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Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.

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immer glücklich, wie sie sagt; er gab ihr zum Beispiel Locke "Ueber die Erziehung der Kinder", oder Fenelon "Abhandlung über die Erziehung junger Mädchen". Bücher, die dazu bestimmt waren die Erzieher zu leiten, gab man dem Zögling! Aber sie war so frühreif, sie liebte nachzudenken und wollte sich selbst bilden, sie studierte die Regungen ihrer Seele und suchte darnach, sich selbst zu kennen, und so kam es, dass der Zufall ihr günstiger war als gewöhnliche Berechnungen es vielleicht gewesen wären. Sie begann zu fühlen, dass sie eine grosse Bestimmung habe und dass sie sich in den Stand setzen müsse, sie würdig erfüllen zu können. Es waren unklare Ahnungen, und der Weg, den sie ging, war ein sehr merkwürdiger, voller Windungen und Krümmungen.

Sie hatte ein ganz besonderes Talent für Sprachen, Italienisch zum Beispiel lernte sie allein, ohne alle Schwierigkeit. Ihr Vater unterrichtete sie auch im Gravieren; bald hatte sie die ersten Schwierigkeiten überwunden und verstand es, mit dem Grabstichel umzugehen. Sie machte grosse Fortschritte, der Vater gab ihr die einfachen Arbeiten zur Ausführung und dachte sie dafür zu interessieren, wenn er den Profit mit ihr teilte. Manon sollte ein Buch darüber anlegen und am Ende jeder Woche abrechnen. Aber das langweilte sie und schliesslich interessierte sie auch die Arbeit nicht. Sie las lieber ein Buch, als sich für den Erlös der Arbeit Bänder zu kaufen. Sie nahm sich nicht die Mühe, ihre Abneigung zu verbergen und man widersetzte sich ihr nicht. Und so tat sie die Grabstichel, die Flachstichel in die Werkzeugskiste, ohne sie jemals wieder daraus zu entnehmen.

Trotzdem Frau Phlipon für sich gar keinen Wert auf Kleider legte, hielt sie bei ihrer Tochter sehr viel darauf. Mit Schrecken dachte Madame Roland ihrer damaligen Lockenfrisuren, deren Herstellung ihr arge Schmerzen verursachten, bei denen sie aber jede Klage unterdrückte.

Als Kind von acht Jahren also las sie, wie wir

immer glücklich, wie sie sagt; er gab ihr zum Beispiel Locke „Ueber die Erziehung der Kinder“, oder Fénélon „Abhandlung über die Erziehung junger Mädchen“. Bücher, die dazu bestimmt waren die Erzieher zu leiten, gab man dem Zögling! Aber sie war so frühreif, sie liebte nachzudenken und wollte sich selbst bilden, sie studierte die Regungen ihrer Seele und suchte darnach, sich selbst zu kennen, und so kam es, dass der Zufall ihr günstiger war als gewöhnliche Berechnungen es vielleicht gewesen wären. Sie begann zu fühlen, dass sie eine grosse Bestimmung habe und dass sie sich in den Stand setzen müsse, sie würdig erfüllen zu können. Es waren unklare Ahnungen, und der Weg, den sie ging, war ein sehr merkwürdiger, voller Windungen und Krümmungen.

Sie hatte ein ganz besonderes Talent für Sprachen, Italienisch zum Beispiel lernte sie allein, ohne alle Schwierigkeit. Ihr Vater unterrichtete sie auch im Gravieren; bald hatte sie die ersten Schwierigkeiten überwunden und verstand es, mit dem Grabstichel umzugehen. Sie machte grosse Fortschritte, der Vater gab ihr die einfachen Arbeiten zur Ausführung und dachte sie dafür zu interessieren, wenn er den Profit mit ihr teilte. Manon sollte ein Buch darüber anlegen und am Ende jeder Woche abrechnen. Aber das langweilte sie und schliesslich interessierte sie auch die Arbeit nicht. Sie las lieber ein Buch, als sich für den Erlös der Arbeit Bänder zu kaufen. Sie nahm sich nicht die Mühe, ihre Abneigung zu verbergen und man widersetzte sich ihr nicht. Und so tat sie die Grabstichel, die Flachstichel in die Werkzeugskiste, ohne sie jemals wieder daraus zu entnehmen.

Trotzdem Frau Phlipon für sich gar keinen Wert auf Kleider legte, hielt sie bei ihrer Tochter sehr viel darauf. Mit Schrecken dachte Madame Roland ihrer damaligen Lockenfrisuren, deren Herstellung ihr arge Schmerzen verursachten, bei denen sie aber jede Klage unterdrückte.

Als Kind von acht Jahren also las sie, wie wir

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        <p>Sie hatte ein ganz besonderes Talent für Sprachen, Italienisch zum Beispiel lernte sie allein, ohne alle Schwierigkeit. Ihr Vater unterrichtete sie auch im Gravieren; bald hatte sie die ersten Schwierigkeiten überwunden und verstand es, mit dem Grabstichel umzugehen. Sie machte grosse Fortschritte, der Vater gab ihr die einfachen Arbeiten zur Ausführung und dachte sie dafür zu interessieren, wenn er den Profit mit ihr teilte. Manon sollte ein Buch darüber anlegen und am Ende jeder Woche abrechnen. Aber das langweilte sie und schliesslich interessierte sie auch die Arbeit nicht. Sie las lieber ein Buch, als sich für den Erlös der Arbeit Bänder zu kaufen. Sie nahm sich nicht die Mühe, ihre Abneigung zu verbergen und man widersetzte sich ihr nicht. Und so tat sie die Grabstichel, die Flachstichel in die Werkzeugskiste, ohne sie jemals wieder daraus zu entnehmen.</p>
        <p>Trotzdem Frau Phlipon für sich gar keinen Wert auf Kleider legte, hielt sie bei ihrer Tochter sehr viel darauf. Mit Schrecken dachte Madame Roland ihrer damaligen Lockenfrisuren, deren Herstellung ihr arge Schmerzen verursachten, bei denen sie aber jede Klage unterdrückte.</p>
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[60/0079] immer glücklich, wie sie sagt; er gab ihr zum Beispiel Locke „Ueber die Erziehung der Kinder“, oder Fénélon „Abhandlung über die Erziehung junger Mädchen“. Bücher, die dazu bestimmt waren die Erzieher zu leiten, gab man dem Zögling! Aber sie war so frühreif, sie liebte nachzudenken und wollte sich selbst bilden, sie studierte die Regungen ihrer Seele und suchte darnach, sich selbst zu kennen, und so kam es, dass der Zufall ihr günstiger war als gewöhnliche Berechnungen es vielleicht gewesen wären. Sie begann zu fühlen, dass sie eine grosse Bestimmung habe und dass sie sich in den Stand setzen müsse, sie würdig erfüllen zu können. Es waren unklare Ahnungen, und der Weg, den sie ging, war ein sehr merkwürdiger, voller Windungen und Krümmungen. Sie hatte ein ganz besonderes Talent für Sprachen, Italienisch zum Beispiel lernte sie allein, ohne alle Schwierigkeit. Ihr Vater unterrichtete sie auch im Gravieren; bald hatte sie die ersten Schwierigkeiten überwunden und verstand es, mit dem Grabstichel umzugehen. Sie machte grosse Fortschritte, der Vater gab ihr die einfachen Arbeiten zur Ausführung und dachte sie dafür zu interessieren, wenn er den Profit mit ihr teilte. Manon sollte ein Buch darüber anlegen und am Ende jeder Woche abrechnen. Aber das langweilte sie und schliesslich interessierte sie auch die Arbeit nicht. Sie las lieber ein Buch, als sich für den Erlös der Arbeit Bänder zu kaufen. Sie nahm sich nicht die Mühe, ihre Abneigung zu verbergen und man widersetzte sich ihr nicht. Und so tat sie die Grabstichel, die Flachstichel in die Werkzeugskiste, ohne sie jemals wieder daraus zu entnehmen. Trotzdem Frau Phlipon für sich gar keinen Wert auf Kleider legte, hielt sie bei ihrer Tochter sehr viel darauf. Mit Schrecken dachte Madame Roland ihrer damaligen Lockenfrisuren, deren Herstellung ihr arge Schmerzen verursachten, bei denen sie aber jede Klage unterdrückte. Als Kind von acht Jahren also las sie, wie wir

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Zitationshilfe: Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906/79>, abgerufen am 24.11.2024.