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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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than, und doch sind sie nicht zufrieden! Ich frage
Sie, was verlangt man denn noch? Sollen wir
fliegen? Ja schöne fliegen, wenn Krieg kommt!" --
"Nur die unruhigen Köpfe, Herr Hofrath!" --
"Ganz richtig, Herr Nachbar, was geht uns Oestreich,
was geht uns der Napoleon an!" -- "Jetzt will
jeder Mensch eine Meinung haben, und alle Welt
soll man fragen." -- "Der alte Fritz fragte Niemand,
und es ging doch." -- "Ganz recht, Herr Geheim¬
secretair, es ginge auch noch, wenn nur eben nicht die
unruhigen Köpfe wären." -- "Und werden die Em¬
dener wieder Dividenden zahlen, wenns losgeht?" --
"Werden sich hüten, Herr Hofrath! Mit Handel und
Verkehr, mit Fabriken und Allem ist's aus." --
"Friede! Friede!" war das Losungswort in der Ecke.
Ein Zeitungsleser, der zugehört, lächelte. Da hö¬
ren Sie das allerliebste Gedicht: "Pensees sur la
position d'apresent."
-- "Die Vossische Zeitung hat
immer allerliebste Gedichte."

Er mußte es vorlesen:

"Je souhaite la paix en tout
Entre l'amante et son amant, et la femme et son epoux.
Beaucoup de pleurs seroient epargnees
Si Mars sauvage encor vouloit se reposer.
L'esperance consolante me reste encore,
Que les meres et les epouses ne pleureront
De leurs fils et maris la mort.
Et que le transport des canons
Et toutes ces preparations
A la paix universelle serviront."

than, und doch ſind ſie nicht zufrieden! Ich frage
Sie, was verlangt man denn noch? Sollen wir
fliegen? Ja ſchöne fliegen, wenn Krieg kommt!“ —
„Nur die unruhigen Köpfe, Herr Hofrath!“ —
„Ganz richtig, Herr Nachbar, was geht uns Oeſtreich,
was geht uns der Napoleon an!“ — „Jetzt will
jeder Menſch eine Meinung haben, und alle Welt
ſoll man fragen.“ — „Der alte Fritz fragte Niemand,
und es ging doch.“ — „Ganz recht, Herr Geheim¬
ſecretair, es ginge auch noch, wenn nur eben nicht die
unruhigen Köpfe wären.“ — „Und werden die Em¬
dener wieder Dividenden zahlen, wenns losgeht?“ —
„Werden ſich hüten, Herr Hofrath! Mit Handel und
Verkehr, mit Fabriken und Allem iſt's aus.“ —
„Friede! Friede!“ war das Loſungswort in der Ecke.
Ein Zeitungsleſer, der zugehört, lächelte. Da hö¬
ren Sie das allerliebſte Gedicht: „Pensées sur la
position d'àprésent.“
— „Die Voſſiſche Zeitung hat
immer allerliebſte Gedichte.“

Er mußte es vorleſen:

„Je souhaite la paix en tout
Entre l'amante et son amant, et la femme et son époux.
Beaucoup de pleurs seroient épargnées
Si Mars sauvage encor vouloit se reposer.
L'éspérance consolante me reste encore,
Que les mères et les épouses ne pleureront
De leurs fils et maris la mort.
Et que le transport des canons
Et toutes ces préparations
A la paix universelle serviront.“
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[317/0327] than, und doch ſind ſie nicht zufrieden! Ich frage Sie, was verlangt man denn noch? Sollen wir fliegen? Ja ſchöne fliegen, wenn Krieg kommt!“ — „Nur die unruhigen Köpfe, Herr Hofrath!“ — „Ganz richtig, Herr Nachbar, was geht uns Oeſtreich, was geht uns der Napoleon an!“ — „Jetzt will jeder Menſch eine Meinung haben, und alle Welt ſoll man fragen.“ — „Der alte Fritz fragte Niemand, und es ging doch.“ — „Ganz recht, Herr Geheim¬ ſecretair, es ginge auch noch, wenn nur eben nicht die unruhigen Köpfe wären.“ — „Und werden die Em¬ dener wieder Dividenden zahlen, wenns losgeht?“ — „Werden ſich hüten, Herr Hofrath! Mit Handel und Verkehr, mit Fabriken und Allem iſt's aus.“ — „Friede! Friede!“ war das Loſungswort in der Ecke. Ein Zeitungsleſer, der zugehört, lächelte. Da hö¬ ren Sie das allerliebſte Gedicht: „Pensées sur la position d'àprésent.“ — „Die Voſſiſche Zeitung hat immer allerliebſte Gedichte.“ Er mußte es vorleſen: „Je souhaite la paix en tout Entre l'amante et son amant, et la femme et son époux. Beaucoup de pleurs seroient épargnées Si Mars sauvage encor vouloit se reposer. L'éspérance consolante me reste encore, Que les mères et les épouses ne pleureront De leurs fils et maris la mort. Et que le transport des canons Et toutes ces préparations A la paix universelle serviront.“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/327>, abgerufen am 29.11.2024.