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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

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"Weil wir keine Equipage halten können," re¬
capitulirte der Kriegsrath.

"Wie Du auch bist, Mann! Wer redet denn
davon. Aber den Christian von der Brösicke könnten
wir heimlich in die Stadt schicken, daß er uns eine
Lohnkutsche holt, von Herrn Verdrieß, dem Fuhrmann,
er wohnt ja gleich am halleschen Thor. Für einen
Groschen thut's der Junge, ach er thut's umsonst aus
Plaisir, daß er zurückkutschiren kann. Dann fährt
der Kutscher vor, wir kommen mit Anstand in die
Stadt zurück, und sie denken 's ist unser Wagen."

"Sie sollen nichts denken, was nicht wahr ist."

"Alter verstehe mich nur, 's ist ja auch gar nicht
darum, daß wir was scheinen, was wir nicht sind.
Für 'nen Registrator schickte sich's auch, aber -- wenn
Du nun Geheimrath wirst!"

"Kommt Zeit, kommt Rath."

"Und bis dahin kommst Du ins Gerede, und
wirst am Ende gar nicht Geheimrath."

"Dann bleib ich Kriegsrath."

"Und Deine Tochter bleibt sitzen. Sie kommt
ins Gerede. Wenn wir nun mit Sack und Pack
unterm Arm trotten, liebster, bester Mann, und die
Obristin kommt gerollt in der schönen Equipage, und
die Adelheid trägt wohl gar wieder den Korb -- ach
wird sie denken das sind solche Leute! und Du bist's,
der das Glück Deiner Kinder verscherzt hast, aus
Eigensinn!"

"Da können wir ja gleich die Frau Obristin fragen."

„Weil wir keine Equipage halten können,“ re¬
capitulirte der Kriegsrath.

„Wie Du auch biſt, Mann! Wer redet denn
davon. Aber den Chriſtian von der Bröſicke könnten
wir heimlich in die Stadt ſchicken, daß er uns eine
Lohnkutſche holt, von Herrn Verdrieß, dem Fuhrmann,
er wohnt ja gleich am halleſchen Thor. Für einen
Groſchen thut's der Junge, ach er thut's umſonſt aus
Plaiſir, daß er zurückkutſchiren kann. Dann fährt
der Kutſcher vor, wir kommen mit Anſtand in die
Stadt zurück, und ſie denken 's iſt unſer Wagen.“

„Sie ſollen nichts denken, was nicht wahr iſt.“

„Alter verſtehe mich nur, 's iſt ja auch gar nicht
darum, daß wir was ſcheinen, was wir nicht ſind.
Für 'nen Regiſtrator ſchickte ſich's auch, aber — wenn
Du nun Geheimrath wirſt!“

„Kommt Zeit, kommt Rath.“

„Und bis dahin kommſt Du ins Gerede, und
wirſt am Ende gar nicht Geheimrath.“

„Dann bleib ich Kriegsrath.“

„Und Deine Tochter bleibt ſitzen. Sie kommt
ins Gerede. Wenn wir nun mit Sack und Pack
unterm Arm trotten, liebſter, beſter Mann, und die
Obriſtin kommt gerollt in der ſchönen Equipage, und
die Adelheid trägt wohl gar wieder den Korb — ach
wird ſie denken das ſind ſolche Leute! und Du biſt's,
der das Glück Deiner Kinder verſcherzt haſt, aus
Eigenſinn!“

„Da können wir ja gleich die Frau Obriſtin fragen.“

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[184/0198] „Weil wir keine Equipage halten können,“ re¬ capitulirte der Kriegsrath. „Wie Du auch biſt, Mann! Wer redet denn davon. Aber den Chriſtian von der Bröſicke könnten wir heimlich in die Stadt ſchicken, daß er uns eine Lohnkutſche holt, von Herrn Verdrieß, dem Fuhrmann, er wohnt ja gleich am halleſchen Thor. Für einen Groſchen thut's der Junge, ach er thut's umſonſt aus Plaiſir, daß er zurückkutſchiren kann. Dann fährt der Kutſcher vor, wir kommen mit Anſtand in die Stadt zurück, und ſie denken 's iſt unſer Wagen.“ „Sie ſollen nichts denken, was nicht wahr iſt.“ „Alter verſtehe mich nur, 's iſt ja auch gar nicht darum, daß wir was ſcheinen, was wir nicht ſind. Für 'nen Regiſtrator ſchickte ſich's auch, aber — wenn Du nun Geheimrath wirſt!“ „Kommt Zeit, kommt Rath.“ „Und bis dahin kommſt Du ins Gerede, und wirſt am Ende gar nicht Geheimrath.“ „Dann bleib ich Kriegsrath.“ „Und Deine Tochter bleibt ſitzen. Sie kommt ins Gerede. Wenn wir nun mit Sack und Pack unterm Arm trotten, liebſter, beſter Mann, und die Obriſtin kommt gerollt in der ſchönen Equipage, und die Adelheid trägt wohl gar wieder den Korb — ach wird ſie denken das ſind ſolche Leute! und Du biſt's, der das Glück Deiner Kinder verſcherzt haſt, aus Eigenſinn!“ „Da können wir ja gleich die Frau Obriſtin fragen.“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/198>, abgerufen am 21.11.2024.