[Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618].

Bild:

<< vorherige Seite

nächste Seite >>

Hirnschleiffer.

Kindern benemmen sollen/ vnd sollen jhnen das
ziel deß gehorsambs vnd vnderthenigkeit an-
legen/ dann weil Gott den winden ein ziel ge-
steckt vnd jhre vngestümigkeit bezwinget/ da-
mit sie mit jrem starcken blasen vnd wehen/ die
gantze welt nit vmmkehren/ so bedörffen die vn-
gestümme wütige vnd liederliche Junge Gesellen
vnd Weiber deßgewichts vil mehr. Die erfahr-
ne Schiffleuth pflegen zur zeit des vngewit-
ters jre segel einzuziehen vnd zusamen zulegen.
Die zeit der jugent ist ein sehr grosses vnnd
gefehrliches vngewitter/ wer derwegen begert
daß sein Kind nit ins verderben gerahte/ oder
daß das schiff jhrer keuschheit nit vnd ergehe/
sonder sicher seye/ so muß er jhnen die freyheit
benemmen/ den zigel nit zu lang lassen/ vnd jhnen
das außrennen/ gaßenfahren vnnd spacieren
gehen verwehren/ dann auß dergleichen frey-
heit entspringt ein vnuerschambte dienstbar-
keit. Wie die Spinn die vnbehutsame vmb-
fliegende freye Mucken in jr weppen fahet/ vnd
außsauget/ also pflegen die junge Gesellen
die vmblauffende vnbesunenne Mädlein zu-
fahen vnd zufellen. Dann durch die vber-
mesige freyheit vberkombt der Mensch ge-

legenheit

Hirnſchleiffer.

Kindern benem̃en ſollen/ vnd ſollen jhnen das
ziel deß gehoꝛſambs vnd vnderthenigkeit an-
legen/ dann weil Gott den winden ein ziel ge-
ſteckt vnd jhre vngeſtuͤmigkeit bezwinget/ da-
mit ſie mit jrem ſtarcken blaſen vnd wehen/ die
gantze welt nit vm̃kehren/ ſo bedoͤꝛffen die vn-
geſtuͤm̃e wuͤtige vñ liederliche Junge Geſellẽ
vñ Weiber deßgewichts vil mehr. Die erfahꝛ-
ne Schiffleuth pflegen zur zeit des vngewit-
ters jre ſegel einzuziehen vñ zuſamen zulegen.
Die zeit der jugent iſt ein ſehr groſſes vnnd
gefehrliches vngewitter/ wer derwegen begert
daß ſein Kind nit ins verderben gerahte/ oder
daß das ſchiff jhrer keuſchheit nit vnd ergehe/
ſonder ſicher ſeye/ ſo muß er jhnen die freyheit
benem̃en/ den zigel nit zu lang laſſen/ vnd jhnẽ
das außrennen/ gaßenfahren vnnd ſpacieren
gehen verwehren/ dann auß dergleichen frey-
heit entſpringt ein vnuerſchambte dienſtbar-
keit. Wie die Spinn die vnbehutſame vmb-
fliegende freye Mucken in jr weppen fahet/ vñ
außſauget/ alſo pflegen die junge Geſellen
die vmblauffende vnbeſunenne Maͤdlein zu-
fahen vnd zufellen. Dann durch die vber-
meſige freyheit vberkombt der Menſch ge-

legenheit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0338" n="323[322]"/><fw place="top" type="header">Hirn&#x017F;chleiffer.</fw><lb/>
Kindern benem&#x0303;en &#x017F;ollen/ vnd &#x017F;ollen jhnen das<lb/>
ziel deß geho&#xA75B;&#x017F;ambs vnd vnderthenigkeit an-<lb/>
legen/ dann weil Gott den winden ein ziel ge-<lb/>
&#x017F;teckt vnd jhre vnge&#x017F;tu&#x0364;migkeit bezwinget/ da-<lb/>
mit &#x017F;ie mit jrem &#x017F;tarcken bla&#x017F;en vnd wehen/ die<lb/>
gantze welt nit vm&#x0303;kehren/ &#x017F;o bedo&#x0364;&#xA75B;ffen die vn-<lb/>
ge&#x017F;tu&#x0364;m&#x0303;e wu&#x0364;tige vn&#x0303; liederliche Junge Ge&#x017F;elle&#x0303;<lb/>
vn&#x0303; Weiber deßgewichts vil mehr. Die erfah&#xA75B;-<lb/>
ne Schiffleuth pflegen zur zeit des vngewit-<lb/>
ters jre &#x017F;egel einzuziehen vn&#x0303; zu&#x017F;amen zulegen.<lb/>
Die zeit der jugent i&#x017F;t ein &#x017F;ehr gro&#x017F;&#x017F;es vnnd<lb/>
gefehrliches vngewitter/ wer derwegen begert<lb/>
daß &#x017F;ein Kind nit ins verderben gerahte/ oder<lb/>
daß das &#x017F;chiff jhrer keu&#x017F;chheit nit vnd ergehe/<lb/>
&#x017F;onder &#x017F;icher &#x017F;eye/ &#x017F;o muß er jhnen die freyheit<lb/>
benem&#x0303;en/ den zigel nit zu lang la&#x017F;&#x017F;en/ vnd jhne&#x0303;<lb/>
das außrennen/ gaßenfahren vnnd &#x017F;pacieren<lb/>
gehen verwehren/ dann auß dergleichen frey-<lb/>
heit ent&#x017F;pringt ein vnuer&#x017F;chambte dien&#x017F;tbar-<lb/>
keit. Wie die Spinn die vnbehut&#x017F;ame vmb-<lb/>
fliegende freye Mucken in jr weppen fahet/ vn&#x0303;<lb/>
auß&#x017F;auget/ al&#x017F;o pflegen die junge Ge&#x017F;ellen<lb/>
die vmblauffende vnbe&#x017F;unenne Ma&#x0364;dlein zu-<lb/>
fahen vnd zufellen. Dann durch die vber-<lb/>
me&#x017F;ige freyheit vberkombt der Men&#x017F;ch ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">legenheit</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>

[323[322]/0338] Hirnſchleiffer. Kindern benem̃en ſollen/ vnd ſollen jhnen das ziel deß gehoꝛſambs vnd vnderthenigkeit an- legen/ dann weil Gott den winden ein ziel ge- ſteckt vnd jhre vngeſtuͤmigkeit bezwinget/ da- mit ſie mit jrem ſtarcken blaſen vnd wehen/ die gantze welt nit vm̃kehren/ ſo bedoͤꝛffen die vn- geſtuͤm̃e wuͤtige vñ liederliche Junge Geſellẽ vñ Weiber deßgewichts vil mehr. Die erfahꝛ- ne Schiffleuth pflegen zur zeit des vngewit- ters jre ſegel einzuziehen vñ zuſamen zulegen. Die zeit der jugent iſt ein ſehr groſſes vnnd gefehrliches vngewitter/ wer derwegen begert daß ſein Kind nit ins verderben gerahte/ oder daß das ſchiff jhrer keuſchheit nit vnd ergehe/ ſonder ſicher ſeye/ ſo muß er jhnen die freyheit benem̃en/ den zigel nit zu lang laſſen/ vnd jhnẽ das außrennen/ gaßenfahren vnnd ſpacieren gehen verwehren/ dann auß dergleichen frey- heit entſpringt ein vnuerſchambte dienſtbar- keit. Wie die Spinn die vnbehutſame vmb- fliegende freye Mucken in jr weppen fahet/ vñ außſauget/ alſo pflegen die junge Geſellen die vmblauffende vnbeſunenne Maͤdlein zu- fahen vnd zufellen. Dann durch die vber- meſige freyheit vberkombt der Menſch ge- legenheit

Suche im Werk

Informationen zum Werk

Titeldaten
Verfügbarkeit Text (TEI-XML-, HTML-, TCF-, E-Book-Fassung): Distributed under the Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 Generic (German) License.
Nutzungsbedingungen

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ^?

Language Resource Switchboard^?

Resource/URL übermitteln

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk:	https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618
URL zu dieser Seite:	https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618/338
Zitationshilfe:	[Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618], S. 323[322]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618/338>, abgerufen am 22.11.2024.

Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer Creative-Commons-Lizenz. Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken. Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.

Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.

2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de.

Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.