"Daß er davon läuft, das will ich glauben, er hat mehr Schulden als Haare auf dem Kopf."
"Nein, auch er soll kleben wie eine Klette. Und sie verliebt sein, wie -- Na, wie denn? -- Wie ein verliebter Maikäfer. Das ist das Einzige, was mir aus einer tollen Tragödie kleben blieb, aus der Iff¬ land uns neulich zum Jocus vorlas, von dem ver¬ rückten Kleist."
"Auch in den Herrn Rittmeister Stier v. Doh¬ leneck? Getrauen Sie sich auch mit dem eine Liaison zu Stande zu bringen?"
Der Geheimrath sprang auf: "Was gilt die Wette!"
"Bovillard, sein Sie nicht unsinnig," sagte der Minister.
"Ich frage, wer wettet! fuhr der Erhitzte fort. Aber dazu andern Wein, feurigern! Er schleuderte das Glas hinter sich. Vom Spanischen her, einen Pedro Ximenes! Die Eitelbach und Dohleneck, eine liaison tragique, eine liaison dangereuse, ein Turtel¬ pärchen, was Ihr wollt. Wer hält die Wette, auf was es sei! Christian parire!"
"Bovillard weiß nicht --"
"Alles weiß ich, daß sie wie Katze und Hund sind, eine Aversion fühlen, eine gegenseitige Idiosyn¬ krasie, die stadtkundig ist. Desto besser; je schwieriger die Aufgabe, so ehrenvoller der Succeß. Va-t-en, Christian, wettest Du?"
"Meinethalben."
„Daß er davon läuft, das will ich glauben, er hat mehr Schulden als Haare auf dem Kopf.“
„Nein, auch er ſoll kleben wie eine Klette. Und ſie verliebt ſein, wie — Na, wie denn? — Wie ein verliebter Maikäfer. Das iſt das Einzige, was mir aus einer tollen Tragödie kleben blieb, aus der Iff¬ land uns neulich zum Jocus vorlas, von dem ver¬ rückten Kleiſt.“
„Auch in den Herrn Rittmeiſter Stier v. Doh¬ leneck? Getrauen Sie ſich auch mit dem eine Liaiſon zu Stande zu bringen?“
Der Geheimrath ſprang auf: „Was gilt die Wette!“
„Bovillard, ſein Sie nicht unſinnig,“ ſagte der Miniſter.
„Ich frage, wer wettet! fuhr der Erhitzte fort. Aber dazu andern Wein, feurigern! Er ſchleuderte das Glas hinter ſich. Vom Spaniſchen her, einen Pedro Ximenes! Die Eitelbach und Dohleneck, eine liaison tragique, eine liaison dangereuse, ein Turtel¬ pärchen, was Ihr wollt. Wer hält die Wette, auf was es ſei! Chriſtian parire!“
„Bovillard weiß nicht —“
„Alles weiß ich, daß ſie wie Katze und Hund ſind, eine Averſion fühlen, eine gegenſeitige Idioſyn¬ kraſie, die ſtadtkundig iſt. Deſto beſſer; je ſchwieriger die Aufgabe, ſo ehrenvoller der Succeß. Va-t-en, Chriſtian, wetteſt Du?“
„Meinethalben.“
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„Daß er davon läuft, das will ich glauben, er
hat mehr Schulden als Haare auf dem Kopf.“
„Nein, auch er ſoll kleben wie eine Klette. Und
ſie verliebt ſein, wie — Na, wie denn? — Wie ein
verliebter Maikäfer. Das iſt das Einzige, was mir
aus einer tollen Tragödie kleben blieb, aus der Iff¬
land uns neulich zum Jocus vorlas, von dem ver¬
rückten Kleiſt.“
„Auch in den Herrn Rittmeiſter Stier v. Doh¬
leneck? Getrauen Sie ſich auch mit dem eine Liaiſon
zu Stande zu bringen?“
Der Geheimrath ſprang auf: „Was gilt die
Wette!“
„Bovillard, ſein Sie nicht unſinnig,“ ſagte der
Miniſter.
„Ich frage, wer wettet! fuhr der Erhitzte fort.
Aber dazu andern Wein, feurigern! Er ſchleuderte
das Glas hinter ſich. Vom Spaniſchen her, einen
Pedro Ximenes! Die Eitelbach und Dohleneck, eine
liaison tragique, eine liaison dangereuse, ein Turtel¬
pärchen, was Ihr wollt. Wer hält die Wette, auf
was es ſei! Chriſtian parire!“
„Bovillard weiß nicht —“
„Alles weiß ich, daß ſie wie Katze und Hund
ſind, eine Averſion fühlen, eine gegenſeitige Idioſyn¬
kraſie, die ſtadtkundig iſt. Deſto beſſer; je ſchwieriger
die Aufgabe, ſo ehrenvoller der Succeß. Va-t-en,
Chriſtian, wetteſt Du?“
„Meinethalben.“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/276>, abgerufen am 16.06.2024.
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