Durch den Buschweg, den sie nach dem Hause einschlugen, kam ihnen der Kammerdiener mit einem verdeckten Korbe entgegen: "Ah Recreationen, die uns die Frau Ministerin schickt!" rief Bovillard, der hungrig geworden, und schlug die Serviette zurück. Die frischen Kirschkuchen und das Gelee in Gläsern blickte ihm nicht unangenehm entgegen, aber der Kam¬ merdiener zog den Korb entschieden zurück: "Ver¬ zeihn Sie, gnädiger Herr, das ist für die Herren Urmenschen auf der Insel. Ich habe mich etwas verspätet."
"Gedulden Sie sich etwas, lieber Bovillard. Für Ihren Geschmack sind doch nicht diese idyllischen Fruchtgenüsse. Aber ich will Ihnen eine allerliebste kleine Straßburgerin vorsetzen, lächelte die Excellenz. Wenn auch nicht ganz Unschuld, doch sehr pikant, und eben frisch angekommen."
"Die Damen bleiben doch die Blüthen der Na¬ tur, entgegnete der Geheimrath, ich meine aber die in der Mitte zwischen Gänseblumen und verwelkten Tulpen."
Bei einer Oeffnung der Büsche hatten die Spa¬ ziergänger einen Blick auf die Rückseite der sogenann¬ ten Insel. Der Kammerdiener hatte auf einer Stange den Erfrischungskorb hinüber gereicht. Die Urmen¬ schen hielten es für naturgemäß, sich darum zu balgen. Der stärkere stemmte den Kopf gegen den Bauch des andern und hob ihn durch einen gym¬ nastischen Schwung auf die Schultern.
Durch den Buſchweg, den ſie nach dem Hauſe einſchlugen, kam ihnen der Kammerdiener mit einem verdeckten Korbe entgegen: „Ah Recreationen, die uns die Frau Miniſterin ſchickt!“ rief Bovillard, der hungrig geworden, und ſchlug die Serviette zurück. Die friſchen Kirſchkuchen und das Gelée in Gläſern blickte ihm nicht unangenehm entgegen, aber der Kam¬ merdiener zog den Korb entſchieden zurück: „Ver¬ zeihn Sie, gnädiger Herr, das iſt für die Herren Urmenſchen auf der Inſel. Ich habe mich etwas verſpätet.“
„Gedulden Sie ſich etwas, lieber Bovillard. Für Ihren Geſchmack ſind doch nicht dieſe idylliſchen Fruchtgenüſſe. Aber ich will Ihnen eine allerliebſte kleine Straßburgerin vorſetzen, lächelte die Excellenz. Wenn auch nicht ganz Unſchuld, doch ſehr pikant, und eben friſch angekommen.“
„Die Damen bleiben doch die Blüthen der Na¬ tur, entgegnete der Geheimrath, ich meine aber die in der Mitte zwiſchen Gänſeblumen und verwelkten Tulpen.“
Bei einer Oeffnung der Büſche hatten die Spa¬ ziergänger einen Blick auf die Rückſeite der ſogenann¬ ten Inſel. Der Kammerdiener hatte auf einer Stange den Erfriſchungskorb hinüber gereicht. Die Urmen¬ ſchen hielten es für naturgemäß, ſich darum zu balgen. Der ſtärkere ſtemmte den Kopf gegen den Bauch des andern und hob ihn durch einen gym¬ naſtiſchen Schwung auf die Schultern.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0250"n="236"/><p>Durch den Buſchweg, den ſie nach dem Hauſe<lb/>
einſchlugen, kam ihnen der Kammerdiener mit einem<lb/>
verdeckten Korbe entgegen: „Ah Recreationen, die<lb/>
uns die Frau Miniſterin ſchickt!“ rief Bovillard, der<lb/>
hungrig geworden, und ſchlug die Serviette zurück.<lb/>
Die friſchen Kirſchkuchen und das Gel<hirendition="#aq">é</hi>e in Gläſern<lb/>
blickte ihm nicht unangenehm entgegen, aber der Kam¬<lb/>
merdiener zog den Korb entſchieden zurück: „Ver¬<lb/>
zeihn Sie, gnädiger Herr, das iſt für die Herren<lb/>
Urmenſchen auf der Inſel. Ich habe mich etwas<lb/>
verſpätet.“</p><lb/><p>„Gedulden Sie ſich etwas, lieber Bovillard.<lb/>
Für Ihren Geſchmack ſind doch nicht dieſe idylliſchen<lb/>
Fruchtgenüſſe. Aber ich will Ihnen eine allerliebſte kleine<lb/>
Straßburgerin vorſetzen, lächelte die Excellenz. Wenn<lb/>
auch nicht ganz Unſchuld, doch ſehr pikant, und eben<lb/>
friſch angekommen.“</p><lb/><p>„Die Damen bleiben doch die Blüthen der Na¬<lb/>
tur, entgegnete der Geheimrath, ich meine aber die<lb/>
in der Mitte zwiſchen Gänſeblumen und verwelkten<lb/>
Tulpen.“</p><lb/><p>Bei einer Oeffnung der Büſche hatten die Spa¬<lb/>
ziergänger einen Blick auf die Rückſeite der ſogenann¬<lb/>
ten Inſel. Der Kammerdiener hatte auf einer Stange<lb/>
den Erfriſchungskorb hinüber gereicht. Die <choice><sic>Urmen¬<lb/>
menſchen</sic><corr>Urmen¬<lb/>ſchen</corr></choice> hielten es für naturgemäß, ſich darum zu<lb/>
balgen. Der ſtärkere ſtemmte den Kopf gegen den<lb/>
Bauch des andern und hob ihn durch einen gym¬<lb/>
naſtiſchen Schwung auf die Schultern.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[236/0250]
Durch den Buſchweg, den ſie nach dem Hauſe
einſchlugen, kam ihnen der Kammerdiener mit einem
verdeckten Korbe entgegen: „Ah Recreationen, die
uns die Frau Miniſterin ſchickt!“ rief Bovillard, der
hungrig geworden, und ſchlug die Serviette zurück.
Die friſchen Kirſchkuchen und das Gelée in Gläſern
blickte ihm nicht unangenehm entgegen, aber der Kam¬
merdiener zog den Korb entſchieden zurück: „Ver¬
zeihn Sie, gnädiger Herr, das iſt für die Herren
Urmenſchen auf der Inſel. Ich habe mich etwas
verſpätet.“
„Gedulden Sie ſich etwas, lieber Bovillard.
Für Ihren Geſchmack ſind doch nicht dieſe idylliſchen
Fruchtgenüſſe. Aber ich will Ihnen eine allerliebſte kleine
Straßburgerin vorſetzen, lächelte die Excellenz. Wenn
auch nicht ganz Unſchuld, doch ſehr pikant, und eben
friſch angekommen.“
„Die Damen bleiben doch die Blüthen der Na¬
tur, entgegnete der Geheimrath, ich meine aber die
in der Mitte zwiſchen Gänſeblumen und verwelkten
Tulpen.“
Bei einer Oeffnung der Büſche hatten die Spa¬
ziergänger einen Blick auf die Rückſeite der ſogenann¬
ten Inſel. Der Kammerdiener hatte auf einer Stange
den Erfriſchungskorb hinüber gereicht. Die Urmen¬
ſchen hielten es für naturgemäß, ſich darum zu
balgen. Der ſtärkere ſtemmte den Kopf gegen den
Bauch des andern und hob ihn durch einen gym¬
naſtiſchen Schwung auf die Schultern.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/250>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.