haben, fuhr sie nach einer Pause fort, wie sie ver¬ sichern, worüber war es! Die in der Ecke am lu¬ stigsten schienen, lachten vielleicht über mich, über mein Bestreben, ihnen einen angenehmen Abend zu bereiten. Vielleicht über den Geheimrath, unsre Be¬ wirthung, Einrichtung, Gott weiß worüber. Alle sind meine Feinde, Neider, und ich mußte doch beim Abschied die Hand ihnen drücken, und sie versichern, wie unendlich ich mich gefreut, sie bei mir zu sehen, warum sie so schnell forteilten. Darum Embrasse¬ ments, nachgewinkte Küsse, Betheuerungen, daß sie seit lange keinen so vergnügten Abend verlebt. Und wenn sie auf der Straße sind, kaum in den Wagen gestiegen, gähnen sie, wie ich gähne: Gott sei Dank, daß der langweilige Abend vorüber ist."
Welcher Dämon war plötzlich in die seltsame Frau gefahren! Mit der Gefallsucht, über die er nicht Richter sein wollte, hatte sie begonnen, und aus ihrem Innersten quoll heraus, was sie ihm nicht sagen wollen. War er der Magnet, der ihre verbor¬ genen Gedanken und Qualen wider ihren Willen ent¬ lockte, oder welche unsichtbare Macht zwang sie, noch eben in der geschmückten Lüge sich schaukelnd, den häßlichsten Grund der Wahrheit herauszukehren! Es war eine Wahrheit der Empfindung; dieser verknif¬ fene Zug um den Mund, dieser böslächelnde Blick konnten nicht heucheln.
"Es ist das Mysterium der Natur, sagte er, daß oft, wo wir sie nicht säen, wir Liebe erndten."
haben, fuhr ſie nach einer Pauſe fort, wie ſie ver¬ ſichern, worüber war es! Die in der Ecke am lu¬ ſtigſten ſchienen, lachten vielleicht über mich, über mein Beſtreben, ihnen einen angenehmen Abend zu bereiten. Vielleicht über den Geheimrath, unſre Be¬ wirthung, Einrichtung, Gott weiß worüber. Alle ſind meine Feinde, Neider, und ich mußte doch beim Abſchied die Hand ihnen drücken, und ſie verſichern, wie unendlich ich mich gefreut, ſie bei mir zu ſehen, warum ſie ſo ſchnell forteilten. Darum Embraſſe¬ ments, nachgewinkte Küſſe, Betheuerungen, daß ſie ſeit lange keinen ſo vergnügten Abend verlebt. Und wenn ſie auf der Straße ſind, kaum in den Wagen geſtiegen, gähnen ſie, wie ich gähne: Gott ſei Dank, daß der langweilige Abend vorüber iſt.“
Welcher Dämon war plötzlich in die ſeltſame Frau gefahren! Mit der Gefallſucht, über die er nicht Richter ſein wollte, hatte ſie begonnen, und aus ihrem Innerſten quoll heraus, was ſie ihm nicht ſagen wollen. War er der Magnet, der ihre verbor¬ genen Gedanken und Qualen wider ihren Willen ent¬ lockte, oder welche unſichtbare Macht zwang ſie, noch eben in der geſchmückten Lüge ſich ſchaukelnd, den häßlichſten Grund der Wahrheit herauszukehren! Es war eine Wahrheit der Empfindung; dieſer verknif¬ fene Zug um den Mund, dieſer böslächelnde Blick konnten nicht heucheln.
„Es iſt das Myſterium der Natur, ſagte er, daß oft, wo wir ſie nicht ſäen, wir Liebe erndten.“
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haben, fuhr ſie nach einer Pauſe fort, wie ſie ver¬
ſichern, worüber war es! Die in der Ecke am lu¬
ſtigſten ſchienen, lachten vielleicht über mich, über
mein Beſtreben, ihnen einen angenehmen Abend zu
bereiten. Vielleicht über den Geheimrath, unſre Be¬
wirthung, Einrichtung, Gott weiß worüber. Alle
ſind meine Feinde, Neider, und ich mußte doch beim
Abſchied die Hand ihnen drücken, und ſie verſichern,
wie unendlich ich mich gefreut, ſie bei mir zu ſehen,
warum ſie ſo ſchnell forteilten. Darum Embraſſe¬
ments, nachgewinkte Küſſe, Betheuerungen, daß ſie
ſeit lange keinen ſo vergnügten Abend verlebt. Und
wenn ſie auf der Straße ſind, kaum in den Wagen
geſtiegen, gähnen ſie, wie ich gähne: Gott ſei Dank,
daß der langweilige Abend vorüber iſt.“
Welcher Dämon war plötzlich in die ſeltſame
Frau gefahren! Mit der Gefallſucht, über die er
nicht Richter ſein wollte, hatte ſie begonnen, und
aus ihrem Innerſten quoll heraus, was ſie ihm nicht
ſagen wollen. War er der Magnet, der ihre verbor¬
genen Gedanken und Qualen wider ihren Willen ent¬
lockte, oder welche unſichtbare Macht zwang ſie, noch
eben in der geſchmückten Lüge ſich ſchaukelnd, den
häßlichſten Grund der Wahrheit herauszukehren! Es
war eine Wahrheit der Empfindung; dieſer verknif¬
fene Zug um den Mund, dieſer böslächelnde Blick
konnten nicht heucheln.
„Es iſt das Myſterium der Natur, ſagte er, daß
oft, wo wir ſie nicht ſäen, wir Liebe erndten.“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/40>, abgerufen am 03.12.2024.
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