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Achenwall, Gottfried: Abriß der neuesten Staatswissenschaft der vornehmsten Europäischen Reiche und Republicken. Göttingen, 1749.

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Frankreich.
Roi sur les benefices ecclesiastiques par FRANCOIS
PINSSON,
II. tomes. a Paris
1688. 4. Siehe auch
DE LA FORCE, tom. I. ch. XVIII.
§. 48.

Die weltbekannte Freyheit der Gallica-
nischen
oder Französischen Kirche ist nicht als
ein Privilegium anzusehen; sondern als ein
Ueberrest desjenigen Rechts, welches allen christ-
lichen Kirchen vor errichtetem Pabstthum gemein
war. Sie gründet sich auf 2. Hauptsätze, 1)
daß der Pabst in weltlichen Sachen gar nichts,
2) in geistlichen Sachen aber gegen die in Frank-
reich angenommene Concilia nichts befehlen kön-
ne. Hierüber ist vieles gefochten worden, die
ganze Französische Geistlichkeit setzte solche 1682.
nebst ihren Folgerungen mit Einwilligung des
Königs aufs neue fest: aber der unglückliche
Krieg über die Constitutionem: Vnigenitus
hat diese streitbare Heldinn fast gänzlich entwaf-
net, weil die weltliche Hand sie zum geistlichen
Gehorsam gezwungen.

a) Philipp der Schöne, Ludwig XII. und XIV.
sind sehr ungezogene Kinder gegen den heiligen Vater
gewesen.
b) Alle Decretales, welche der Französischen Kir-
chenfreyheit zuwider sind, das ganze 6te Buch der
Decretalien und das Concilium von Trient sind hier
nicht angenommen.
c) Von der Freyheit der Französischen Kirche hat
LIMNAEUS aus PETRO PITHOEO, CLAU-
DIO
Frankreich.
Roi ſur les benefices eccleſiaſtiques par FRANÇOIS
PINSSON,
II. tomes. à Paris
1688. 4. Siehe auch
DE LA FORCE, tom. I. ch. XVIII.
§. 48.

Die weltbekannte Freyheit der Gallica-
niſchen
oder Franzoͤſiſchen Kirche iſt nicht als
ein Privilegium anzuſehen; ſondern als ein
Ueberreſt desjenigen Rechts, welches allen chriſt-
lichen Kirchen vor errichtetem Pabſtthum gemein
war. Sie gruͤndet ſich auf 2. Hauptſaͤtze, 1)
daß der Pabſt in weltlichen Sachen gar nichts,
2) in geiſtlichen Sachen aber gegen die in Frank-
reich angenommene Concilia nichts befehlen koͤn-
ne. Hieruͤber iſt vieles gefochten worden, die
ganze Franzoͤſiſche Geiſtlichkeit ſetzte ſolche 1682.
nebſt ihren Folgerungen mit Einwilligung des
Koͤnigs aufs neue feſt: aber der ungluͤckliche
Krieg uͤber die Conſtitutionem: Vnigenitus
hat dieſe ſtreitbare Heldinn faſt gaͤnzlich entwaf-
net, weil die weltliche Hand ſie zum geiſtlichen
Gehorſam gezwungen.

a) Philipp der Schoͤne, Ludwig XII. und XIV.
ſind ſehr ungezogene Kinder gegen den heiligen Vater
geweſen.
b) Alle Decretales, welche der Franzoͤſiſchen Kir-
chenfreyheit zuwider ſind, das ganze 6te Buch der
Decretalien und das Concilium von Trient ſind hier
nicht angenommen.
c) Von der Freyheit der Franzoͤſiſchen Kirche hat
LIMNAEUS aus PETRO PITHOEO, CLAU-
DIO
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[141/0155] Frankreich. Roi ſur les benefices eccleſiaſtiques par FRANÇOIS PINSSON, II. tomes. à Paris 1688. 4. Siehe auch DE LA FORCE, tom. I. ch. XVIII. §. 48. Die weltbekannte Freyheit der Gallica- niſchen oder Franzoͤſiſchen Kirche iſt nicht als ein Privilegium anzuſehen; ſondern als ein Ueberreſt desjenigen Rechts, welches allen chriſt- lichen Kirchen vor errichtetem Pabſtthum gemein war. Sie gruͤndet ſich auf 2. Hauptſaͤtze, 1) daß der Pabſt in weltlichen Sachen gar nichts, 2) in geiſtlichen Sachen aber gegen die in Frank- reich angenommene Concilia nichts befehlen koͤn- ne. Hieruͤber iſt vieles gefochten worden, die ganze Franzoͤſiſche Geiſtlichkeit ſetzte ſolche 1682. nebſt ihren Folgerungen mit Einwilligung des Koͤnigs aufs neue feſt: aber der ungluͤckliche Krieg uͤber die Conſtitutionem: Vnigenitus hat dieſe ſtreitbare Heldinn faſt gaͤnzlich entwaf- net, weil die weltliche Hand ſie zum geiſtlichen Gehorſam gezwungen. a) Philipp der Schoͤne, Ludwig XII. und XIV. ſind ſehr ungezogene Kinder gegen den heiligen Vater geweſen. b) Alle Decretales, welche der Franzoͤſiſchen Kir- chenfreyheit zuwider ſind, das ganze 6te Buch der Decretalien und das Concilium von Trient ſind hier nicht angenommen. c) Von der Freyheit der Franzoͤſiſchen Kirche hat LIMNAEUS aus PETRO PITHOEO, CLAU- DIO

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Zitationshilfe: Achenwall, Gottfried: Abriß der neuesten Staatswissenschaft der vornehmsten Europäischen Reiche und Republicken. Göttingen, 1749, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/achenwall_staatswissenschaft_1749/155>, abgerufen am 21.11.2024.