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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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Ruhestörer zu befreien, wird mir Befriedigung sein --
wenn es dazu kommt!"

"Aber --"

"Weil der Zufall dämonisch ist, schrieb ich
das auf."

"Mein Freund, was soll ich mit Ihrem Testa¬
ment."

"Es lesen -- annehmen, oder verwerfen." Er
wollte mit umgewandtem Gesichte hinaus.

"Nicht so! Ich muß wissen, ob ich nichts Ge¬
fährliches im Schrank verschließe."

"Gefährliches! -- Ich hatte eine Freundin, eine
theure Freundin, sie war mein Alles, ich war es ihr.
Sie verstand mich, sie ging nicht in meine Ideen
ein, sie ging ihnen voraus --"

"Angelica, Ihre Gattin --"

"Auch dies äußere Band sollte das unlösbare
unserer Geister befestigen, -- wenn das nöthig, sagen
Sie möglich gewesen wäre! -- als eine andere rauhe
Hand es zerriß. In ihrem Testamente hatte sie mir
ihr Vermögen hinterlassen, mit den Worten: "es ist
ja nicht meines, es ist Deines, denn was mein war,
war Dein, ich war Du, Du ich. Wirke es in Deiner
Hand für mich. --" Sollte ich es etwa nun nicht
annehmen, weil die Verwandten lamentirten und
Gott weiß was für Klagen wegen Uebervortheilung,
Erbschleicherei, vorbrachten? -- In ihrer Hand war
es vergeudet, in meiner lebte es zu den großen
Zwecken der Seligen. -- So wird auch meine

Ruheſtörer zu befreien, wird mir Befriedigung ſein —
wenn es dazu kommt!“

„Aber —“

„Weil der Zufall dämoniſch iſt, ſchrieb ich
das auf.“

„Mein Freund, was ſoll ich mit Ihrem Teſta¬
ment.“

„Es leſen — annehmen, oder verwerfen.“ Er
wollte mit umgewandtem Geſichte hinaus.

„Nicht ſo! Ich muß wiſſen, ob ich nichts Ge¬
fährliches im Schrank verſchließe.“

„Gefährliches! — Ich hatte eine Freundin, eine
theure Freundin, ſie war mein Alles, ich war es ihr.
Sie verſtand mich, ſie ging nicht in meine Ideen
ein, ſie ging ihnen voraus —“

„Angelica, Ihre Gattin —“

„Auch dies äußere Band ſollte das unlösbare
unſerer Geiſter befeſtigen, — wenn das nöthig, ſagen
Sie möglich geweſen wäre! — als eine andere rauhe
Hand es zerriß. In ihrem Teſtamente hatte ſie mir
ihr Vermögen hinterlaſſen, mit den Worten: „es iſt
ja nicht meines, es iſt Deines, denn was mein war,
war Dein, ich war Du, Du ich. Wirke es in Deiner
Hand für mich. —“ Sollte ich es etwa nun nicht
annehmen, weil die Verwandten lamentirten und
Gott weiß was für Klagen wegen Uebervortheilung,
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[249/0259] Ruheſtörer zu befreien, wird mir Befriedigung ſein — wenn es dazu kommt!“ „Aber —“ „Weil der Zufall dämoniſch iſt, ſchrieb ich das auf.“ „Mein Freund, was ſoll ich mit Ihrem Teſta¬ ment.“ „Es leſen — annehmen, oder verwerfen.“ Er wollte mit umgewandtem Geſichte hinaus. „Nicht ſo! Ich muß wiſſen, ob ich nichts Ge¬ fährliches im Schrank verſchließe.“ „Gefährliches! — Ich hatte eine Freundin, eine theure Freundin, ſie war mein Alles, ich war es ihr. Sie verſtand mich, ſie ging nicht in meine Ideen ein, ſie ging ihnen voraus —“ „Angelica, Ihre Gattin —“ „Auch dies äußere Band ſollte das unlösbare unſerer Geiſter befeſtigen, — wenn das nöthig, ſagen Sie möglich geweſen wäre! — als eine andere rauhe Hand es zerriß. In ihrem Teſtamente hatte ſie mir ihr Vermögen hinterlaſſen, mit den Worten: „es iſt ja nicht meines, es iſt Deines, denn was mein war, war Dein, ich war Du, Du ich. Wirke es in Deiner Hand für mich. —“ Sollte ich es etwa nun nicht annehmen, weil die Verwandten lamentirten und Gott weiß was für Klagen wegen Uebervortheilung, Erbſchleicherei, vorbrachten? — In ihrer Hand war es vergeudet, in meiner lebte es zu den großen Zwecken der Seligen. — So wird auch meine

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/259>, abgerufen am 27.11.2024.