das Gute komme doch wohl nicht alles vom Lehrer, sondern das Beste von den Eltern. Ich war wie übergossen, als er Deinen Namen nannte, Väterchen, und in meiner Verlegenheit fragte ich ihn, ob er Dich denn kennte? Ich selbst habe nicht die Ehre, antwortete er, aber der Name ihres Herrn Vaters ist bei Hofe wohl bekannt und sehr gut angeschrieben."
Sie sprang auf, und fiel dem Vater um den Hals: "Väterchen, man kennt Dich bei Hofe!"
Die Mutter wischte eine Thräne aus dem Auge. Der Vater meinte, man müsse auch nicht alles glau¬ ben, was die Leute uns in's Gesicht sagen.
Nachher hatte sich der Kammerherr empfohlen, so höflich und fast respectvoll, daß sie sich wieder ge¬ schämt, denn gegen die Nichten war er gar nicht so fein. Er hoffe sie ein andermal wieder zu sehen, und die Obristin hatte gesagt, das solle nächstens geschehen, auf eine Tasse Chocolate, wenn ihre Woh¬ nung erst ganz in Ordnung sei, und darauf war sie mit dem Kammerherrn fortgefahren, in die Oper. Ein Bediente sollte Adelheid nach Hause bringen, aber die Nichten hätten es sich nicht nehmen lassen, sie selbst zu begleiten. Der Rückweg sei nun nicht so angenehm gewesen, denn sie wären oft angesprochen worden von unverschämten jungen Männern. Aber die Nichten hätten sie schön zurecht gewiesen: "Schä¬ men Sie sich nicht, anständige Damen zu attaquiren!" Da hätten die Herren gelacht, aber die Nichten hätten sie um Gottes Willen gebeten, es der Tante nicht
das Gute komme doch wohl nicht alles vom Lehrer, ſondern das Beſte von den Eltern. Ich war wie übergoſſen, als er Deinen Namen nannte, Väterchen, und in meiner Verlegenheit fragte ich ihn, ob er Dich denn kennte? Ich ſelbſt habe nicht die Ehre, antwortete er, aber der Name ihres Herrn Vaters iſt bei Hofe wohl bekannt und ſehr gut angeſchrieben.“
Sie ſprang auf, und fiel dem Vater um den Hals: „Väterchen, man kennt Dich bei Hofe!“
Die Mutter wiſchte eine Thräne aus dem Auge. Der Vater meinte, man müſſe auch nicht alles glau¬ ben, was die Leute uns in's Geſicht ſagen.
Nachher hatte ſich der Kammerherr empfohlen, ſo höflich und faſt reſpectvoll, daß ſie ſich wieder ge¬ ſchämt, denn gegen die Nichten war er gar nicht ſo fein. Er hoffe ſie ein andermal wieder zu ſehen, und die Obriſtin hatte geſagt, das ſolle nächſtens geſchehen, auf eine Taſſe Chocolate, wenn ihre Woh¬ nung erſt ganz in Ordnung ſei, und darauf war ſie mit dem Kammerherrn fortgefahren, in die Oper. Ein Bediente ſollte Adelheid nach Hauſe bringen, aber die Nichten hätten es ſich nicht nehmen laſſen, ſie ſelbſt zu begleiten. Der Rückweg ſei nun nicht ſo angenehm geweſen, denn ſie wären oft angeſprochen worden von unverſchämten jungen Männern. Aber die Nichten hätten ſie ſchön zurecht gewieſen: „Schä¬ men Sie ſich nicht, anſtändige Damen zu attaquiren!“ Da hätten die Herren gelacht, aber die Nichten hätten ſie um Gottes Willen gebeten, es der Tante nicht
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das Gute komme doch wohl nicht alles vom Lehrer,
ſondern das Beſte von den Eltern. Ich war wie
übergoſſen, als er Deinen Namen nannte, Väterchen,
und in meiner Verlegenheit fragte ich ihn, ob er
Dich denn kennte? Ich ſelbſt habe nicht die Ehre,
antwortete er, aber der Name ihres Herrn Vaters iſt
bei Hofe wohl bekannt und ſehr gut angeſchrieben.“
Sie ſprang auf, und fiel dem Vater um den
Hals: „Väterchen, man kennt Dich bei Hofe!“
Die Mutter wiſchte eine Thräne aus dem Auge.
Der Vater meinte, man müſſe auch nicht alles glau¬
ben, was die Leute uns in's Geſicht ſagen.
Nachher hatte ſich der Kammerherr empfohlen,
ſo höflich und faſt reſpectvoll, daß ſie ſich wieder ge¬
ſchämt, denn gegen die Nichten war er gar nicht ſo
fein. Er hoffe ſie ein andermal wieder zu ſehen,
und die Obriſtin hatte geſagt, das ſolle nächſtens
geſchehen, auf eine Taſſe Chocolate, wenn ihre Woh¬
nung erſt ganz in Ordnung ſei, und darauf war ſie
mit dem Kammerherrn fortgefahren, in die Oper.
Ein Bediente ſollte Adelheid nach Hauſe bringen,
aber die Nichten hätten es ſich nicht nehmen laſſen,
ſie ſelbſt zu begleiten. Der Rückweg ſei nun nicht
ſo angenehm geweſen, denn ſie wären oft angeſprochen
worden von unverſchämten jungen Männern. Aber
die Nichten hätten ſie ſchön zurecht gewieſen: „Schä¬
men Sie ſich nicht, anſtändige Damen zu attaquiren!“
Da hätten die Herren gelacht, aber die Nichten hätten
ſie um Gottes Willen gebeten, es der Tante nicht
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/227>, abgerufen am 23.11.2024.
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