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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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meister Stier von Dohleneck eigenhändig zu über¬
geben."

Der Empfänger mußte es an das trübbrennende
Talglicht halten, um in dem Tabacksrauch die fein¬
gekritzelte Adresse zu lesen: "Von wem?"

"Ein Frauenzimmer brachte es. Sie wollte
aber nicht bleiben."

"Ein Rendez-vous! -- Warum ist sie nicht selbst
gekommen, das liebe Kind? -- Kann nicht mal ab¬
warten, bis er von der Wache zurück ist."

Der Rittmeister hörte nicht auf die Raillerien.
"Hier ist's zu dunkel. Herr Bruder von Horstenbock er¬
lauben wohl, daß ich's bei ihm am Fenster lese."
Ohne eine Antwort abzuwarten, war er in die daran
stoßende Kammer getreten, die Thüre hinter sich zu¬
werfend.

"Vielleicht von der Jenny! rief der Cornet. Sie
hat Reue gekriegt, und ist zurück."

Der Arrestat fragte nach dem eigentlichen Zu¬
sammenhang der Geschichte, die ihrer Zeit so viel
zu reden gemacht. Er hatte damals in der Provinz
gestanden und nur Widersprechendes darüber gehört.
Dohleneck hörte jetzt nicht zu, es sei also kein Grund
hinterm Berge zu halten.

"Herr von Dohleneck war nur unser Deputirter,
sagte der Wachthabende, es ist daher thöricht, wenn
er sich die Sache persönlich zu Herzen nimmt. Das
Persönliche verschwand bei der Sache gänzlich und er
war nur der Vertreter für das Allgemeine. Wie der

meiſter Stier von Dohleneck eigenhändig zu über¬
geben.“

Der Empfänger mußte es an das trübbrennende
Talglicht halten, um in dem Tabacksrauch die fein¬
gekritzelte Adreſſe zu leſen: „Von wem?“

„Ein Frauenzimmer brachte es. Sie wollte
aber nicht bleiben.“

„Ein Rendez-vous! — Warum iſt ſie nicht ſelbſt
gekommen, das liebe Kind? — Kann nicht mal ab¬
warten, bis er von der Wache zurück iſt.“

Der Rittmeiſter hörte nicht auf die Raillerien.
„Hier iſt's zu dunkel. Herr Bruder von Horſtenbock er¬
lauben wohl, daß ich's bei ihm am Fenſter leſe.“
Ohne eine Antwort abzuwarten, war er in die daran
ſtoßende Kammer getreten, die Thüre hinter ſich zu¬
werfend.

„Vielleicht von der Jenny! rief der Cornet. Sie
hat Reue gekriegt, und iſt zurück.“

Der Arreſtat fragte nach dem eigentlichen Zu¬
ſammenhang der Geſchichte, die ihrer Zeit ſo viel
zu reden gemacht. Er hatte damals in der Provinz
geſtanden und nur Widerſprechendes darüber gehört.
Dohleneck hörte jetzt nicht zu, es ſei alſo kein Grund
hinterm Berge zu halten.

„Herr von Dohleneck war nur unſer Deputirter,
ſagte der Wachthabende, es iſt daher thöricht, wenn
er ſich die Sache perſönlich zu Herzen nimmt. Das
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[194/0204] meiſter Stier von Dohleneck eigenhändig zu über¬ geben.“ Der Empfänger mußte es an das trübbrennende Talglicht halten, um in dem Tabacksrauch die fein¬ gekritzelte Adreſſe zu leſen: „Von wem?“ „Ein Frauenzimmer brachte es. Sie wollte aber nicht bleiben.“ „Ein Rendez-vous! — Warum iſt ſie nicht ſelbſt gekommen, das liebe Kind? — Kann nicht mal ab¬ warten, bis er von der Wache zurück iſt.“ Der Rittmeiſter hörte nicht auf die Raillerien. „Hier iſt's zu dunkel. Herr Bruder von Horſtenbock er¬ lauben wohl, daß ich's bei ihm am Fenſter leſe.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, war er in die daran ſtoßende Kammer getreten, die Thüre hinter ſich zu¬ werfend. „Vielleicht von der Jenny! rief der Cornet. Sie hat Reue gekriegt, und iſt zurück.“ Der Arreſtat fragte nach dem eigentlichen Zu¬ ſammenhang der Geſchichte, die ihrer Zeit ſo viel zu reden gemacht. Er hatte damals in der Provinz geſtanden und nur Widerſprechendes darüber gehört. Dohleneck hörte jetzt nicht zu, es ſei alſo kein Grund hinterm Berge zu halten. „Herr von Dohleneck war nur unſer Deputirter, ſagte der Wachthabende, es iſt daher thöricht, wenn er ſich die Sache perſönlich zu Herzen nimmt. Das Perſönliche verſchwand bei der Sache gänzlich und er war nur der Vertreter für das Allgemeine. Wie der

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/204>, abgerufen am 28.11.2024.