frommen Pfaffen, den Seine Majestät jetzt nach Ber¬ lin zieht, irgendwo auf einer Reise kennen gelernt, ihn zu sich invitirt, und jetzt hat sie die Unverschämt¬ heit, ihn und seine Töchter bei sich einzulogiren. Bei sich in ihrem Hause! Ich erfuhr es erst beim Her¬ fahren. Wenn das ruchbar wird, das giebt einen Scandal und ich zittere vor den Folgen."
"So eilen Sie, St. Real, den Ruf des from¬ men Mannes zu retten."
"Er ist gerettet!" rief Bovillard aufstehend, da hören Sie nur den Schluß: ""Demnächst kann ich nicht umhin, es grade in diesem Augenblick als eine dringendste Pflicht Euer Königlichen Majestät zu Füßen zu legen, den Rücksichten der Humanität und Gnade, denen Ihr Herz so gern sich erschließt, auch diesmal nachzugeben. Ja ich muß daraufdringen, in spe¬ cieller Rücksicht auf die Männer und erprobten Staats¬ diener, denen Euer Majestät höchst Ihr Vertrauen beson¬ ders zuzuwenden geruht. Weil der unglückliche Mann, der vielleicht in einem Augenblicke aus zu großer Güte des Herzens gegen den Buchstaben des Gesetzes gefehlt -- was aber noch keinesweges ermittelt ist -- mit einem oder einigen jener gedachten Männer in einer gewissen Relation gestanden, ist es eine willkommene Gelegen¬ heit für deren Feinde und Neider Verdächtigungs¬ gründe auch gegen sie, diese Männer, zu schöpfen, die freilich über den Verdacht hinaus sind, weil ihr Charakter und ihr Verdienst von Euer Majestät ge¬ würdigt sind, die aber eben um ihrer Pflichttreue und
frommen Pfaffen, den Seine Majeſtät jetzt nach Ber¬ lin zieht, irgendwo auf einer Reiſe kennen gelernt, ihn zu ſich invitirt, und jetzt hat ſie die Unverſchämt¬ heit, ihn und ſeine Töchter bei ſich einzulogiren. Bei ſich in ihrem Hauſe! Ich erfuhr es erſt beim Her¬ fahren. Wenn das ruchbar wird, das giebt einen Scandal und ich zittere vor den Folgen.“
„So eilen Sie, St. Real, den Ruf des from¬ men Mannes zu retten.“
„Er iſt gerettet!“ rief Bovillard aufſtehend, da hören Sie nur den Schluß: „„Demnächſt kann ich nicht umhin, es grade in dieſem Augenblick als eine dringendſte Pflicht Euer Königlichen Majeſtät zu Füßen zu legen, den Rückſichten der Humanität und Gnade, denen Ihr Herz ſo gern ſich erſchließt, auch diesmal nachzugeben. Ja ich muß daraufdringen, in ſpe¬ cieller Rückſicht auf die Männer und erprobten Staats¬ diener, denen Euer Majeſtät höchſt Ihr Vertrauen beſon¬ ders zuzuwenden geruht. Weil der unglückliche Mann, der vielleicht in einem Augenblicke aus zu großer Güte des Herzens gegen den Buchſtaben des Geſetzes gefehlt — was aber noch keinesweges ermittelt iſt — mit einem oder einigen jener gedachten Männer in einer gewiſſen Relation geſtanden, iſt es eine willkommene Gelegen¬ heit für deren Feinde und Neider Verdächtigungs¬ gründe auch gegen ſie, dieſe Männer, zu ſchöpfen, die freilich über den Verdacht hinaus ſind, weil ihr Charakter und ihr Verdienſt von Euer Majeſtät ge¬ würdigt ſind, die aber eben um ihrer Pflichttreue und
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frommen Pfaffen, den Seine Majeſtät jetzt nach Ber¬
lin zieht, irgendwo auf einer Reiſe kennen gelernt,
ihn zu ſich invitirt, und jetzt hat ſie die Unverſchämt¬
heit, ihn und ſeine Töchter bei ſich einzulogiren. Bei
ſich in ihrem Hauſe! Ich erfuhr es erſt beim Her¬
fahren. Wenn das ruchbar wird, das giebt einen
Scandal und ich zittere vor den Folgen.“
„So eilen Sie, St. Real, den Ruf des from¬
men Mannes zu retten.“
„Er iſt gerettet!“ rief Bovillard aufſtehend, da
hören Sie nur den Schluß: „„Demnächſt kann ich
nicht umhin, es grade in dieſem Augenblick als eine
dringendſte Pflicht Euer Königlichen Majeſtät zu
Füßen zu legen, den Rückſichten der Humanität und
Gnade, denen Ihr Herz ſo gern ſich erſchließt, auch
diesmal nachzugeben. Ja ich muß daraufdringen, in ſpe¬
cieller Rückſicht auf die Männer und erprobten Staats¬
diener, denen Euer Majeſtät höchſt Ihr Vertrauen beſon¬
ders zuzuwenden geruht. Weil der unglückliche Mann,
der vielleicht in einem Augenblicke aus zu großer Güte
des Herzens gegen den Buchſtaben des Geſetzes gefehlt
— was aber noch keinesweges ermittelt iſt — mit einem
oder einigen jener gedachten Männer in einer gewiſſen
Relation geſtanden, iſt es eine willkommene Gelegen¬
heit für deren Feinde und Neider Verdächtigungs¬
gründe auch gegen ſie, dieſe Männer, zu ſchöpfen,
die freilich über den Verdacht hinaus ſind, weil ihr
Charakter und ihr Verdienſt von Euer Majeſtät ge¬
würdigt ſind, die aber eben um ihrer Pflichttreue und
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/285>, abgerufen am 24.11.2024.
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