Pflicht für uns, meine Freunde, ihn zu poussiren." "Aber was nun weiter?" sagte der Kammerherr.
Der Geheimrath nahm die Präsidentenmiene an: "Unser Thema also war, sie sollen und müssen sich verlieben. In der Ausführung sind wir auf den Punkt angelangt: sie stehen im Begriff sich zu ver¬ lieben. Die nächste Frage ist nun: wie soll dieser Prozeß weiter geführt werden? und die darauf fol¬ gende, welchen Ausgang soll er nehmen?"
"Als Tragödie oder als Komödie?"
"Nur keine Tragödie! Haben draußen Trauer¬ spiele genug. Höchstens etwas Sentimentales, ein wenig Jammer, unterbrochen durch einige Affect¬ blitze, Verzweiflungsseufzer, einige Thränen, etwas Menschenhaß und Reue, pour decorer la situation, aber so wenig wie möglich."
"Eine Zwischenfrage, meine Herren. Wünschen Sie die Sache schnell zum Resultat geführt?"
"Legationsrath, was fällt Ihnen ein! Wir führen ja das Stück zu unserer Recreation auf." "In diesem Falle wird es nöthig einen Hemm¬ schuh anzulegen; denn lassen wir die Dinge sich jetzt entwickeln, so platzt über kurz die Erklärung heraus und endet in einer Liaison oder einem stillen Seelenbündniß."
"Zum Geier mit Ihrem Seelenbündniß! Auf Eclat kommt's an, Schauspiele soll's geben, einen Scandal, daß die Stadt die Hände zusammenschlägt."
"Excellenz meinten nicht so --" warf St. Real ein.
"Excellenz ist ein Hypochonder geworden. Wer
Pflicht für uns, meine Freunde, ihn zu pouſſiren.“ „Aber was nun weiter?“ ſagte der Kammerherr.
Der Geheimrath nahm die Präſidentenmiene an: „Unſer Thema alſo war, ſie ſollen und müſſen ſich verlieben. In der Ausführung ſind wir auf den Punkt angelangt: ſie ſtehen im Begriff ſich zu ver¬ lieben. Die nächſte Frage iſt nun: wie ſoll dieſer Prozeß weiter geführt werden? und die darauf fol¬ gende, welchen Ausgang ſoll er nehmen?“
„Als Tragödie oder als Komödie?“
„Nur keine Tragödie! Haben draußen Trauer¬ ſpiele genug. Höchſtens etwas Sentimentales, ein wenig Jammer, unterbrochen durch einige Affect¬ blitze, Verzweiflungsſeufzer, einige Thränen, etwas Menſchenhaß und Reue, pour décorer la situation, aber ſo wenig wie möglich.“
„Eine Zwiſchenfrage, meine Herren. Wünſchen Sie die Sache ſchnell zum Reſultat geführt?“
„Legationsrath, was fällt Ihnen ein! Wir führen ja das Stück zu unſerer Recreation auf.“ „In dieſem Falle wird es nöthig einen Hemm¬ ſchuh anzulegen; denn laſſen wir die Dinge ſich jetzt entwickeln, ſo platzt über kurz die Erklärung heraus und endet in einer Liaiſon oder einem ſtillen Seelenbündniß.“
„Zum Geier mit Ihrem Seelenbündniß! Auf Eclat kommt's an, Schauſpiele ſoll's geben, einen Scandal, daß die Stadt die Hände zuſammenſchlägt.“
„Excellenz meinten nicht ſo —“ warf St. Real ein.
„Excellenz iſt ein Hypochonder geworden. Wer
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Pflicht für uns, meine Freunde, ihn zu pouſſiren.“
„Aber was nun weiter?“ ſagte der Kammerherr.
Der Geheimrath nahm die Präſidentenmiene an:
„Unſer Thema alſo war, ſie ſollen und müſſen ſich
verlieben. In der Ausführung ſind wir auf den
Punkt angelangt: ſie ſtehen im Begriff ſich zu ver¬
lieben. Die nächſte Frage iſt nun: wie ſoll dieſer
Prozeß weiter geführt werden? und die darauf fol¬
gende, welchen Ausgang ſoll er nehmen?“
„Als Tragödie oder als Komödie?“
„Nur keine Tragödie! Haben draußen Trauer¬
ſpiele genug. Höchſtens etwas Sentimentales, ein
wenig Jammer, unterbrochen durch einige Affect¬
blitze, Verzweiflungsſeufzer, einige Thränen, etwas
Menſchenhaß und Reue, pour décorer la situation,
aber ſo wenig wie möglich.“
„Eine Zwiſchenfrage, meine Herren. Wünſchen
Sie die Sache ſchnell zum Reſultat geführt?“
„Legationsrath, was fällt Ihnen ein! Wir führen
ja das Stück zu unſerer Recreation auf.“
„In dieſem Falle wird es nöthig einen Hemm¬
ſchuh anzulegen; denn laſſen wir die Dinge ſich jetzt
entwickeln, ſo platzt über kurz die Erklärung heraus und
endet in einer Liaiſon oder einem ſtillen Seelenbündniß.“
„Zum Geier mit Ihrem Seelenbündniß! Auf
Eclat kommt's an, Schauſpiele ſoll's geben, einen
Scandal, daß die Stadt die Hände zuſammenſchlägt.“
„Excellenz meinten nicht ſo —“ warf St. Real ein.
„Excellenz iſt ein Hypochonder geworden. Wer
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/314>, abgerufen am 16.07.2024.
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