Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Albertinus, Aegidius: Der Landtstörtzer: Gusman von Alfarche oder Picaro genannt. Bd. 1. München, 1615.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Landtstörtzer.
wenigisten machte ich mein Rechnung auffs
künfftig Jahr/ derwegen erging mirs dem
gemeinen Sprichwort nach: Wer nit sihet
für sich/ der findet sich hinder sich: oder wer
nit ist Fürsichtig/ der wirdt hindersichtig.

Mit grossem verlangen erwartete ich die
andere Nacht/ zuuor aber wickelte ich 80.
Kronen in ein starnitzel/ legte sie in einen
seydenen beutel für den verlohrnen Papagey/
welcher mich gedunckte/ das er zu mir sagte:
como estas loco cautiuo? das ist: Gefan-
gener Narr/ wie stehts/ vnd wie gehts dir?

Nun wolan/ in der bestimmten nacht sandt
ich mein Nympham im Fenster ligen vnd auf
mich warten: Jch gab jhr zu verstehen/ daß sie
ein Bändel oder strickel herunder lassen solte:
Aber sie war allbereit darmit gefast/ vnnd
zohe darmit den Beutel mit Gelt zu sich
hinauff/ dann nach demselben hatte sie zwei-
fels ohne/ ein vil grössers verlangen/ weder
nach meiner Person: Sie erzeigte mir auch
grosse zeichen der Lieb/ vnd sagte/ daß wofern
es in jhrer macht stünde/ sie mich in derselben
Nacht zu jhr einlassen wolte/ aber doch wölle

sie

Der Landtſtoͤrtzer.
wenigiſten machte ich mein Rechnung auffs
kuͤnfftig Jahr/ derwegen erging mirs dem
gemeinen Sprichwoꝛt nach: Wer nit ſihet
fuͤr ſich/ der findet ſich hinder ſich: oder wer
nit iſt Fuͤrſichtig/ der wirdt hinderſichtig.

Mit groſſem verlangen erwartete ich die
andere Nacht/ zuuoꝛ aber wickelte ich 80.
Kronen in ein ſtarnitzel/ legte ſie in einen
ſeydenen beutel fuͤr den verlohꝛnen Papagey/
welcher mich gedunckte/ das er zu mir ſagte:
como eſtas loco cautiuo? das iſt: Gefan-
gener Narꝛ/ wie ſtehts/ vnd wie gehts dir?

Nun wolan/ in der beſtim̃ten nacht ſandt
ich mein Nympham im Fenſter ligen vñ auf
mich warten: Jch gab jhꝛ zu verſtehen/ daß ſie
ein Baͤndel oder ſtrickel herunder laſſen ſolte:
Aber ſie war allbereit darmit gefaſt/ vnnd
zohe darmit den Beutel mit Gelt zu ſich
hinauff/ dann nach demſelben hatte ſie zwei-
fels ohne/ ein vil groͤſſers verlangen/ weder
nach meiner Perſon: Sie erzeigte mir auch
groſſe zeichen der Lieb/ vnd ſagte/ daß wofern
es in jhrer macht ſtuͤnde/ ſie mich in derſelben
Nacht zu jhꝛ einlaſſen wolte/ aber doch woͤlle

ſie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0213" n="191"/><fw place="top" type="header">Der Landt&#x017F;to&#x0364;rtzer.</fw><lb/>
wenigi&#x017F;ten machte ich mein Rechnung auffs<lb/>
ku&#x0364;nfftig Jahr/ derwegen erging mirs dem<lb/>
gemeinen Sprichwo&#xA75B;t nach: Wer nit &#x017F;ihet<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;ich/ der findet &#x017F;ich hinder &#x017F;ich: oder wer<lb/>
nit i&#x017F;t Fu&#x0364;r&#x017F;ichtig/ der wirdt hinder&#x017F;ichtig.</p><lb/>
          <p>Mit gro&#x017F;&#x017F;em verlangen erwartete ich die<lb/>
andere Nacht/ zuuo&#xA75B; aber wickelte ich 80.<lb/>
Kronen in ein &#x017F;tarnitzel/ legte &#x017F;ie in einen<lb/>
&#x017F;eydenen beutel fu&#x0364;r den verloh&#xA75B;nen Papagey/<lb/>
welcher mich gedunckte/ das er zu mir &#x017F;agte:<lb/><hi rendition="#aq">como e&#x017F;tas loco cautiuo?</hi> das i&#x017F;t: Gefan-<lb/>
gener Nar&#xA75B;/ wie &#x017F;tehts/ vnd wie gehts dir?</p><lb/>
          <p>Nun wolan/ in der be&#x017F;tim&#x0303;ten nacht &#x017F;andt<lb/>
ich mein <hi rendition="#aq">Nympham</hi> im Fen&#x017F;ter ligen vn&#x0303; auf<lb/>
mich warten: Jch gab jh&#xA75B; zu ver&#x017F;tehen/ daß &#x017F;ie<lb/>
ein Ba&#x0364;ndel oder &#x017F;trickel herunder la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;olte:<lb/>
Aber &#x017F;ie war allbereit darmit gefa&#x017F;t/ vnnd<lb/>
zohe darmit den Beutel mit Gelt zu &#x017F;ich<lb/>
hinauff/ dann nach dem&#x017F;elben hatte &#x017F;ie zwei-<lb/>
fels ohne/ ein vil gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ers verlangen/ weder<lb/>
nach meiner Per&#x017F;on: Sie erzeigte mir auch<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e zeichen der Lieb/ vnd &#x017F;agte/ daß wofern<lb/>
es in jhrer macht &#x017F;tu&#x0364;nde/ &#x017F;ie mich in der&#x017F;elben<lb/>
Nacht zu jh&#xA75B; einla&#x017F;&#x017F;en wolte/ aber doch wo&#x0364;lle<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ie</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0213] Der Landtſtoͤrtzer. wenigiſten machte ich mein Rechnung auffs kuͤnfftig Jahr/ derwegen erging mirs dem gemeinen Sprichwoꝛt nach: Wer nit ſihet fuͤr ſich/ der findet ſich hinder ſich: oder wer nit iſt Fuͤrſichtig/ der wirdt hinderſichtig. Mit groſſem verlangen erwartete ich die andere Nacht/ zuuoꝛ aber wickelte ich 80. Kronen in ein ſtarnitzel/ legte ſie in einen ſeydenen beutel fuͤr den verlohꝛnen Papagey/ welcher mich gedunckte/ das er zu mir ſagte: como eſtas loco cautiuo? das iſt: Gefan- gener Narꝛ/ wie ſtehts/ vnd wie gehts dir? Nun wolan/ in der beſtim̃ten nacht ſandt ich mein Nympham im Fenſter ligen vñ auf mich warten: Jch gab jhꝛ zu verſtehen/ daß ſie ein Baͤndel oder ſtrickel herunder laſſen ſolte: Aber ſie war allbereit darmit gefaſt/ vnnd zohe darmit den Beutel mit Gelt zu ſich hinauff/ dann nach demſelben hatte ſie zwei- fels ohne/ ein vil groͤſſers verlangen/ weder nach meiner Perſon: Sie erzeigte mir auch groſſe zeichen der Lieb/ vnd ſagte/ daß wofern es in jhrer macht ſtuͤnde/ ſie mich in derſelben Nacht zu jhꝛ einlaſſen wolte/ aber doch woͤlle ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_landtstoertzer01_1615
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_landtstoertzer01_1615/213
Zitationshilfe: Albertinus, Aegidius: Der Landtstörtzer: Gusman von Alfarche oder Picaro genannt. Bd. 1. München, 1615, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_landtstoertzer01_1615/213>, abgerufen am 21.11.2024.