Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite
Dreizehntes Kapitel.
Auch eine Lehrstunde.

In dem Gespräch zwischen der Geheimräthin
und dem Legationsrath mochte auch schon weit über
eine Stunde verstrichen sein. Es war gewissermaßen
auch eine Lehrstunde, aber vom ursprünglichen Gegen¬
stande mochten sie ebenfalls weit abgeschweift sein.
Wir fanden neulich die Geheimräthin in aigrirter
Stimmung auf den bewunderten Mann. Jetzt saßen
sie beide im intimsten Seelenverkehr auf dem Kanape.
Die Aussöhnung war längst erfolgt. Am Morgen
nach der Gesellschaft war er schon vor Mucius und
vor Selle dagewesen, er hatte ihr von dem präpa¬
rirten Aether gebracht, der sie wunderbar schnell ge¬
stärkt und hergestellt? Er hatte Mucius durch seine
Kenntnisse, die er in bescheidene Fragen einkleidete,
überrascht, daß der Doctor beim Weggehen geäußert:
"Das ist ein Tausendkünstler, Madam! Den müßten
wir setzen lassen, daß er nicht ins Handwerk pfuscht!"
Hatte er nicht Selle, der durch das Versehen des
Dieners auch bestellt worden, so geschickt in die Con¬

Dreizehntes Kapitel.
Auch eine Lehrſtunde.

In dem Geſpräch zwiſchen der Geheimräthin
und dem Legationsrath mochte auch ſchon weit über
eine Stunde verſtrichen ſein. Es war gewiſſermaßen
auch eine Lehrſtunde, aber vom urſprünglichen Gegen¬
ſtande mochten ſie ebenfalls weit abgeſchweift ſein.
Wir fanden neulich die Geheimräthin in aigrirter
Stimmung auf den bewunderten Mann. Jetzt ſaßen
ſie beide im intimſten Seelenverkehr auf dem Kanapé.
Die Ausſöhnung war längſt erfolgt. Am Morgen
nach der Geſellſchaft war er ſchon vor Mucius und
vor Selle dageweſen, er hatte ihr von dem präpa¬
rirten Aether gebracht, der ſie wunderbar ſchnell ge¬
ſtärkt und hergeſtellt? Er hatte Mucius durch ſeine
Kenntniſſe, die er in beſcheidene Fragen einkleidete,
überraſcht, daß der Doctor beim Weggehen geäußert:
„Das iſt ein Tauſendkünſtler, Madam! Den müßten
wir ſetzen laſſen, daß er nicht ins Handwerk pfuſcht!“
Hatte er nicht Selle, der durch das Verſehen des
Dieners auch beſtellt worden, ſo geſchickt in die Con¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0244" n="[234]"/>
      <div n="1">
        <head>Dreizehntes Kapitel.<lb/><hi rendition="#b">Auch eine Lehr&#x017F;tunde.</hi><lb/></head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>In dem Ge&#x017F;präch zwi&#x017F;chen der Geheimräthin<lb/>
und dem Legationsrath mochte auch &#x017F;chon weit über<lb/>
eine Stunde ver&#x017F;trichen &#x017F;ein. Es war gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen<lb/>
auch eine Lehr&#x017F;tunde, aber vom ur&#x017F;prünglichen Gegen¬<lb/>
&#x017F;tande mochten &#x017F;ie ebenfalls weit abge&#x017F;chweift &#x017F;ein.<lb/>
Wir fanden neulich die Geheimräthin in aigrirter<lb/>
Stimmung auf den bewunderten Mann. Jetzt &#x017F;aßen<lb/>
&#x017F;ie beide im intim&#x017F;ten Seelenverkehr auf dem Kanap<hi rendition="#aq">é</hi>.<lb/>
Die Aus&#x017F;öhnung war läng&#x017F;t erfolgt. Am Morgen<lb/>
nach der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft war er &#x017F;chon vor Mucius und<lb/>
vor Selle dagewe&#x017F;en, er hatte ihr von dem präpa¬<lb/>
rirten Aether gebracht, der &#x017F;ie wunderbar &#x017F;chnell ge¬<lb/>
&#x017F;tärkt und herge&#x017F;tellt? Er hatte Mucius durch &#x017F;eine<lb/>
Kenntni&#x017F;&#x017F;e, die er in be&#x017F;cheidene Fragen einkleidete,<lb/>
überra&#x017F;cht, daß der Doctor beim Weggehen geäußert:<lb/>
&#x201E;Das i&#x017F;t ein Tau&#x017F;endkün&#x017F;tler, Madam! Den müßten<lb/>
wir &#x017F;etzen la&#x017F;&#x017F;en, daß er nicht ins Handwerk pfu&#x017F;cht!&#x201C;<lb/>
Hatte er nicht Selle, der durch das Ver&#x017F;ehen des<lb/>
Dieners auch be&#x017F;tellt worden, &#x017F;o ge&#x017F;chickt in die Con¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[234]/0244] Dreizehntes Kapitel. Auch eine Lehrſtunde. In dem Geſpräch zwiſchen der Geheimräthin und dem Legationsrath mochte auch ſchon weit über eine Stunde verſtrichen ſein. Es war gewiſſermaßen auch eine Lehrſtunde, aber vom urſprünglichen Gegen¬ ſtande mochten ſie ebenfalls weit abgeſchweift ſein. Wir fanden neulich die Geheimräthin in aigrirter Stimmung auf den bewunderten Mann. Jetzt ſaßen ſie beide im intimſten Seelenverkehr auf dem Kanapé. Die Ausſöhnung war längſt erfolgt. Am Morgen nach der Geſellſchaft war er ſchon vor Mucius und vor Selle dageweſen, er hatte ihr von dem präpa¬ rirten Aether gebracht, der ſie wunderbar ſchnell ge¬ ſtärkt und hergeſtellt? Er hatte Mucius durch ſeine Kenntniſſe, die er in beſcheidene Fragen einkleidete, überraſcht, daß der Doctor beim Weggehen geäußert: „Das iſt ein Tauſendkünſtler, Madam! Den müßten wir ſetzen laſſen, daß er nicht ins Handwerk pfuſcht!“ Hatte er nicht Selle, der durch das Verſehen des Dieners auch beſtellt worden, ſo geſchickt in die Con¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/244
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. [234]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/244>, abgerufen am 27.11.2024.