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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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dienten zurecht weisen! Er ist ja ein fürchterlicher
Mensch."

"Den armen kranken Johann, der sich nur so
hinschleppt --"

"Du hättest den ersten besten Polizeimann oder
Soldaten anrufen sollen."

"Nein, theuerste Mutter, lassen Sie mich lieber
nie mehr ausgehen, ohne Ihre Begleitung. Ich bitte
Sie recht dringend, inständigst darum. Ich hätte
wohl den Muth, ihm Rede zu stehen, wie er verdient,
aber --"

"Drei Mal hatte er ja wohl die Unverschämtheit,
sich anmelden zu lassen, seit er aus dem Arrest ist?"

"Das dritte Mal grade als Sie zum Polizei¬
präsidenten gefahren waren."

"Da ist auch keine Abhülfe, sagte die Geheim¬
räthin kopfschüttelnd. Der Präsident meinte die paar
Wochen, die man ihn wieder eingesperrt, seien das
Aeußerste, was man thun könne. Denn von der
Insulte gegen Dich ist nicht die Rede gewesen, nur
weil er maskirt auf der Straße erschienen und mit
der Wache seinen Spott trieb! -- Aber, mit uns
treibt er täglich seinen Spott, sagte ich, er verfolgt
im Theater, auf der Straße meine Pflegetochter, er
dringt in mein Haus. Wer schützt uns? Der Herr
Präsident hatten keine Antwort, als, er bedaure, daß
wir keine Bastille hätten, und keine lettres de cachet
für Personen, die uns unbequem sind."

Adelheid senkte die Augen: "Was that er uns

dienten zurecht weiſen! Er iſt ja ein fürchterlicher
Menſch.“

„Den armen kranken Johann, der ſich nur ſo
hinſchleppt —“

„Du hätteſt den erſten beſten Polizeimann oder
Soldaten anrufen ſollen.“

„Nein, theuerſte Mutter, laſſen Sie mich lieber
nie mehr ausgehen, ohne Ihre Begleitung. Ich bitte
Sie recht dringend, inſtändigſt darum. Ich hätte
wohl den Muth, ihm Rede zu ſtehen, wie er verdient,
aber —“

„Drei Mal hatte er ja wohl die Unverſchämtheit,
ſich anmelden zu laſſen, ſeit er aus dem Arreſt iſt?“

„Das dritte Mal grade als Sie zum Polizei¬
präſidenten gefahren waren.“

„Da iſt auch keine Abhülfe, ſagte die Geheim¬
räthin kopfſchüttelnd. Der Präſident meinte die paar
Wochen, die man ihn wieder eingeſperrt, ſeien das
Aeußerſte, was man thun könne. Denn von der
Inſulte gegen Dich iſt nicht die Rede geweſen, nur
weil er maskirt auf der Straße erſchienen und mit
der Wache ſeinen Spott trieb! — Aber, mit uns
treibt er täglich ſeinen Spott, ſagte ich, er verfolgt
im Theater, auf der Straße meine Pflegetochter, er
dringt in mein Haus. Wer ſchützt uns? Der Herr
Präſident hatten keine Antwort, als, er bedaure, daß
wir keine Baſtille hätten, und keine lettres de cachet
für Perſonen, die uns unbequem ſind.“

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[54/0064] dienten zurecht weiſen! Er iſt ja ein fürchterlicher Menſch.“ „Den armen kranken Johann, der ſich nur ſo hinſchleppt —“ „Du hätteſt den erſten beſten Polizeimann oder Soldaten anrufen ſollen.“ „Nein, theuerſte Mutter, laſſen Sie mich lieber nie mehr ausgehen, ohne Ihre Begleitung. Ich bitte Sie recht dringend, inſtändigſt darum. Ich hätte wohl den Muth, ihm Rede zu ſtehen, wie er verdient, aber —“ „Drei Mal hatte er ja wohl die Unverſchämtheit, ſich anmelden zu laſſen, ſeit er aus dem Arreſt iſt?“ „Das dritte Mal grade als Sie zum Polizei¬ präſidenten gefahren waren.“ „Da iſt auch keine Abhülfe, ſagte die Geheim¬ räthin kopfſchüttelnd. Der Präſident meinte die paar Wochen, die man ihn wieder eingeſperrt, ſeien das Aeußerſte, was man thun könne. Denn von der Inſulte gegen Dich iſt nicht die Rede geweſen, nur weil er maskirt auf der Straße erſchienen und mit der Wache ſeinen Spott trieb! — Aber, mit uns treibt er täglich ſeinen Spott, ſagte ich, er verfolgt im Theater, auf der Straße meine Pflegetochter, er dringt in mein Haus. Wer ſchützt uns? Der Herr Präſident hatten keine Antwort, als, er bedaure, daß wir keine Baſtille hätten, und keine lettres de cachet für Perſonen, die uns unbequem ſind.“ Adelheid ſenkte die Augen: „Was that er uns

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/64>, abgerufen am 27.11.2024.