Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618].

Bild:
<< vorherige Seite

Hirnschleiffer.
Menschen ein böse vngeschickte rede oder auß-
sprach anstehet/ also vbel steht jhm ein vnge-
schickte vnformliche Handtschrifft an/ zu-
maln/ wann vil vngeschicklichkeiten mit vn-
derlauffen/ vnd die materi an jhr selbst ver-
drießlich vnd vnannemblich ist: Hergegen
wird der Leser lustig/ wann er einen schönen
wolformirten/ gleichen vnd saubern Buch-
staben oder Schrifft liset: Vil ansehenliche
Herrn vnd Potentaten haben sich einer schö-
nen vnd saubern Schrifft beflissen/ vnd vnder
andern Kayser Theodosius deß Arcadij
Vetter/ von deme noch vil Schrifften ver-
handen seyn/ nemblich die Euangelia vnnd
andere/ die er sehr zierlich mit guldinen Buch-
staben geschriben.

Ein schöne zierliche Schrifft vnd ein wol-
gesteltes Concept erfrewet den Menschen
eben so sehr/ als ein kunstreiches Gemäldt/
oder Bild/ dann das Gemäldt oder Bild re-
praesentiret
nur die gestalt vnnd beschaffen-
heit deß Leibs/ aber in einem geschribnen
Brieff/ begreiffen vnd erkleren wir die jnner-
liche mainung vnsers Gemüts: das Bildt
repraesentiret nur gleichsam das Kleidt vn-

sers

Hirnſchleiffer.
Menſchen ein boͤſe vngeſchickte rede oder auß-
ſprach anſtehet/ alſo vbel ſteht jhm ein vnge-
ſchickte vnformliche Handtſchrifft an/ zu-
maln/ wann vil vngeſchicklichkeiten mit vn-
derlauffen/ vnd die materi an jhr ſelbſt ver-
drießlich vnd vnannemblich iſt: Hergegen
wird der Leſer luſtig/ wann er einen ſchoͤnen
wolformirten/ gleichen vnd ſaubern Buch-
ſtaben oder Schrifft liſet: Vil anſehenliche
Herꝛn vnd Potentaten haben ſich einer ſchoͤ-
nen vnd ſaubern Schrifft befliſſen/ vnd vnder
andern Kayſer Theodoſius deß Arcadij
Vetter/ von deme noch vil Schrifften ver-
handen ſeyn/ nemblich die Euangelia vnnd
andere/ die er ſehr zierlich mit guldinen Buch-
ſtaben geſchriben.

Ein ſchoͤne zierliche Schrifft vnd ein wol-
geſteltes Concept erfrewet den Menſchen
eben ſo ſehr/ als ein kunſtreiches Gemaͤldt/
oder Bild/ dann das Gemaͤldt oder Bild re-
præſentiret
nur die geſtalt vnnd beſchaffen-
heit deß Leibs/ aber in einem geſchribnen
Brieff/ begreiffen vnd erkleren wir die jnner-
liche mainung vnſers Gemuͤts: das Bildt
repræſentiret nur gleichſam das Kleidt vn-

ſers
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0029" n="13"/><fw place="top" type="header">Hirn&#x017F;chleiffer.</fw><lb/>
Men&#x017F;chen ein bo&#x0364;&#x017F;e vnge&#x017F;chickte rede oder auß-<lb/>
&#x017F;prach an&#x017F;tehet/ al&#x017F;o vbel &#x017F;teht jhm ein vnge-<lb/>
&#x017F;chickte vnformliche Handt&#x017F;chrifft an/ zu-<lb/>
maln/ wann vil vnge&#x017F;chicklichkeiten mit vn-<lb/>
derlauffen/ vnd die <hi rendition="#aq">materi</hi> an jhr &#x017F;elb&#x017F;t ver-<lb/>
drießlich vnd vnannemblich i&#x017F;t: Hergegen<lb/>
wird der Le&#x017F;er lu&#x017F;tig/ wann er einen &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/>
wolformirten/ gleichen vnd &#x017F;aubern Buch-<lb/>
&#x017F;taben oder Schrifft li&#x017F;et: Vil an&#x017F;ehenliche<lb/>
Her&#xA75B;n vnd <hi rendition="#aq">Potentaten</hi> haben &#x017F;ich einer &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
nen vnd &#x017F;aubern Schrifft befli&#x017F;&#x017F;en/ vnd vnder<lb/>
andern Kay&#x017F;er <hi rendition="#aq">Theodo&#x017F;ius</hi> deß <hi rendition="#aq">Arcadij</hi><lb/>
Vetter/ von deme noch vil Schrifften ver-<lb/>
handen &#x017F;eyn/ nemblich die Euangelia vnnd<lb/>
andere/ die er &#x017F;ehr zierlich mit guldinen Buch-<lb/>
&#x017F;taben ge&#x017F;chriben.</p><lb/>
        <p>Ein &#x017F;cho&#x0364;ne zierliche Schrifft vnd ein wol-<lb/>
ge&#x017F;teltes <hi rendition="#aq">Concept</hi> erfrewet den Men&#x017F;chen<lb/>
eben &#x017F;o &#x017F;ehr/ als ein kun&#x017F;treiches Gema&#x0364;ldt/<lb/>
oder Bild/ dann das Gema&#x0364;ldt oder Bild <hi rendition="#aq">re-<lb/>
præ&#x017F;entiret</hi> nur die ge&#x017F;talt vnnd be&#x017F;chaffen-<lb/>
heit deß Leibs/ aber in einem ge&#x017F;chribnen<lb/>
Brieff/ begreiffen vnd erkleren wir die jnner-<lb/>
liche mainung vn&#x017F;ers Gemu&#x0364;ts: das Bildt<lb/><hi rendition="#aq">repræ&#x017F;entiret</hi> nur gleich&#x017F;am das Kleidt vn-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ers</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0029] Hirnſchleiffer. Menſchen ein boͤſe vngeſchickte rede oder auß- ſprach anſtehet/ alſo vbel ſteht jhm ein vnge- ſchickte vnformliche Handtſchrifft an/ zu- maln/ wann vil vngeſchicklichkeiten mit vn- derlauffen/ vnd die materi an jhr ſelbſt ver- drießlich vnd vnannemblich iſt: Hergegen wird der Leſer luſtig/ wann er einen ſchoͤnen wolformirten/ gleichen vnd ſaubern Buch- ſtaben oder Schrifft liſet: Vil anſehenliche Herꝛn vnd Potentaten haben ſich einer ſchoͤ- nen vnd ſaubern Schrifft befliſſen/ vnd vnder andern Kayſer Theodoſius deß Arcadij Vetter/ von deme noch vil Schrifften ver- handen ſeyn/ nemblich die Euangelia vnnd andere/ die er ſehr zierlich mit guldinen Buch- ſtaben geſchriben. Ein ſchoͤne zierliche Schrifft vnd ein wol- geſteltes Concept erfrewet den Menſchen eben ſo ſehr/ als ein kunſtreiches Gemaͤldt/ oder Bild/ dann das Gemaͤldt oder Bild re- præſentiret nur die geſtalt vnnd beſchaffen- heit deß Leibs/ aber in einem geſchribnen Brieff/ begreiffen vnd erkleren wir die jnner- liche mainung vnſers Gemuͤts: das Bildt repræſentiret nur gleichſam das Kleidt vn- ſers

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618/29
Zitationshilfe: [Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618], S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618/29>, abgerufen am 07.06.2024.