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Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.

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Propaganda verfehlte nicht, Mittelpunkte an den entgegengesetztesten Orten des Reiches zu bilden.

Olimpe de Gouges sah alles dies und fasste den Gedanken, politische Frauenvereine zu gründen. Sie war die Erste, die sich auf die von ihr improvisierte Tribüne stellte, wo sich ihre Begeisterung feuriger denn je Luft machte. "Die Gefahr, in der das Vaterland schwebt, reisst mich mit, hebt mich über mich hinaus. Ich habe aufgeschrieen, bin vorgestürzt, ich, ein schwaches Weib, habe mir mit meiner Stimme durch die Vorurteile hindurch Gehör verschafft."

Wenn man sie dort und in den andern Klubs, und selbst in der Nationalversammlung, reden hörte, wo sie sich der feurigen Eingebung überliess, die Befreiung des Menschengeschlechtes prophezeite, ihre kühnsten Anträge vorschlug, unterstützte und entwickelte und sich manchmal zur Höhe der grössten Meister der Rede erhob, hätte man sie mit einem neuen Leben ausgestattet geglaubt, mit einer höher organisierten Seele ausgerüstet, als sie das schwache Geschlecht besitzt, das sich in den hohen parlamentarischen Kämpfen noch nicht versucht hatte. Sie überraschte, wie ihre Zeitgenossen versichern, durch den Reichtum ihrer Ideen und die Macht ihrer Sprache. Selbst die Nationalversammlung hörte dieser glänzenden Rednerin staunend zu, und verwirklichte vielfach ihre praktischen Anregungen.

Das Altertum besass keine politische Rednerin. Es war der französischen Revolution vorbehalten, dieses Wunder hervorzubringen.

Unerklärliche Schwankungen ihrer Gedanken warfen sie ebenso rasch zurück, als sie sie vorwärts trieben. Heilige Todesangst erfasste sie zu Zeiten für den Thron und Rückfälle der Empfindsamkeit für den König kehrten wieder.

Mit Gutmütigkeit erzählt sie selbst, sie könnte ausgezeichnete Dinge hervorbringen, wenn sie nicht Hirngespinste im Kopfe hätte! Zu diesen kann auch ihre

Propaganda verfehlte nicht, Mittelpunkte an den entgegengesetztesten Orten des Reiches zu bilden.

Olimpe de Gouges sah alles dies und fasste den Gedanken, politische Frauenvereine zu gründen. Sie war die Erste, die sich auf die von ihr improvisierte Tribüne stellte, wo sich ihre Begeisterung feuriger denn je Luft machte. „Die Gefahr, in der das Vaterland schwebt, reisst mich mit, hebt mich über mich hinaus. Ich habe aufgeschrieen, bin vorgestürzt, ich, ein schwaches Weib, habe mir mit meiner Stimme durch die Vorurteile hindurch Gehör verschafft.“

Wenn man sie dort und in den andern Klubs, und selbst in der Nationalversammlung, reden hörte, wo sie sich der feurigen Eingebung überliess, die Befreiung des Menschengeschlechtes prophezeite, ihre kühnsten Anträge vorschlug, unterstützte und entwickelte und sich manchmal zur Höhe der grössten Meister der Rede erhob, hätte man sie mit einem neuen Leben ausgestattet geglaubt, mit einer höher organisierten Seele ausgerüstet, als sie das schwache Geschlecht besitzt, das sich in den hohen parlamentarischen Kämpfen noch nicht versucht hatte. Sie überraschte, wie ihre Zeitgenossen versichern, durch den Reichtum ihrer Ideen und die Macht ihrer Sprache. Selbst die Nationalversammlung hörte dieser glänzenden Rednerin staunend zu, und verwirklichte vielfach ihre praktischen Anregungen.

Das Altertum besass keine politische Rednerin. Es war der französischen Revolution vorbehalten, dieses Wunder hervorzubringen.

Unerklärliche Schwankungen ihrer Gedanken warfen sie ebenso rasch zurück, als sie sie vorwärts trieben. Heilige Todesangst erfasste sie zu Zeiten für den Thron und Rückfälle der Empfindsamkeit für den König kehrten wieder.

Mit Gutmütigkeit erzählt sie selbst, sie könnte ausgezeichnete Dinge hervorbringen, wenn sie nicht Hirngespinste im Kopfe hätte! Zu diesen kann auch ihre

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[187/0208] Propaganda verfehlte nicht, Mittelpunkte an den entgegengesetztesten Orten des Reiches zu bilden. Olimpe de Gouges sah alles dies und fasste den Gedanken, politische Frauenvereine zu gründen. Sie war die Erste, die sich auf die von ihr improvisierte Tribüne stellte, wo sich ihre Begeisterung feuriger denn je Luft machte. „Die Gefahr, in der das Vaterland schwebt, reisst mich mit, hebt mich über mich hinaus. Ich habe aufgeschrieen, bin vorgestürzt, ich, ein schwaches Weib, habe mir mit meiner Stimme durch die Vorurteile hindurch Gehör verschafft.“ Wenn man sie dort und in den andern Klubs, und selbst in der Nationalversammlung, reden hörte, wo sie sich der feurigen Eingebung überliess, die Befreiung des Menschengeschlechtes prophezeite, ihre kühnsten Anträge vorschlug, unterstützte und entwickelte und sich manchmal zur Höhe der grössten Meister der Rede erhob, hätte man sie mit einem neuen Leben ausgestattet geglaubt, mit einer höher organisierten Seele ausgerüstet, als sie das schwache Geschlecht besitzt, das sich in den hohen parlamentarischen Kämpfen noch nicht versucht hatte. Sie überraschte, wie ihre Zeitgenossen versichern, durch den Reichtum ihrer Ideen und die Macht ihrer Sprache. Selbst die Nationalversammlung hörte dieser glänzenden Rednerin staunend zu, und verwirklichte vielfach ihre praktischen Anregungen. Das Altertum besass keine politische Rednerin. Es war der französischen Revolution vorbehalten, dieses Wunder hervorzubringen. Unerklärliche Schwankungen ihrer Gedanken warfen sie ebenso rasch zurück, als sie sie vorwärts trieben. Heilige Todesangst erfasste sie zu Zeiten für den Thron und Rückfälle der Empfindsamkeit für den König kehrten wieder. Mit Gutmütigkeit erzählt sie selbst, sie könnte ausgezeichnete Dinge hervorbringen, wenn sie nicht Hirngespinste im Kopfe hätte! Zu diesen kann auch ihre

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Zitationshilfe: Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906/208>, abgerufen am 29.04.2024.