sie wüßten, daß sie unter den Civilisten auch ihren Mann fänden. Darum dominiren jetzt die Uniformen wo sie mit den Fracks zusammen kommen, und die trennen sich immer mehr, die doch bestimmt sind, zu¬ sammen zu halten als Brüder und Glieder eines Volkes."
"Es ist seltsam, einen alten Officier so reden zu hören."
"Es war nicht alles gut unter dem großen König, aber es war anders. Sein Auge war ein Etwas, was das träge Blut in Bewegung brachte. Es war allüberall, wenn er auch nicht zugegen war. Man stellte sich vor, wenn man etwas that oder unterließ, daß der König es gesehen haben könnte, man fragte sich, was er wohl dazu gesagt, wie er geurtheilt hätte, und das gab eine Disciplin, die kein Com¬ mando macht. Er war ungerecht. O ja, er ist es oft gewesen. Aber wer von ihm litt, der setzte einen Stolz darin, daß er litt; er dachte sich, eigentlich weiß es wohl Friedrich jetzt, daß er dir unrecht ge¬ than, aber er kann's oder mag's nicht ändern, um der Autorität willen, oder aus Eigensinn. Das Ge¬ fühl that dann wohl, wie das pour le merite Kreuz auf der Brust. Man litt um seinen König und durch seinen König, und der König weiß es auch, und trägt vielleicht noch schwerer daran."
"Den Orden trägst Du auch."
"Den, daß ich ein Bürgerlicher war. Ein Leiden läßt sich schon tragen, was viele Hunderte mit uns tragen."
ſie wüßten, daß ſie unter den Civiliſten auch ihren Mann fänden. Darum dominiren jetzt die Uniformen wo ſie mit den Fracks zuſammen kommen, und die trennen ſich immer mehr, die doch beſtimmt ſind, zu¬ ſammen zu halten als Brüder und Glieder eines Volkes.“
„Es iſt ſeltſam, einen alten Officier ſo reden zu hören.“
„Es war nicht alles gut unter dem großen König, aber es war anders. Sein Auge war ein Etwas, was das träge Blut in Bewegung brachte. Es war allüberall, wenn er auch nicht zugegen war. Man ſtellte ſich vor, wenn man etwas that oder unterließ, daß der König es geſehen haben könnte, man fragte ſich, was er wohl dazu geſagt, wie er geurtheilt hätte, und das gab eine Disciplin, die kein Com¬ mando macht. Er war ungerecht. O ja, er iſt es oft geweſen. Aber wer von ihm litt, der ſetzte einen Stolz darin, daß er litt; er dachte ſich, eigentlich weiß es wohl Friedrich jetzt, daß er dir unrecht ge¬ than, aber er kann's oder mag's nicht ändern, um der Autorität willen, oder aus Eigenſinn. Das Ge¬ fühl that dann wohl, wie das pour le merite Kreuz auf der Bruſt. Man litt um ſeinen König und durch ſeinen König, und der König weiß es auch, und trägt vielleicht noch ſchwerer daran.“
„Den Orden trägſt Du auch.“
„Den, daß ich ein Bürgerlicher war. Ein Leiden läßt ſich ſchon tragen, was viele Hunderte mit uns tragen.“
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ſie wüßten, daß ſie unter den Civiliſten auch ihren
Mann fänden. Darum dominiren jetzt die Uniformen
wo ſie mit den Fracks zuſammen kommen, und die
trennen ſich immer mehr, die doch beſtimmt ſind, zu¬
ſammen zu halten als Brüder und Glieder eines
Volkes.“
„Es iſt ſeltſam, einen alten Officier ſo reden
zu hören.“
„Es war nicht alles gut unter dem großen König,
aber es war anders. Sein Auge war ein Etwas,
was das träge Blut in Bewegung brachte. Es war
allüberall, wenn er auch nicht zugegen war. Man
ſtellte ſich vor, wenn man etwas that oder unterließ,
daß der König es geſehen haben könnte, man fragte
ſich, was er wohl dazu geſagt, wie er geurtheilt
hätte, und das gab eine Disciplin, die kein Com¬
mando macht. Er war ungerecht. O ja, er iſt es
oft geweſen. Aber wer von ihm litt, der ſetzte einen
Stolz darin, daß er litt; er dachte ſich, eigentlich
weiß es wohl Friedrich jetzt, daß er dir unrecht ge¬
than, aber er kann's oder mag's nicht ändern, um
der Autorität willen, oder aus Eigenſinn. Das Ge¬
fühl that dann wohl, wie das pour le merite Kreuz
auf der Bruſt. Man litt um ſeinen König und durch
ſeinen König, und der König weiß es auch, und trägt
vielleicht noch ſchwerer daran.“
„Den Orden trägſt Du auch.“
„Den, daß ich ein Bürgerlicher war. Ein Leiden
läßt ſich ſchon tragen, was viele Hunderte mit uns tragen.“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/151>, abgerufen am 21.11.2024.
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