Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.schienen, hatte aber noch einen Beobachter. Der Ge¬ "Sie haben uns wohl belauscht, lieber Bovillard, Er wollte ihre Hand an die Lippen führen, sie "Ich bewundere Ihren Fleiß Excellenz." Der Handschlag war weit sanfter als den der Ge¬ "Häusliche Angelegenheiten, sagte die Excellenz, Sie probirte den Strumpf am Fuße des Mi¬ "Und keinen Handschlag für mich?" sagte der "Frauendienst geht vor Herrendienst." Der Geheimrath nahm mit anscheinender Behag¬ ſchienen, hatte aber noch einen Beobachter. Der Ge¬ „Sie haben uns wohl belauſcht, lieber Bovillard, Er wollte ihre Hand an die Lippen führen, ſie „Ich bewundere Ihren Fleiß Excellenz.“ Der Handſchlag war weit ſanfter als den der Ge¬ „Häusliche Angelegenheiten, ſagte die Excellenz, Sie probirte den Strumpf am Fuße des Mi¬ „Und keinen Handſchlag für mich?“ ſagte der „Frauendienſt geht vor Herrendienſt.“ Der Geheimrath nahm mit anſcheinender Behag¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0233" n="219"/> ſchienen, hatte aber noch einen Beobachter. Der Ge¬<lb/> heimrath Bovillard ſtand unfern von dem Eingang<lb/> der Laube, den Hut im Arm, und die Arme gekreuzt.<lb/> Eine Pauſe benutzend, trat er mit einigem Ge¬<lb/> räuſch vor:</p><lb/> <p>„Sie haben uns wohl belauſcht, lieber Bovillard,<lb/> ſagte die Miniſterin. Das iſt nicht recht; wer zur<lb/> Familie gehört, der muß nie zu ſtören fürchten.“</p><lb/> <p>Er wollte ihre Hand an die Lippen führen, ſie<lb/> zog ſie unwillig zurück: „Wir ſind Deutſche. Einen<lb/> ehrlichen Handſchlag.“</p><lb/> <p>„Ich bewundere Ihren Fleiß Excellenz.“</p><lb/> <p>Der Handſchlag war weit ſanfter als den der Ge¬<lb/> heimrath neulich Abend mit dem Rittmeiſter tauſchte.</p><lb/> <p>„Häusliche Angelegenheiten, ſagte die Excellenz,<lb/> gehen der Freundſchaft vor. Halte mir mal Deinen<lb/> Fuß her, lieber Chriſtian!“</p><lb/> <p>Sie probirte den Strumpf am Fuße des Mi¬<lb/> niſters: „Sie lächeln wohl über mich, Bovillard.<lb/> Das genirt mich aber gar nicht. Ehe wir's uns verſehen,<lb/> kommt der Winter ins Haus, und da muß eine gute<lb/> Hausfrau bei Zeiten geſorgt haben. Setzen Sie ſich,<lb/> und plaudern mit meinem Mann von Staats- und<lb/> gelehrten Dingen, ich werde Sie nicht ſtören.“</p><lb/> <p>„Und keinen Handſchlag für mich?“ ſagte der<lb/> Miniſter, ſeine Hand über den Tiſch ihm entgegen<lb/> haltend!</p><lb/> <p>„Frauendienſt geht vor Herrendienſt.“</p><lb/> <p>Der Geheimrath nahm mit anſcheinender Behag¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [219/0233]
ſchienen, hatte aber noch einen Beobachter. Der Ge¬
heimrath Bovillard ſtand unfern von dem Eingang
der Laube, den Hut im Arm, und die Arme gekreuzt.
Eine Pauſe benutzend, trat er mit einigem Ge¬
räuſch vor:
„Sie haben uns wohl belauſcht, lieber Bovillard,
ſagte die Miniſterin. Das iſt nicht recht; wer zur
Familie gehört, der muß nie zu ſtören fürchten.“
Er wollte ihre Hand an die Lippen führen, ſie
zog ſie unwillig zurück: „Wir ſind Deutſche. Einen
ehrlichen Handſchlag.“
„Ich bewundere Ihren Fleiß Excellenz.“
Der Handſchlag war weit ſanfter als den der Ge¬
heimrath neulich Abend mit dem Rittmeiſter tauſchte.
„Häusliche Angelegenheiten, ſagte die Excellenz,
gehen der Freundſchaft vor. Halte mir mal Deinen
Fuß her, lieber Chriſtian!“
Sie probirte den Strumpf am Fuße des Mi¬
niſters: „Sie lächeln wohl über mich, Bovillard.
Das genirt mich aber gar nicht. Ehe wir's uns verſehen,
kommt der Winter ins Haus, und da muß eine gute
Hausfrau bei Zeiten geſorgt haben. Setzen Sie ſich,
und plaudern mit meinem Mann von Staats- und
gelehrten Dingen, ich werde Sie nicht ſtören.“
„Und keinen Handſchlag für mich?“ ſagte der
Miniſter, ſeine Hand über den Tiſch ihm entgegen
haltend!
„Frauendienſt geht vor Herrendienſt.“
Der Geheimrath nahm mit anſcheinender Behag¬
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