sich zum Panzer ajustirt, wenn sie aber widerborstig werden, sind sie Stacheln in unserm Fleisch. Beyme hat den Vortrag an den König aufgesetzt."
"Und hinter ihm dictirte --? Wer, bester Freund, könnte unsre Aufmerksamkeit so getäuscht haben! Har¬ denberg?"
"Wird ihn vielleicht nicht grade wünschen, aber noch mehr fürchten, daß er ihn zu fürchten scheinen könnte. Hardenberg ist ein Speculant auf die Zukunft, der sich um deswillen den Genuß der Gegenwart nicht will trüben lassen. Er möchte gern aus der Vogelperspective die Dinge betrachten, um, wenn seine Zeit gekommen, auf seine Beute herab¬ zuschießen. Daß die Zeit jetzt für ihn noch nicht da ist, sieht er ein."
"Aber wer in aller Welt steckt hinter Beyme?"
"Wir müssen höher suchen. Einer sehr tugend¬ haften Frau am Hofe sind wir nicht tugendhaft genug, lieber Bovillard."
"Der wird der Hecht im Karpfenteich," rief der Geheimrath.
"Ja, wenn er hier agirt wie in seinem West¬ phalen! Ich bestreite durchaus nicht Stein's Verdienste. O, er hat charmant administrirt, was Steine anbe¬ trifft und Wege und Metalle. Nur mit den Menschen hat er eine eigenthümliche Art umzugehen."
"Der Herr Oberpräsident waren ja ein kleiner König von Westphalen."
"Und er wird sich hier nicht degradiren wollen.
16 *
ſich zum Panzer ajuſtirt, wenn ſie aber widerborſtig werden, ſind ſie Stacheln in unſerm Fleiſch. Beyme hat den Vortrag an den König aufgeſetzt.“
„Und hinter ihm dictirte —? Wer, beſter Freund, könnte unſre Aufmerkſamkeit ſo getäuſcht haben! Har¬ denberg?“
„Wird ihn vielleicht nicht grade wünſchen, aber noch mehr fürchten, daß er ihn zu fürchten ſcheinen könnte. Hardenberg iſt ein Speculant auf die Zukunft, der ſich um deswillen den Genuß der Gegenwart nicht will trüben laſſen. Er möchte gern aus der Vogelperſpective die Dinge betrachten, um, wenn ſeine Zeit gekommen, auf ſeine Beute herab¬ zuſchießen. Daß die Zeit jetzt für ihn noch nicht da iſt, ſieht er ein.“
„Aber wer in aller Welt ſteckt hinter Beyme?“
„Wir müſſen höher ſuchen. Einer ſehr tugend¬ haften Frau am Hofe ſind wir nicht tugendhaft genug, lieber Bovillard.“
„Der wird der Hecht im Karpfenteich,“ rief der Geheimrath.
„Ja, wenn er hier agirt wie in ſeinem Weſt¬ phalen! Ich beſtreite durchaus nicht Stein's Verdienſte. O, er hat charmant adminiſtrirt, was Steine anbe¬ trifft und Wege und Metalle. Nur mit den Menſchen hat er eine eigenthümliche Art umzugehen.“
„Der Herr Oberpräſident waren ja ein kleiner König von Weſtphalen.“
„Und er wird ſich hier nicht degradiren wollen.
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ſich zum Panzer ajuſtirt, wenn ſie aber widerborſtig
werden, ſind ſie Stacheln in unſerm Fleiſch. Beyme
hat den Vortrag an den König aufgeſetzt.“
„Und hinter ihm dictirte —? Wer, beſter Freund,
könnte unſre Aufmerkſamkeit ſo getäuſcht haben! Har¬
denberg?“
„Wird ihn vielleicht nicht grade wünſchen, aber
noch mehr fürchten, daß er ihn zu fürchten ſcheinen
könnte. Hardenberg iſt ein Speculant auf die
Zukunft, der ſich um deswillen den Genuß der
Gegenwart nicht will trüben laſſen. Er möchte gern
aus der Vogelperſpective die Dinge betrachten, um,
wenn ſeine Zeit gekommen, auf ſeine Beute herab¬
zuſchießen. Daß die Zeit jetzt für ihn noch nicht da
iſt, ſieht er ein.“
„Aber wer in aller Welt ſteckt hinter Beyme?“
„Wir müſſen höher ſuchen. Einer ſehr tugend¬
haften Frau am Hofe ſind wir nicht tugendhaft genug,
lieber Bovillard.“
„Der wird der Hecht im Karpfenteich,“ rief der
Geheimrath.
„Ja, wenn er hier agirt wie in ſeinem Weſt¬
phalen! Ich beſtreite durchaus nicht Stein's Verdienſte.
O, er hat charmant adminiſtrirt, was Steine anbe¬
trifft und Wege und Metalle. Nur mit den Menſchen
hat er eine eigenthümliche Art umzugehen.“
„Der Herr Oberpräſident waren ja ein kleiner
König von Weſtphalen.“
„Und er wird ſich hier nicht degradiren wollen.
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/257>, abgerufen am 16.06.2024.
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