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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

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Wie oft habe ich freundschaftlich mit dem Trefflichen
gesprochen, daß er sich doch etwas in die Verhält¬
nisse schicken möchte."

"Hätten Sie sich die Predigt doch lieber selbst
gehalten! fiel der Wirkliche wieder verdrießlich ein.
Mein Herr Geheimrath, es ist ganz unbegreiflich, wie
Sie die Veränderungen übersehen haben, die sich in
unsern Sitten zutrugen. Ja, ja in unsern Sitten!
Sehn Sie denn nicht ein, daß und wie sich alles
geändert hat. Ein junger tugendhafter König ist
unser Staatsoberhaupt, eine ebenso tugendhafte und
sittsame junge Königin an seiner Seite. Ihr Haus¬
halt ist ein wahres Exempel von Moralität, von wirk¬
lich rührender Häuslichkeit. Fühlen Sie denn nicht,
wie dies Beispiel schon auf das Publicum einwirkt.
Anfangs war man etwas frappirt, man verstand es
nicht, man glaubte nicht, daß es dauern könne, man
sah mehr darin ein idyllisches Schauspiel, manche
fürchteten sogar, daß die Königliche Autorität ver¬
lieren würde, ohne den Gold- und Silberapparat.
Aber es war anders. Wird dieser König weniger
geliebt, als der höchstselige? Ja ich wage zu be¬
haupten, der große Friedrich ward nicht so venerirt.
Wenn dieser jugendliche Monarch, mit zwei Rappen,
die schöne Königin an seiner Seite durch die Linden
kutschirt, wie schlagen alle Herzen! Hören Sie die
Bemerkungen der Leute. Das sind Symptome, mein
Lieber, auf die man achten muß."

"Herr Geheimrath! rief der andre, sich auf die

Wie oft habe ich freundſchaftlich mit dem Trefflichen
geſprochen, daß er ſich doch etwas in die Verhält¬
niſſe ſchicken möchte.“

„Hätten Sie ſich die Predigt doch lieber ſelbſt
gehalten! fiel der Wirkliche wieder verdrießlich ein.
Mein Herr Geheimrath, es iſt ganz unbegreiflich, wie
Sie die Veränderungen überſehen haben, die ſich in
unſern Sitten zutrugen. Ja, ja in unſern Sitten!
Sehn Sie denn nicht ein, daß und wie ſich alles
geändert hat. Ein junger tugendhafter König iſt
unſer Staatsoberhaupt, eine ebenſo tugendhafte und
ſittſame junge Königin an ſeiner Seite. Ihr Haus¬
halt iſt ein wahres Exempel von Moralität, von wirk¬
lich rührender Häuslichkeit. Fühlen Sie denn nicht,
wie dies Beiſpiel ſchon auf das Publicum einwirkt.
Anfangs war man etwas frappirt, man verſtand es
nicht, man glaubte nicht, daß es dauern könne, man
ſah mehr darin ein idylliſches Schauſpiel, manche
fürchteten ſogar, daß die Königliche Autorität ver¬
lieren würde, ohne den Gold- und Silberapparat.
Aber es war anders. Wird dieſer König weniger
geliebt, als der höchſtſelige? Ja ich wage zu be¬
haupten, der große Friedrich ward nicht ſo venerirt.
Wenn dieſer jugendliche Monarch, mit zwei Rappen,
die ſchöne Königin an ſeiner Seite durch die Linden
kutſchirt, wie ſchlagen alle Herzen! Hören Sie die
Bemerkungen der Leute. Das ſind Symptome, mein
Lieber, auf die man achten muß.“

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[105/0119] Wie oft habe ich freundſchaftlich mit dem Trefflichen geſprochen, daß er ſich doch etwas in die Verhält¬ niſſe ſchicken möchte.“ „Hätten Sie ſich die Predigt doch lieber ſelbſt gehalten! fiel der Wirkliche wieder verdrießlich ein. Mein Herr Geheimrath, es iſt ganz unbegreiflich, wie Sie die Veränderungen überſehen haben, die ſich in unſern Sitten zutrugen. Ja, ja in unſern Sitten! Sehn Sie denn nicht ein, daß und wie ſich alles geändert hat. Ein junger tugendhafter König iſt unſer Staatsoberhaupt, eine ebenſo tugendhafte und ſittſame junge Königin an ſeiner Seite. Ihr Haus¬ halt iſt ein wahres Exempel von Moralität, von wirk¬ lich rührender Häuslichkeit. Fühlen Sie denn nicht, wie dies Beiſpiel ſchon auf das Publicum einwirkt. Anfangs war man etwas frappirt, man verſtand es nicht, man glaubte nicht, daß es dauern könne, man ſah mehr darin ein idylliſches Schauſpiel, manche fürchteten ſogar, daß die Königliche Autorität ver¬ lieren würde, ohne den Gold- und Silberapparat. Aber es war anders. Wird dieſer König weniger geliebt, als der höchſtſelige? Ja ich wage zu be¬ haupten, der große Friedrich ward nicht ſo venerirt. Wenn dieſer jugendliche Monarch, mit zwei Rappen, die ſchöne Königin an ſeiner Seite durch die Linden kutſchirt, wie ſchlagen alle Herzen! Hören Sie die Bemerkungen der Leute. Das ſind Symptome, mein Lieber, auf die man achten muß.“ „Herr Geheimrath! rief der andre, ſich auf die

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/119>, abgerufen am 25.11.2024.