Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.schärfste Auge, wenn es die Wahrheit glaubt gefun¬ "Mein Gott, was ist Ihnen? Sie betonen das "Mit jeder Stunde, die wir leben, bereiten wir ja "Sie hoffen nur? Vorhin sagten Sie bestimmt "Nein; wenn indeß ein Hinderniß --" "Sie müssen doch nicht wieder fortreisen?" "Ich hoffe nicht, daß es so schlimm ausfallen wird." "Sie spannen meine Neugier. Jetzt müssen Sie "Es ist nur eine der Kleinigkeiten, die das Leben ſchärfſte Auge, wenn es die Wahrheit glaubt gefun¬ „Mein Gott, was iſt Ihnen? Sie betonen das „Mit jeder Stunde, die wir leben, bereiten wir ja „Sie hoffen nur? Vorhin ſagten Sie beſtimmt „Nein; wenn indeß ein Hinderniß —“ „Sie müſſen doch nicht wieder fortreiſen?“ „Ich hoffe nicht, daß es ſo ſchlimm ausfallen wird.“ „Sie ſpannen meine Neugier. Jetzt müſſen Sie „Es iſt nur eine der Kleinigkeiten, die das Leben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0082" n="72"/> ſchärfſte Auge, wenn es die Wahrheit glaubt gefun¬<lb/> den zu haben, doch nur beſchämt vor einer neuen<lb/> Larve ſteht. Vor der Chemie gilt keine Täuſchung.<lb/> Während ſie Farben und Formen zaubert, zerſetzt ſie<lb/> Alles in ſeine Urſtoffe. Das Kräuſeln des Dampfes<lb/> in der Retorte, im Tiegel, der Geruch, den ſie ent¬<lb/> wickelt, der Lichtglanz, die ſchimmernde Farbe auf<lb/> der brodelnden Eſſenz iſt das Leben, flüchtige Mo¬<lb/> mente, während wir doch nur den Tod produciren,<lb/> Schlacke, Aſche, Staub, Luft in Luft. Der Tod nur<lb/> iſt dauernd. Leben Sie wohl.“</p><lb/> <p>„Mein Gott, was iſt Ihnen? Sie betonen das<lb/> Wort Tod ſo beſonders.“</p><lb/> <p>„Mit jeder Stunde, die wir leben, bereiten wir ja<lb/> den Tod. Ich hoffe alſo heut Abend auf Wiederſehn.“</p><lb/> <p>„Sie hoffen nur? Vorhin ſagten Sie beſtimmt<lb/> zu. Sie erwarten heut keinen Befehl eines Prin¬<lb/> zen mehr.“</p><lb/> <p>„Nein; wenn indeß ein Hinderniß —“</p><lb/> <p>„Sie müſſen doch nicht wieder fortreiſen?“</p><lb/> <p>„Ich hoffe nicht, daß es ſo ſchlimm ausfallen wird.“</p><lb/> <p>„Sie ſpannen meine Neugier. Jetzt <hi rendition="#g">müſſen</hi> Sie<lb/> ſprechen.“</p><lb/> <p>„Es iſt nur eine der Kleinigkeiten, die das Leben<lb/> pikant machen. Den jungen Bovillard, den ich in<lb/> der That auf meiner Reiſe vergeſſen hatte, traf ich<lb/> vorhin auf der Straße, und wenn meine Phyſiog¬<lb/> nomik mich nicht täuſcht, finde ich zuhauſe das, was<lb/> ich längſt erwarten durfte. Indeſſen wird er ſich doch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [72/0082]
ſchärfſte Auge, wenn es die Wahrheit glaubt gefun¬
den zu haben, doch nur beſchämt vor einer neuen
Larve ſteht. Vor der Chemie gilt keine Täuſchung.
Während ſie Farben und Formen zaubert, zerſetzt ſie
Alles in ſeine Urſtoffe. Das Kräuſeln des Dampfes
in der Retorte, im Tiegel, der Geruch, den ſie ent¬
wickelt, der Lichtglanz, die ſchimmernde Farbe auf
der brodelnden Eſſenz iſt das Leben, flüchtige Mo¬
mente, während wir doch nur den Tod produciren,
Schlacke, Aſche, Staub, Luft in Luft. Der Tod nur
iſt dauernd. Leben Sie wohl.“
„Mein Gott, was iſt Ihnen? Sie betonen das
Wort Tod ſo beſonders.“
„Mit jeder Stunde, die wir leben, bereiten wir ja
den Tod. Ich hoffe alſo heut Abend auf Wiederſehn.“
„Sie hoffen nur? Vorhin ſagten Sie beſtimmt
zu. Sie erwarten heut keinen Befehl eines Prin¬
zen mehr.“
„Nein; wenn indeß ein Hinderniß —“
„Sie müſſen doch nicht wieder fortreiſen?“
„Ich hoffe nicht, daß es ſo ſchlimm ausfallen wird.“
„Sie ſpannen meine Neugier. Jetzt müſſen Sie
ſprechen.“
„Es iſt nur eine der Kleinigkeiten, die das Leben
pikant machen. Den jungen Bovillard, den ich in
der That auf meiner Reiſe vergeſſen hatte, traf ich
vorhin auf der Straße, und wenn meine Phyſiog¬
nomik mich nicht täuſcht, finde ich zuhauſe das, was
ich längſt erwarten durfte. Indeſſen wird er ſich doch
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