auf zwischen den Aehren? Der Hagebuttenstrauch im Korn, der grüne Rain, der die Felder trennt, ist ja ihr Spielplatz. Hier führen sie Reigentänze, hier stampfen ihre zierlichen Füßchen die Ringelkreise, die der Landmann am Morgen findet, und der Abend¬ thau fiel noch auf frisches Gras. Aber schnell, wenn ein Späherauge sie entdeckt, verschrumpfen sie, hängen sich an den Ginsterstrauch, sie klettern in die Hage¬ butte. Der Wind scheint in den Blättern und Zweigen zu spielen, aber es sind ihre leichten Körper, die sich daran schaukeln.
Diese verschwanden nicht.
Die Eine, eine schmächtige Brünette von dunkeln, aber etwas umflorten Augen, mit einem getrübten Blick. Die rothen Mohnblumen, die ihre losen Blätter im schwarzen Haar flattern ließen, paßten zu der Gestalt, dem melancholischen Gesicht. Eine Elfe, die den Einen unwiderstehlich anziehen mochte, den Andern zurückstoßen. Die andere, kleinere, rundliche, ein nußbraunes Mädchen, mit Schelmengrübchen um die Wangen und lachenden Schelmenaugen; wie wohl stand ihr der Kranz von Kornblumen, Aehren und Mohn im Haar.
Aber die Dritte, die Elfenkönigin. Wie frei schaute ihr blaues Auge, blau wie die Kornblumen, blau wie der Himmel, aus der freien Stirn. Wie leicht bewegte sie sich, wie anders athmete sie die Luft ein; nicht als gehöre die Welt ihr, aber als nehme sie freudig ihren Tribut hin von Licht und Luft, von
auf zwiſchen den Aehren? Der Hagebuttenſtrauch im Korn, der grüne Rain, der die Felder trennt, iſt ja ihr Spielplatz. Hier führen ſie Reigentänze, hier ſtampfen ihre zierlichen Füßchen die Ringelkreiſe, die der Landmann am Morgen findet, und der Abend¬ thau fiel noch auf friſches Gras. Aber ſchnell, wenn ein Späherauge ſie entdeckt, verſchrumpfen ſie, hängen ſich an den Ginſterſtrauch, ſie klettern in die Hage¬ butte. Der Wind ſcheint in den Blättern und Zweigen zu ſpielen, aber es ſind ihre leichten Körper, die ſich daran ſchaukeln.
Dieſe verſchwanden nicht.
Die Eine, eine ſchmächtige Brünette von dunkeln, aber etwas umflorten Augen, mit einem getrübten Blick. Die rothen Mohnblumen, die ihre loſen Blätter im ſchwarzen Haar flattern ließen, paßten zu der Geſtalt, dem melancholiſchen Geſicht. Eine Elfe, die den Einen unwiderſtehlich anziehen mochte, den Andern zurückſtoßen. Die andere, kleinere, rundliche, ein nußbraunes Mädchen, mit Schelmengrübchen um die Wangen und lachenden Schelmenaugen; wie wohl ſtand ihr der Kranz von Kornblumen, Aehren und Mohn im Haar.
Aber die Dritte, die Elfenkönigin. Wie frei ſchaute ihr blaues Auge, blau wie die Kornblumen, blau wie der Himmel, aus der freien Stirn. Wie leicht bewegte ſie ſich, wie anders athmete ſie die Luft ein; nicht als gehöre die Welt ihr, aber als nehme ſie freudig ihren Tribut hin von Licht und Luft, von
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auf zwiſchen den Aehren? Der Hagebuttenſtrauch im
Korn, der grüne Rain, der die Felder trennt, iſt ja
ihr Spielplatz. Hier führen ſie Reigentänze, hier
ſtampfen ihre zierlichen Füßchen die Ringelkreiſe, die
der Landmann am Morgen findet, und der Abend¬
thau fiel noch auf friſches Gras. Aber ſchnell, wenn
ein Späherauge ſie entdeckt, verſchrumpfen ſie, hängen
ſich an den Ginſterſtrauch, ſie klettern in die Hage¬
butte. Der Wind ſcheint in den Blättern und Zweigen
zu ſpielen, aber es ſind ihre leichten Körper, die ſich
daran ſchaukeln.
Dieſe verſchwanden nicht.
Die Eine, eine ſchmächtige Brünette von dunkeln,
aber etwas umflorten Augen, mit einem getrübten
Blick. Die rothen Mohnblumen, die ihre loſen
Blätter im ſchwarzen Haar flattern ließen, paßten zu
der Geſtalt, dem melancholiſchen Geſicht. Eine Elfe,
die den Einen unwiderſtehlich anziehen mochte, den
Andern zurückſtoßen. Die andere, kleinere, rundliche,
ein nußbraunes Mädchen, mit Schelmengrübchen um
die Wangen und lachenden Schelmenaugen; wie wohl
ſtand ihr der Kranz von Kornblumen, Aehren und
Mohn im Haar.
Aber die Dritte, die Elfenkönigin. Wie frei
ſchaute ihr blaues Auge, blau wie die Kornblumen,
blau wie der Himmel, aus der freien Stirn. Wie
leicht bewegte ſie ſich, wie anders athmete ſie die Luft
ein; nicht als gehöre die Welt ihr, aber als nehme
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/189>, abgerufen am 21.11.2024.
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