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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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Reihe von Bäumen, an denen dasselbe Zeichen sich
fand.

"Ich denke so ungern Uebles von meinen Geg¬
nern" sprach der Legationsrath nach einer Weile vor
sich hin.

Der Attache summte sein Lied fort und lud dabei
eine Pistole.

"Was wollen Sie thun, Marvilliers?"

"Die Krähe da vom Ast putzen."

"Warum?"

"Mich zu amüsiren."

"Verzeihung, wenn meine Meditationen Sie
langweilen. Indessen wer mit einem Schritt am
Rande der Ewigkeit steht --"

Der Franzos lachte auf: "Würde nicht zuschnap¬
pen wie ein Hayfisch nach einer politischen Neuigkeit,
die er auf der Stelle gern an den Mann brächte,
oder richtiger gesagt an eine Dame. Denn zu ma¬
dame la conseillere
in der Jägerstraße reiten Sie
doch gewiß, wenn die Affaire hier beendet, auf Flü¬
geln der Liebe."

"Herr Vicomte!"

"Ich soll mich doch nicht durch die Hengste da
täuschen lassen! Sie denken nicht nach Sachsen, Sie
denken nicht zu sterben. Sie wollen leben bleiben,
hier bleiben, und sich amüsiren."

"Ich habe allerdings, wie ich Ihnen sagte, das
Präsentiment, daß ich von seiner Kugel nicht fallen
werde."

Reihe von Bäumen, an denen daſſelbe Zeichen ſich
fand.

„Ich denke ſo ungern Uebles von meinen Geg¬
nern“ ſprach der Legationsrath nach einer Weile vor
ſich hin.

Der Attaché ſummte ſein Lied fort und lud dabei
eine Piſtole.

„Was wollen Sie thun, Marvilliers?“

„Die Krähe da vom Aſt putzen.“

„Warum?“

„Mich zu amüſiren.“

„Verzeihung, wenn meine Meditationen Sie
langweilen. Indeſſen wer mit einem Schritt am
Rande der Ewigkeit ſteht —“

Der Franzos lachte auf: „Würde nicht zuſchnap¬
pen wie ein Hayfiſch nach einer politiſchen Neuigkeit,
die er auf der Stelle gern an den Mann brächte,
oder richtiger geſagt an eine Dame. Denn zu ma¬
dame la conseillère
in der Jägerſtraße reiten Sie
doch gewiß, wenn die Affaire hier beendet, auf Flü¬
geln der Liebe.“

„Herr Vicomte!“

„Ich ſoll mich doch nicht durch die Hengſte da
täuſchen laſſen! Sie denken nicht nach Sachſen, Sie
denken nicht zu ſterben. Sie wollen leben bleiben,
hier bleiben, und ſich amüſiren.“

„Ich habe allerdings, wie ich Ihnen ſagte, das
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[261/0271] Reihe von Bäumen, an denen daſſelbe Zeichen ſich fand. „Ich denke ſo ungern Uebles von meinen Geg¬ nern“ ſprach der Legationsrath nach einer Weile vor ſich hin. Der Attaché ſummte ſein Lied fort und lud dabei eine Piſtole. „Was wollen Sie thun, Marvilliers?“ „Die Krähe da vom Aſt putzen.“ „Warum?“ „Mich zu amüſiren.“ „Verzeihung, wenn meine Meditationen Sie langweilen. Indeſſen wer mit einem Schritt am Rande der Ewigkeit ſteht —“ Der Franzos lachte auf: „Würde nicht zuſchnap¬ pen wie ein Hayfiſch nach einer politiſchen Neuigkeit, die er auf der Stelle gern an den Mann brächte, oder richtiger geſagt an eine Dame. Denn zu ma¬ dame la conseillère in der Jägerſtraße reiten Sie doch gewiß, wenn die Affaire hier beendet, auf Flü¬ geln der Liebe.“ „Herr Vicomte!“ „Ich ſoll mich doch nicht durch die Hengſte da täuſchen laſſen! Sie denken nicht nach Sachſen, Sie denken nicht zu ſterben. Sie wollen leben bleiben, hier bleiben, und ſich amüſiren.“ „Ich habe allerdings, wie ich Ihnen ſagte, das Präſentiment, daß ich von ſeiner Kugel nicht fallen werde.“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/271>, abgerufen am 16.07.2024.