mit alten Namen zu decoriren. Es wird manches wieder oben schwimmen, was man auf immer im Abgrund versunken glaubte."
"Vive la bagatelle! rief der muntre Franzos. Es ist immer besser, als vive la canaille! Tant mieux, wenn er das Alte wieder vorzieht. Alles, nur nicht die alten Frauen!"
Herr von Wandel zog wieder die Uhr: "Ich kann mir das Unbehagen eines so ausgezeichneten Diplomaten, wie Herr von Laforest, denken, wenn man ihm junge Männer attachirt, die er für Kund¬ schafter seiner Rivalen hält, vielleicht selbst schon für künftige Rivalen, denn in der Diplomatie tritt der alte Adel unbedingt wieder in seine vorigen Rechte. Da würde es mir doppelt leid thun, Vicomte, wenn Ihre Gefälligkeit gegen mich sein Mißtrauen aufs Neue anregte. Doch läßt er Sie wohl ohnedies seine wichtigern Depeschen nicht chiffriren."
Der junge Mann sah auf: "Meine Finger sind noch stumpf von dem Figurenmachen."
"Die Antwort, die Hardenberg an Duroc er¬ theilte, kann ihm unmöglich schon bekannt sein."
"Ich will sie Ihnen auswendig sagen: Preußen werde unwandelbar bei seinen bisherigen Grundsätzen verharren und treu seinem Programm: die Ruhe des nördlichen Deutschlands wahrzunehmen und zu schützen wissen. Duroc zieht mit einer langen Nase ab, wenn er Ihren König zu überreden meinte, daß er mit seinen Truppen wieder in Hannover einrücke, um
mit alten Namen zu decoriren. Es wird manches wieder oben ſchwimmen, was man auf immer im Abgrund verſunken glaubte.“
„Vive la bagatelle! rief der muntre Franzos. Es iſt immer beſſer, als vive la canaille! Tant mieux, wenn er das Alte wieder vorzieht. Alles, nur nicht die alten Frauen!“
Herr von Wandel zog wieder die Uhr: „Ich kann mir das Unbehagen eines ſo ausgezeichneten Diplomaten, wie Herr von Laforeſt, denken, wenn man ihm junge Männer attachirt, die er für Kund¬ ſchafter ſeiner Rivalen hält, vielleicht ſelbſt ſchon für künftige Rivalen, denn in der Diplomatie tritt der alte Adel unbedingt wieder in ſeine vorigen Rechte. Da würde es mir doppelt leid thun, Vicomte, wenn Ihre Gefälligkeit gegen mich ſein Mißtrauen aufs Neue anregte. Doch läßt er Sie wohl ohnedies ſeine wichtigern Depeſchen nicht chiffriren.“
Der junge Mann ſah auf: „Meine Finger ſind noch ſtumpf von dem Figurenmachen.“
„Die Antwort, die Hardenberg an Duroc er¬ theilte, kann ihm unmöglich ſchon bekannt ſein.“
„Ich will ſie Ihnen auswendig ſagen: Preußen werde unwandelbar bei ſeinen bisherigen Grundſätzen verharren und treu ſeinem Programm: die Ruhe des nördlichen Deutſchlands wahrzunehmen und zu ſchützen wiſſen. Duroc zieht mit einer langen Naſe ab, wenn er Ihren König zu überreden meinte, daß er mit ſeinen Truppen wieder in Hannover einrücke, um
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0265"n="255"/>
mit alten Namen zu decoriren. Es wird manches<lb/>
wieder oben ſchwimmen, was man auf immer im<lb/>
Abgrund verſunken glaubte.“</p><lb/><p>„<hirendition="#aq">Vive la bagatelle</hi>! rief der muntre Franzos. Es<lb/>
iſt immer beſſer, als <hirendition="#aq">vive la canaille! Tant mieux,</hi><lb/>
wenn er das Alte wieder vorzieht. Alles, nur nicht<lb/>
die alten Frauen!“</p><lb/><p>Herr von Wandel zog wieder die Uhr: „Ich<lb/>
kann mir das Unbehagen eines ſo ausgezeichneten<lb/>
Diplomaten, wie Herr von Laforeſt, denken, wenn<lb/>
man ihm junge Männer attachirt, die er für Kund¬<lb/>ſchafter ſeiner Rivalen hält, vielleicht ſelbſt ſchon für<lb/>
künftige Rivalen, denn in der Diplomatie tritt der<lb/>
alte Adel unbedingt wieder in ſeine vorigen Rechte.<lb/>
Da würde es mir doppelt leid thun, Vicomte, wenn<lb/>
Ihre Gefälligkeit gegen mich ſein Mißtrauen aufs<lb/>
Neue anregte. Doch läßt er Sie wohl ohnedies ſeine<lb/>
wichtigern Depeſchen nicht chiffriren.“</p><lb/><p>Der junge Mann ſah auf: „Meine Finger ſind<lb/>
noch ſtumpf von dem Figurenmachen.“</p><lb/><p>„Die Antwort, die Hardenberg an Duroc er¬<lb/>
theilte, kann ihm unmöglich ſchon bekannt ſein.“</p><lb/><p>„Ich will ſie Ihnen auswendig ſagen: Preußen<lb/>
werde unwandelbar bei ſeinen bisherigen Grundſätzen<lb/>
verharren und treu ſeinem Programm: die Ruhe des<lb/>
nördlichen Deutſchlands wahrzunehmen und zu ſchützen<lb/>
wiſſen. Duroc zieht mit einer langen Naſe ab, wenn<lb/>
er Ihren König zu überreden meinte, daß er mit<lb/>ſeinen Truppen wieder in Hannover einrücke, um<lb/></p></div></body></text></TEI>
[255/0265]
mit alten Namen zu decoriren. Es wird manches
wieder oben ſchwimmen, was man auf immer im
Abgrund verſunken glaubte.“
„Vive la bagatelle! rief der muntre Franzos. Es
iſt immer beſſer, als vive la canaille! Tant mieux,
wenn er das Alte wieder vorzieht. Alles, nur nicht
die alten Frauen!“
Herr von Wandel zog wieder die Uhr: „Ich
kann mir das Unbehagen eines ſo ausgezeichneten
Diplomaten, wie Herr von Laforeſt, denken, wenn
man ihm junge Männer attachirt, die er für Kund¬
ſchafter ſeiner Rivalen hält, vielleicht ſelbſt ſchon für
künftige Rivalen, denn in der Diplomatie tritt der
alte Adel unbedingt wieder in ſeine vorigen Rechte.
Da würde es mir doppelt leid thun, Vicomte, wenn
Ihre Gefälligkeit gegen mich ſein Mißtrauen aufs
Neue anregte. Doch läßt er Sie wohl ohnedies ſeine
wichtigern Depeſchen nicht chiffriren.“
Der junge Mann ſah auf: „Meine Finger ſind
noch ſtumpf von dem Figurenmachen.“
„Die Antwort, die Hardenberg an Duroc er¬
theilte, kann ihm unmöglich ſchon bekannt ſein.“
„Ich will ſie Ihnen auswendig ſagen: Preußen
werde unwandelbar bei ſeinen bisherigen Grundſätzen
verharren und treu ſeinem Programm: die Ruhe des
nördlichen Deutſchlands wahrzunehmen und zu ſchützen
wiſſen. Duroc zieht mit einer langen Naſe ab, wenn
er Ihren König zu überreden meinte, daß er mit
ſeinen Truppen wieder in Hannover einrücke, um
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/265>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.