[Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618].Hirnschleiffer. Meine lieben vnnd freunden haben sichgegen mir genahet vnd gestellet/ vnd die mir nahe waren/ stunden ferrne von mir. Durch den obstehenden Jüngling wird bedeut/ daß die wahre freundtschafft keiner ainigen zeit noch verenderung vnderworffen ist/ sonder bleibt allzeit jung vnnd wehret jm- merdar: Durch das alte Klaid welches der Jüngling an hat/ wirdt zuuerstehen gegeben/ daß ein wahrer freundt willig vnd berait ist/ alle harte vnd schwere ding für seinen freundt auß zustehen. Der blosse Kopff bedeut/ daß die wahre freundschafft offen vnd nit falsch ist/ vnd daß ein wahrer freundt sich nit schemet seinen freund für einen freund offentlich zubekennen. Die wort: vita & mors: oder das leben vnd der todt: bedeuten/ daß die freunde einander lieben sollen im leben vnd sterben. Die wort: aestas & hyems, der Winter vnd der Som- mer: geben vnnd lehren vns/ daß die freunde einander getrew sein sollen/ so wol in der wi- derwertigkeit/ als im wolstandt. Das blosse vnd offne Hertz gibt zuerkennen/ daß die lieb auß vnnd von dem hertzen gehen solle. Daß nun diser Jüngling seine wunde mit dem fin- ger
Hirnſchleiffer. Meine lieben vnnd freunden haben ſichgegen mir genahet vnd geſtellet/ vnd die mir nahe waren/ ſtunden ferꝛne von mir. Durch den obſtehenden Juͤngling wird bedeut/ daß die wahre freundtſchafft keiner ainigen zeit noch verenderung vnderworffen iſt/ ſonder bleibt allzeit jung vnnd wehret jm- merdar: Durch das alte Klaid welches der Jüngling an hat/ wirdt zuuerſtehen gegeben/ daß ein wahrer freundt willig vnd berait iſt/ alle harte vnd ſchwere ding fuͤr ſeinen freundt auß zuſtehen. Der bloſſe Kopff bedeut/ daß die wahre freundſchafft offen vñ nit falſch iſt/ vñ daß ein wahrer freundt ſich nit ſchemet ſeinen freund fuͤr einen freund offentlich zubekeñen. Die wort: vita & mors: oder das leben vnd der todt: bedeuten/ daß die freunde einander lieben ſollen im leben vnd ſterben. Die wort: æſtas & hyems, der Winter vnd der Som- mer: geben vnnd lehren vns/ daß die freunde einander getrew ſein ſollen/ ſo wol in der wi- derwertigkeit/ als im wolſtandt. Das bloſſe vnd offne Hertz gibt zuerkennen/ daß die lieb auß vnnd von dem hertzen gehen ſolle. Daß nun diſer Juͤngling ſeine wunde mit dem fin- ger
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0491" n="476[475]"/><fw place="top" type="header">Hirnſchleiffer.</fw><lb/><hi rendition="#fr">Meine lieben vnnd freunden haben ſich<lb/> gegen mir genahet vnd geſtellet/ vnd die<lb/> mir nahe waren/ ſtunden ferꝛne von<lb/> mir.</hi> Durch den obſtehenden Juͤngling wird<lb/> bedeut/ daß die wahre freundtſchafft keiner<lb/> ainigen zeit noch verenderung vnderworffen<lb/> iſt/ ſonder bleibt allzeit jung vnnd wehret jm-<lb/> merdar: Durch das alte Klaid welches der<lb/> Jüngling an hat/ wirdt zuuerſtehen gegeben/<lb/> daß ein wahrer freundt willig vnd berait iſt/<lb/> alle harte vnd ſchwere ding fuͤr ſeinen freundt<lb/> auß zuſtehen. Der bloſſe Kopff bedeut/ daß die<lb/> wahre freundſchafft offen vñ nit falſch iſt/ vñ<lb/> daß ein wahrer freundt ſich nit ſchemet ſeinen<lb/> freund fuͤr einen freund offentlich zubekeñen.<lb/> Die wort: <hi rendition="#aq">vita & mors:</hi> oder das leben vnd<lb/> der todt: bedeuten/ daß die freunde einander<lb/> lieben ſollen im leben vnd ſterben. Die wort:<lb/><hi rendition="#aq">æſtas & hyems,</hi> der Winter vnd der Som-<lb/> mer: geben vnnd lehren vns/ daß die freunde<lb/> einander getrew ſein ſollen/ ſo wol in der wi-<lb/> derwertigkeit/ als im wolſtandt. Das bloſſe<lb/> vnd offne Hertz gibt zuerkennen/ daß die lieb<lb/> auß vnnd von dem hertzen gehen ſolle. Daß<lb/> nun diſer Juͤngling ſeine wunde mit dem fin-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ger</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [476[475]/0491]
Hirnſchleiffer.
Meine lieben vnnd freunden haben ſich
gegen mir genahet vnd geſtellet/ vnd die
mir nahe waren/ ſtunden ferꝛne von
mir. Durch den obſtehenden Juͤngling wird
bedeut/ daß die wahre freundtſchafft keiner
ainigen zeit noch verenderung vnderworffen
iſt/ ſonder bleibt allzeit jung vnnd wehret jm-
merdar: Durch das alte Klaid welches der
Jüngling an hat/ wirdt zuuerſtehen gegeben/
daß ein wahrer freundt willig vnd berait iſt/
alle harte vnd ſchwere ding fuͤr ſeinen freundt
auß zuſtehen. Der bloſſe Kopff bedeut/ daß die
wahre freundſchafft offen vñ nit falſch iſt/ vñ
daß ein wahrer freundt ſich nit ſchemet ſeinen
freund fuͤr einen freund offentlich zubekeñen.
Die wort: vita & mors: oder das leben vnd
der todt: bedeuten/ daß die freunde einander
lieben ſollen im leben vnd ſterben. Die wort:
æſtas & hyems, der Winter vnd der Som-
mer: geben vnnd lehren vns/ daß die freunde
einander getrew ſein ſollen/ ſo wol in der wi-
derwertigkeit/ als im wolſtandt. Das bloſſe
vnd offne Hertz gibt zuerkennen/ daß die lieb
auß vnnd von dem hertzen gehen ſolle. Daß
nun diſer Juͤngling ſeine wunde mit dem fin-
ger
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |