rathen, und wir verschaffen ihm eine Frau mit neun¬ zigtausend Thalern. Meine Herren, Sie räumen mir ein, daß die Sache dadurch ein ganz anderes Fundament gewinnt. Es ist kein Divertissement mehr, es wird zu einem reinen Geschäft, und wir müßten uns fragen -- das heißt, ich bitte Sie, sich darüber zu entscheiden, welche Raison Sie haben, den Herrn von Dohleneck zu einem reichen Mann zu machen?"
"Raison! Pah, was kommt's drauf an! Und hab ich keine! Der Rittmeister hat sich nobel gegen meinen Taugenichts benommen. Blutvergießen verhindert. Sie auch, Legationsrath. Wollen Sie sie entführen? Hätte nichts dagegen. Neunzig tausend Thaler, wir sind ja in einer generösen Laune und er hat Schulden wie Haare auf dem Kopf."
Die vierte Flasche war entkorkt und die Ge¬ sichter leuchteten. "Handeln wir wie die Vorsehung, welche die Güter dieser Welt ausgleicht. Ange¬ stoßen auf den großen Gedanken, Freunde! Für die Menschheit --"
"Das heißt für Stiers Gläubiger."
"Das Gefühl uneigennützigen Handelns für die Zwecke der Humanität stärke uns. Reine Liebe edler Seelen, neunzigtausend Thaler in ersten Hypotheken und schlesischen Pfandbriefen, und eine wunder¬ schöne Frau und dumm! Was Götter selbst beneiden könnten, wir schenken's einem verschuldeten Cavallerie¬ officier."
Der Legationsrath stimmte nicht in die Ausge¬
rathen, und wir verſchaffen ihm eine Frau mit neun¬ zigtauſend Thalern. Meine Herren, Sie räumen mir ein, daß die Sache dadurch ein ganz anderes Fundament gewinnt. Es iſt kein Divertiſſement mehr, es wird zu einem reinen Geſchäft, und wir müßten uns fragen — das heißt, ich bitte Sie, ſich darüber zu entſcheiden, welche Raiſon Sie haben, den Herrn von Dohleneck zu einem reichen Mann zu machen?“
„Raiſon! Pah, was kommt's drauf an! Und hab ich keine! Der Rittmeiſter hat ſich nobel gegen meinen Taugenichts benommen. Blutvergießen verhindert. Sie auch, Legationsrath. Wollen Sie ſie entführen? Hätte nichts dagegen. Neunzig tauſend Thaler, wir ſind ja in einer generöſen Laune und er hat Schulden wie Haare auf dem Kopf.“
Die vierte Flaſche war entkorkt und die Ge¬ ſichter leuchteten. „Handeln wir wie die Vorſehung, welche die Güter dieſer Welt ausgleicht. Ange¬ ſtoßen auf den großen Gedanken, Freunde! Für die Menſchheit —“
„Das heißt für Stiers Gläubiger.“
„Das Gefühl uneigennützigen Handelns für die Zwecke der Humanität ſtärke uns. Reine Liebe edler Seelen, neunzigtauſend Thaler in erſten Hypotheken und ſchleſiſchen Pfandbriefen, und eine wunder¬ ſchöne Frau und dumm! Was Götter ſelbſt beneiden könnten, wir ſchenken's einem verſchuldeten Cavallerie¬ officier.“
Der Legationsrath ſtimmte nicht in die Ausge¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0318"n="308"/>
rathen, und wir verſchaffen ihm eine Frau mit neun¬<lb/>
zigtauſend Thalern. Meine Herren, Sie räumen<lb/>
mir ein, daß die Sache dadurch ein ganz anderes<lb/>
Fundament gewinnt. Es iſt kein Divertiſſement mehr,<lb/>
es wird zu einem reinen Geſchäft, und wir müßten uns<lb/>
fragen — das heißt, ich bitte Sie, ſich darüber zu<lb/>
entſcheiden, welche Raiſon Sie haben, den Herrn<lb/>
von Dohleneck zu einem reichen Mann zu machen?“</p><lb/><p>„Raiſon! Pah, was kommt's drauf an! Und hab<lb/>
ich keine! Der Rittmeiſter hat ſich nobel gegen meinen<lb/>
Taugenichts benommen. Blutvergießen verhindert.<lb/>
Sie auch, Legationsrath. Wollen Sie ſie entführen?<lb/>
Hätte nichts dagegen. Neunzig tauſend Thaler, wir<lb/>ſind ja in einer generöſen Laune und er hat Schulden<lb/>
wie Haare auf dem Kopf.“</p><lb/><p>Die vierte Flaſche war entkorkt und die Ge¬<lb/>ſichter leuchteten. „Handeln wir wie die Vorſehung,<lb/>
welche die Güter dieſer Welt ausgleicht. Ange¬<lb/>ſtoßen auf den großen Gedanken, Freunde! Für die<lb/>
Menſchheit —“</p><lb/><p>„Das heißt für Stiers Gläubiger.“</p><lb/><p>„Das Gefühl uneigennützigen Handelns für die<lb/>
Zwecke der Humanität ſtärke uns. Reine Liebe edler<lb/>
Seelen, neunzigtauſend Thaler in erſten Hypotheken<lb/>
und ſchleſiſchen Pfandbriefen, und eine wunder¬<lb/>ſchöne Frau und dumm! Was Götter ſelbſt beneiden<lb/>
könnten, wir ſchenken's einem verſchuldeten Cavallerie¬<lb/>
officier.“</p><lb/><p>Der Legationsrath ſtimmte nicht in die Ausge¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[308/0318]
rathen, und wir verſchaffen ihm eine Frau mit neun¬
zigtauſend Thalern. Meine Herren, Sie räumen
mir ein, daß die Sache dadurch ein ganz anderes
Fundament gewinnt. Es iſt kein Divertiſſement mehr,
es wird zu einem reinen Geſchäft, und wir müßten uns
fragen — das heißt, ich bitte Sie, ſich darüber zu
entſcheiden, welche Raiſon Sie haben, den Herrn
von Dohleneck zu einem reichen Mann zu machen?“
„Raiſon! Pah, was kommt's drauf an! Und hab
ich keine! Der Rittmeiſter hat ſich nobel gegen meinen
Taugenichts benommen. Blutvergießen verhindert.
Sie auch, Legationsrath. Wollen Sie ſie entführen?
Hätte nichts dagegen. Neunzig tauſend Thaler, wir
ſind ja in einer generöſen Laune und er hat Schulden
wie Haare auf dem Kopf.“
Die vierte Flaſche war entkorkt und die Ge¬
ſichter leuchteten. „Handeln wir wie die Vorſehung,
welche die Güter dieſer Welt ausgleicht. Ange¬
ſtoßen auf den großen Gedanken, Freunde! Für die
Menſchheit —“
„Das heißt für Stiers Gläubiger.“
„Das Gefühl uneigennützigen Handelns für die
Zwecke der Humanität ſtärke uns. Reine Liebe edler
Seelen, neunzigtauſend Thaler in erſten Hypotheken
und ſchleſiſchen Pfandbriefen, und eine wunder¬
ſchöne Frau und dumm! Was Götter ſelbſt beneiden
könnten, wir ſchenken's einem verſchuldeten Cavallerie¬
officier.“
Der Legationsrath ſtimmte nicht in die Ausge¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/318>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.