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Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.

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Doch Robespierre, wirst du wohl die verderblichen Anschläge ausführen können, die dir zweifellos niedrige Seelen, die dich umgeben, eingeflösst haben? Hast du jenes Freundschaftsverhältnis vergessen, dessen sich Camille nie ohne Rührung erinnern kann? Du, der uns zu unserer Verbindung beglückwünscht hat, du, der selbst unsere Hände ineinander gelegt hat, der unserm kleinen Sohn zugelächelt hat, dessen Kinderhändchen dich so oft gestreichelt haben, wirst du denn meine Bitte übergehen können, meine Tränen gering achten und die Gerechtigkeit mit Füssen treten?

Denn du weisst es, dass wir das Schicksal nicht verdienen, das man uns bereitet, und das du zu ändern vermagst! Wenn es uns trifft, so ist's, weil du es befohlen haben wirst. Aber welches ist denn das Verbrechen meines Camille?

Ich verfüge nicht über die gewandte Feder, um ihn zu verteidigen, aber die Stimme der guten Bürger und dein Herz, wenn es empfindsam und gerecht ist, wird für mich sein. Glaubst du, dass man Vertrauen zu dir haben wird, wenn man sieht, dass du deine Freunde hinopferst? Glaubst du, dass man jenen segnen wird, der sich weder um die Tränen der Witwe, noch um den Tod der Waise bekümmert?

Wenn ich St.-Justs Frau wäre, würde ich ihm sagen: "Camilles Sache ist die deine, es ist die aller Freunde Robespierres. Wie weit entfernt war Camille in der Einfalt seines Herzens, das Schicksal, das ihn heute erwartet, zu argwöhnen. Er glaubte, an deinem Ruhme zu arbeiten, indem er auf das aufmerksam machte, was unserer Republik noch fehlt. Man hat ihn ohne Zweifel bei dir verleumdet; denn du konntest ihn nicht für strafbar halten. Bedenke, dass er niemals den Tod eines Menschen von dir gefordert hat, dass er niemals durch deine Macht hat schaden wollen, und dass du sein ältester und bester Freund warst. Selbst wenn er sein Vaterland nicht so sehr geliebt

Doch Robespierre, wirst du wohl die verderblichen Anschläge ausführen können, die dir zweifellos niedrige Seelen, die dich umgeben, eingeflösst haben? Hast du jenes Freundschaftsverhältnis vergessen, dessen sich Camille nie ohne Rührung erinnern kann? Du, der uns zu unserer Verbindung beglückwünscht hat, du, der selbst unsere Hände ineinander gelegt hat, der unserm kleinen Sohn zugelächelt hat, dessen Kinderhändchen dich so oft gestreichelt haben, wirst du denn meine Bitte übergehen können, meine Tränen gering achten und die Gerechtigkeit mit Füssen treten?

Denn du weisst es, dass wir das Schicksal nicht verdienen, das man uns bereitet, und das du zu ändern vermagst! Wenn es uns trifft, so ist’s, weil du es befohlen haben wirst. Aber welches ist denn das Verbrechen meines Camille?

Ich verfüge nicht über die gewandte Feder, um ihn zu verteidigen, aber die Stimme der guten Bürger und dein Herz, wenn es empfindsam und gerecht ist, wird für mich sein. Glaubst du, dass man Vertrauen zu dir haben wird, wenn man sieht, dass du deine Freunde hinopferst? Glaubst du, dass man jenen segnen wird, der sich weder um die Tränen der Witwe, noch um den Tod der Waise bekümmert?

Wenn ich St.-Justs Frau wäre, würde ich ihm sagen: „Camilles Sache ist die deine, es ist die aller Freunde Robespierres. Wie weit entfernt war Camille in der Einfalt seines Herzens, das Schicksal, das ihn heute erwartet, zu argwöhnen. Er glaubte, an deinem Ruhme zu arbeiten, indem er auf das aufmerksam machte, was unserer Republik noch fehlt. Man hat ihn ohne Zweifel bei dir verleumdet; denn du konntest ihn nicht für strafbar halten. Bedenke, dass er niemals den Tod eines Menschen von dir gefordert hat, dass er niemals durch deine Macht hat schaden wollen, und dass du sein ältester und bester Freund warst. Selbst wenn er sein Vaterland nicht so sehr geliebt

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[172/0192] Doch Robespierre, wirst du wohl die verderblichen Anschläge ausführen können, die dir zweifellos niedrige Seelen, die dich umgeben, eingeflösst haben? Hast du jenes Freundschaftsverhältnis vergessen, dessen sich Camille nie ohne Rührung erinnern kann? Du, der uns zu unserer Verbindung beglückwünscht hat, du, der selbst unsere Hände ineinander gelegt hat, der unserm kleinen Sohn zugelächelt hat, dessen Kinderhändchen dich so oft gestreichelt haben, wirst du denn meine Bitte übergehen können, meine Tränen gering achten und die Gerechtigkeit mit Füssen treten? Denn du weisst es, dass wir das Schicksal nicht verdienen, das man uns bereitet, und das du zu ändern vermagst! Wenn es uns trifft, so ist’s, weil du es befohlen haben wirst. Aber welches ist denn das Verbrechen meines Camille? Ich verfüge nicht über die gewandte Feder, um ihn zu verteidigen, aber die Stimme der guten Bürger und dein Herz, wenn es empfindsam und gerecht ist, wird für mich sein. Glaubst du, dass man Vertrauen zu dir haben wird, wenn man sieht, dass du deine Freunde hinopferst? Glaubst du, dass man jenen segnen wird, der sich weder um die Tränen der Witwe, noch um den Tod der Waise bekümmert? Wenn ich St.-Justs Frau wäre, würde ich ihm sagen: „Camilles Sache ist die deine, es ist die aller Freunde Robespierres. Wie weit entfernt war Camille in der Einfalt seines Herzens, das Schicksal, das ihn heute erwartet, zu argwöhnen. Er glaubte, an deinem Ruhme zu arbeiten, indem er auf das aufmerksam machte, was unserer Republik noch fehlt. Man hat ihn ohne Zweifel bei dir verleumdet; denn du konntest ihn nicht für strafbar halten. Bedenke, dass er niemals den Tod eines Menschen von dir gefordert hat, dass er niemals durch deine Macht hat schaden wollen, und dass du sein ältester und bester Freund warst. Selbst wenn er sein Vaterland nicht so sehr geliebt

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Zitationshilfe: Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906/192>, abgerufen am 03.05.2024.