ſehr uͤberhand genommen/
Und daß ich faſt zu viel in dieſer Angſt gethan.
Denn warum ſolte man es ſo gewonnen geben/
Da doch ein loͤbliches und Ehren-volles Leben/
Der Parzen Tyranney leicht uͤberwinden kan.
Ich will nicht nach Athen/ nach Rom und Memphis gehen/
Dein Beyſpiel/ theurer Held/ zeigt allen Sonnenklar/
Daß Tugend und Verſtand ſich aus dem Grab erhoͤhen/
Indem nichts Sterbliches an dir zu finden war.
Hat gleich des Todes Hand die Schalen hingeriſſen/
Doch ſoll der Wuͤtterich zu ſeiner Schande wiſſen/
Daß Abſchatz auff der Bahr’ und in dem Sarge lebt/
Indem ein wahrer Ruhm ihn mehr als groſſe Tittel/
Als Fahnen/ Helm und Schild/ als Guͤtter/ Stand und
Mittel/
Weit uͤber allen Dampff der duͤſtern Grufft erhebt.
Ich koͤnte dieſen Satz ohn alle Sorg’ ausfuͤhren/
Doch weiß ich: dieſes Haubt braucht meines Lobes
nicht/
Es muß ein Phidias das werthe Bild auszieren/
Indem mir Kunſt und Witz zu ſolcher Muͤh gebricht.
Warum verlanget man von mir ein Leich-Gepraͤnge?
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